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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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stand auf und ging zu der Lichtung, wo die Leiche versteckt gewesen war. Efeu, Nesseln, wildes Erdbeerlaub wucherten hier unversehrt, obwohl jedes einzelne Blättchen jeder Pflanze von Fachleuten gedreht und gewendet worden war. Er ging weiter zum Fluß und blickte über das weite Moorland, des Coe Fen, an dessen fernem Rand sich die hellbraunen Bauten von Peterhouse erhoben. Er betrachtete sie genau und mußte zugeben, daß er sie deutlich sehen konnte; mußte zugeben, daß ihre Lichter auf diese Entfernung - insbesondere das Licht aus der Laterne eines der Gebäude - wahrscheinlich selbst durch dichten Nebel zu erkennen sein würden; mußte zugeben, daß er die Glaubwürdigkeit Sarah Gordons überprüfte. Er hätte nicht erklären können, warum.
    Als er sich vom Wasser abwandte, nahm er flüchtig, aber ganz deutlich den sauren Geruch von Erbrochenem wahr. Es war nur ein einziger kurzer Hauch, wie der Atem einer vorüberziehenden Krankheit. Er verfolgte ihn zu seinem Ursprung am Ufer, einem langsam erstarrenden Häufchen grünlich braunen Schleims. Als er sich hinunterbeugte, um es näher anzusehen, konnte er Barbara Havers' Stimme hören: Die Nachbarn haben sie eindeutig entlastet, Inspector. Sie bestätigen ihre Aussage, aber Sie können sie ja fragen, was sie gefrühstückt hat, und dann dieses Häufchen hier im Labor untersuchen lassen.
    Vielleicht, dachte er, ist das mein persönliches Problem. Alles an der Aussage von Sarah Gordon paßt. Da gibt es nicht die kleinste Lücke.
    Mensch, wozu wollen Sie denn Lücken? hätte Havers ihn gefragt. Ihre Aufgabe ist doch nicht, sich Lücken zu wünschen. Finden sollen Sie sie. Und wenn Sie keine finden, dann machen Sie eben woanders weiter.
    Das beschloß er zu tun und kehrte auf dem Bretterweg zu dem Fußpfad zurück, der über die Brücke zum Fen Causeway hinaufführte. Dort öffnete sich ein Tor zu Bürgersteig und Straße. Direkt gegenüber befand sich ein ähnliches Tor, und er ging hinüber, um zu sehen, was dahinter lag.
    Ein morgendlicher Jogger, sah er, der von St. Stephen's her den Fluß entlang kam, hatte, wenn er den Fen Causeway erreichte, drei Möglichkeiten. Eine Linkswendung brachte ihn an der Technischen Fakultät vorbei zu Parker's Piece und der Polizeidienststelle. Eine Rechtswendung führte ihn zur Newnham Road und, wenn er weiterlief, nach Barton. Oder aber, er konnte, wie Lynley jetzt sah, einfach geradeaus weiterlaufen, die Straße überqueren, dieses zweite Tor passieren und in südlicher Richtung weiter dem Fluß folgen. Der Mörder mußte nicht nur genau gewußt haben, welche Route Elena zu laufen pflegte, er hatte auch die verschiedenen Optionen gekannt. Und er hatte gewußt, daß er sie mit Sicherheit nur hier bei Crusoe's Island erwischen würde.
    Lynley begann zu frieren und lief den Weg zurück, den er gekommen war, gemächlicher diesmal, gerade schnell genug, um wieder warm zu werden. Als er um die letzte Ecke hinter der Senate House Passage bog, sah er Barbara Havers aus dem Pförtnerhaus des St. Stephen's College treten.
    Sie musterte ihn in seiner provisorischen Joggingmontur und sagte, ohne eine Miene zu verziehen: »Sie versuchen's jetzt als undercover agent, Inspector?«
    »Richtig. Füge ich mich nicht gut in die Umgebung ein?«
    »Das reinste Chamäleon.«
    »Ihre Aufrichtigkeit ist herzerwärmend.« Er erklärte ihr, was er getan hatte, und sagte abschließend: »Meiner Ansicht nach hat Elena für die Strecke keine fünf Minuten gebraucht, Havers. Aber wenn sie vorhatte, eine größere Strecke zu laufen, hat sie es sich vielleicht eingeteilt. Also zehn Minuten höchstens.«
    Barbara nickte. Blinzelnd blickte sie die schmale Gasse zum King's College hinunter. »Wenn der Pförtner sie wirklich gegen Viertel nach sechs hat loslaufen sehen...«
    »Ich glaube, darauf können wir uns verlassen.« »... dann war sie lange vor Sarah Gordon auf der Insel.«
    »Es sei denn, sie hat unterwegs irgendwo halt gemacht.«
    »Wo denn?«
    »Adam Jenn wohnt in der Nähe von Little St. Mary's. Das ist nicht einmal einen Häuserblock von Elenas Laufstrecke entfernt.«
    »Sie meinen, sie ist da auf eine Tasse Tee eingekehrt?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber wenn Adam gestern morgen nach ihr Ausschau gehalten haben sollte, wird er keine Schwierigkeiten gehabt haben, sie zu finden, hm?«
    Sie gingen zum Ivy Court hinüber, bahnten sich einen Weg zwischen den allgegenwärtigen Fahrrädern hindurch und hielten auf Treppe O zu. »Ich muß

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