Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Bestattungsunternehmen gefahren.«
    »Ich glaube, die Auskunft, um die es mir geht, können Sie mir auch geben.«
    Justine Weaver sah an ihm vorbei ins verblassende Nachmittagslicht. Ihre Brauen waren zusammengezogen, als überlegte sie, was sie mit ihm anfangen sollte. Sie kreuzte die Arme und drückte die Finger in die Ärmel ihres Gabardineblazers. Es sah aus, als wäre ihr kalt, aber sie trat nicht von der Tür weg, um aus dem Wind zu gehen.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich über Sonntag abend und Montag morgen weiß.«
    »Aber vermutlich nicht alles, was Sie über Elena wissen.«
    Erst jetzt sah sie ihn an. Ihre Augen waren so blau wie dunkle Vergißmeinnicht; ihre Farbe bedurfte keiner Betonung durch überlegte Kleiderwahl. Obwohl sie an diesem Tag offenbar nicht zur Arbeit gegangen war, war sie beinahe so förmlich gekleidet wie gestern abend - heller Blazer, hochgeschlossene Seidenbluse, schmale lange Hose.
    »Ich finde, Sie sollten mit meinem Mann sprechen, Inspector«, sagte sie.
    Lynley lächelte. »Natürlich.«
    Von der Straße war das schrille Bimmeln einer Fahrradglocke zu hören, dem ein kurzes Hupen antwortete. Drei Meisen flatterten vom Dach zur Auffahrt hinunter und begannen zwitschernd im Kies zu picken, um gleich darauf unbefriedigt wieder aufzuflattern, Justines Blick folgte ihrem Flug zu einer Zypresse am Rand des Rasens.
    »Kommen Sie herein«, sagte sie endlich und trat von der Tür zurück.
    Sie nahm ihm seinen Mantel ab und hängte ihn auf, ehe sie ihn ins Wohnzimmer führte. Diesmal bot sie keine Erfrischung an. Sie blieb in der Mitte des Raums stehen und drehte sich, die Hände lose vor sich gefaltet, langsam nach ihm um. In dieser Pose, vor dieser Kulisse wirkte sie, so wie sie gekleidet war, wie ein Mannequin. Lynley fragte sich, ob es möglich war, ihre Kontrolle zu erschüttern.
    Er sagte: »Wann ist Elena in diesem Jahr zum Herbstsemester nach Cambridge gekommen?«
    »Das Semester hat in der ersten Oktoberwoche angefangen.«
    »Das weiß ich. Aber ich möchte gern wissen, ob sie früher gekommen ist. Vielleicht, um noch ein paar Tage bei ihrem Vater und Ihnen zu verbringen und sich langsam wieder einzuleben.«
    Sie nickte kurz. »Sie muß irgendwann Mitte September gekommen sein. Am dreizehnten haben wir für die Mitglieder der Fakultät ein kleines Fest gegeben, und da war sie schon hier. Das weiß ich. Soll ich im Kalender nachsehen? Brauchen Sie das genaue Datum?«
    »Sie hat nach ihrer Rückkehr zunächst hier bei Ihnen und Ihrem Mann gewohnt?«
    »Ja. Wenn man von wohnen sprechen kann. Sie war ständig unterwegs. Immer aktiv.«
    »Auch nachts?«
    »Das ist eine merkwürdige Frage. Worauf wollen Sie hinaus?« »Elena war in der achten Woche schwanger, als sie starb.«
    Ein flüchtiges Beben lief über ihr Gesicht, mehr psychischer als körperlicher Natur. Doch ehe er versuchen konnte, es zu interpretieren, senkte sie den Blick.
    »Sie haben es gewußt«, sagte Lynley.
    Sie sah auf. »Nein. Aber es überrascht mich nicht.«
    »Weil Sie wußten, daß sie eine Beziehung hatte?«
    Ihr Blick flog von ihm zur Wohnzimmertür, als erwartete sie, dort Elenas Liebhaber zu sehen.
    »Mrs. Weaver«, sagte Lynley, »wir haben es mit einem möglichen Motiv für die Ermordung Ihrer Stieftochter zu tun. Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie es mir, ich bitte Sie.«
    »Sie sollten mit meinem Mann sprechen, nicht mit mir.«
    »Warum?«
    »Weil ich ihre Stiefmutter war.« Sie richtete ihren Blick wieder auf ihn. Er war bemerkenswert kühl. »Verstehen Sie das nicht? Ich habe kein Recht.«
    »Kein Recht, über diese Tote etwas Negatives zu sagen, meinen Sie?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    »Sie haben Elena nicht gemocht. Das ist ziemlich deutlich. Aber das ist doch nichts Besonderes. Es gibt bestimmt Millionen von Frauen, die für die Kinder ihres Ehemanns aus einer anderen Ehe wenig übrig haben.«
    »Nur werden diese Kinder im allgemeinen nicht ermordet, Inspector.«
    »Der heimliche Wunsch der Stiefmutter, der in Erfüllung gegangen ist?« Sie zuckte zurück, und das war ihm Antwort genug. Ruhig sagte er: »Das ist kein Verbrechen, Mrs. Weaver. Sie sind nicht der erste Mensch auf der Welt, der zu seinem Entsetzen sehen muß, daß sein finsterster Wunsch ihm erfüllt worden ist.«
    Mit steifen Schritten ging sie zum Sofa und setzte sich. Sie lehnte sich nicht zurück, sie ließ sich nicht in die Polster sinken; sie blieb auf der Kante sitzen, die Hände im

Weitere Kostenlose Bücher