05 - Der Kardinal im Kreml
ausgebildet worden und erkannte, daß dieses Unternehmen für einen so kleinen Verband der reinste Wahnsinn war, doch wenn er einem Mann vom Ruf des Bogenschützen widersprechen wollte, mußte er sich erst im Kampf beweisen. Das brachte irrsinnige Risiken mit sich. Vorerst mußte sich der Major damit zufriedengeben, die Taktik in die rechte Richtung zu steuern.
«Die Geräte befinden sich am Hang im Norden, die Menschen auf der Kuppe im Süden.» Drüben bewegten sich Autoscheinwerfer von einem Platz zum anderen. Schichtwechsel. Der Bogenschütze dachte darüber nach. Der Angriff mußte aber im Dunkeln stattfinden, ebenso der Rückzug, wenn man überhaupt wieder herauskommen wollte.
«Wenn wir uns unentdeckt annähern könnten... Darf ich einen Vorschlag machen?» fragte der Major leise.
«Bitte.»
«Führen wir den ganzen Verband auf die Anhöhe in der Mitte und greifen dann bergab in beide Richtungen an.»
«Gut, damit wäre es auch einfacher, den Startpunkt unbeobachtet zu erreichen. Zwei Gruppen entdeckt man leichter als nur eine. Bringen wir dort unsere schweren Waffen in Stellung, um beide Angriffsverbände zu unterstützen.»
Da sieht man den Unterschied zwischen einem Krieger, der instinktiv handelt, und einem ausgebildeten Soldaten, dachte der Bogenschütze. Der Major verstand es besser als er, ein Risiko gegen das andere abzuwägen. «Die Wachtürme machen mir aber Kummer. Was meinen Sie?»
«Da bin ich mir noch im Zweifel. Vielleicht -» Der Major drückte den Kopf seines Kommandeurs nieder. Einen Augenblick später flitzte ein Flugzeug durch das Tal.
«Das war ein MiG-21, Aufklärer. Vorsicht, wir haben es nicht mit Narren zu tun.» Er schaute in die Runde und überzeugte sich, daß alle seine Männer in Deckung lagen. «Kann sein, daß man uns gerade fotografiert hat.»
«Sind wir entdeckt?»
«Das weiß ich nicht. Was das angeht, mü ssen wir auf Allah vertrauen, mein Freund.»
«So, und wo geht's hin?» fragte Gregory auf dem Parkplatz.
«Wir treffen uns auf dem Südparkplatz des Einkaufszentrums, klar?
Hoffentlich paßt das Ding ins Auto.»
«Gut, dann treffen wir uns dort.» Gregory ging zu seinem Wagen und
fuhr los.
Bea wartete ein paar Minuten und folgte ihm dann. Es sollte niemandem auffallen, daß sie gleichzeitig wegfuhren. Nun war sie erregt und
versuchte, sich zu beruhigen, indem sie langsam fuhr, doch der Datsun
schien wie von selbst zu beschleunigen. Zwanzig Minuten später traf sie
auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums ein.
Al erwartete sie. Er hatte seinen Wagen zwei Plätze von einem Kombi
und in einiger Entfernung vom nächsten Laden geparkt. Stehst fast am
richtigen Platz, dachte Bea, als sie neben ihm anhielt und ausstieg. «Wo bleiben Sie denn?» fragte er.
«So eilig ist es nun auch wieder nicht.»
«Und was jetzt?»
Das wußte Bea selbst nicht genau. Was geschehen sollte, wußte sie,
aber wie es geschehen sollte, war ihr nicht klar. Vielleicht würde Ann das
Ganze in die Hand nehmen. Sie lachte, um ihre Nervosität zu überspielen.
«Kommen Sie», sagte sie und bedeutete ihm mit einer Geste, ihr zu
folgen.
«Muß ja ein tierisch großes Geburtstagsgeschenk sein», meinte Gregory. Rechts von ihm fuhr ein Wagen rückwärts aus einer Parklücke. Bea sah viele Wagen auf dem Parkplatz, aber keine Menschen. Wer am
Nachmittag eingekauft hatte, war nun nach Hause zum Abendessen
gefahren, die gerade Angekommenen begannen erst ihren Bummel, und
die Kinos waren erst in einer Stunde aus. Trotzdem sah sie sich angespannt um. Sie hatte eine Reihe vom Kinoausgang entfernt parken sollen.
Der Zeitpunkt stimmte. Wenn etwas schiefging, sagte sie sich, mußte sie
eben ein großes Geschenk kaufen. Doch dann kam Ann auf sie zu und
trug nur eine große Handtasche.
«Hallo, Ann!» rief Bea Taussig.
«Tag, Bea - ah, da ist ja Major Gregory.»
«Tag», sagte Al, der nicht wußte, woher er diese Frau kannte. Er hatte
ein schlechtes Personengedächtnis.
«Wir haben uns im letzten Sommer kennengelernt», sagte Ann und
stiftete damit noch mehr Verwirrung.
«Was machen Sie hier?» fragte Bea Taussig ihre Agentenführerin. «Nur rasch was kaufen. Ich bin heute abend verabredet und brauchte
ach, ich zeig's Ihnen mal.»
Sie griff in die Handtasche und zog einen Parfümzerstäuber heraus:
sprühte sich etwas aufs Handgelenk und hielt es Bea unter die Nase. In
diesem Augenblick näherte sich ein Wagen.
«Das mag Candi bestimmt auch - was meinen Sie, Al?» fragte Bea.
Der Zerstäuber wurde vor Als Gesicht
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