05 - Der Kardinal im Kreml
Boden -, ging die Ladung los und zerstörte das hochbrennbare Papier. Es konnte dabei auch die Kleidung des Kuriers in Brand setzen, womit seine Vorsicht beim Umgang mit dem Etui erklärt war.
Ein Fahrer der Botschaft brachte Augie Giannini, den Kurier, zum Scheremetjewo-Flughafen bei Moskau, wo er dank seines Diplomatenpasses die Kontrolle umgehen und sofort die BA-Maschine besteigen konnte. Er saß in der ersten Klasse und auf der rechten Seite des Flugzeugs. Der Sack mit der Diplomatenpost lag auf dem Fenstersitz; Giannini nahm den Platz in der Mitte ein. Da Flüge aus Moskau selten vollbesetzt waren, hatte er links von sich ebenfalls einen freien Platz. Als die Maschine von sowjetischem Boden abhob, applaudierten die rund hundertfünfzig Passagiere wie üblich. Das amüsierte den Kurier immer wieder. Giannini holte ein Taschenbuch hervor und begann zu lesen. Selbstverständlich konnte er während des Fluges weder trinken noch schlafen, und er beschloß, mit dem Essen bis nach dem Umsteigen zu warten. Es gelang der Stewardeß aber, ihm eine Tasse Kaffee aufzudrängen.
Drei Stunden später setzte die 747 in Heathrow auf. Auch hier waren die Kontrollen nur flüchtig. Als Mann, der mehr Zeit in der Luft verbrachte als die meisten Verkehrspiloten, hatte er Zugang zu den Warteräumen der ersten Klasse. Nach einer Stunde ging eine 747 nach Washington, Dulles International Airport.
Überm Atlantik ließ sich der Kurier ein PanAm-Dinner schmecken und genoß einen Film, den er bislang noch nicht gesehen hatte - eine Seltenheit. Als er sein Buch durch hatte, war die Maschine schon im Landeanflug auf Dulles. Fünfzehn Minuten später stieg er in einen unauffälligen Ford der Regierung, der sich nach Südosten wandte. Giannini setzte sich neben den Fahrer.
«Haben Sie das Etui?» fragte der Mann im Fond.
«Ja.» Giannini nahm es aus der Brusttasche und reichte es mit beiden Händen nach hinten. Der CIA-Mann nahm es entgegen, ebenfalls mit beiden Händen, und steckte es in einen mit Schaumstoff ausgeschlagenen Kasten. Der CIA-Mann, ein Spezialist für Selbstschüsse und Bomben, war Ausbilder beim technischen Dienst der CIA. In Langley fuhr er mit dem Aufzug hoch zu Ritters Büro und legte das Etui auf den Schreibtisch.
Ritter ging an seinen Kopierer und vervielfältigte die Bögen aus Flammpapier mehrere Male, nicht so sehr aus Gründen der Sicherheit, sondern zur Unfallverhütung, denn ein Stoß leichtentzündlichen Papiers in seinem Büro war ihm unangenehm. Noch bevor alle Kopien fertig waren, hatte er schon zu lesen begonnen. Wie üblich schüttelte er nach dem ersten Absatz den Kopf. Ritter ging an seinen Schreibtisch und drückte auf den Knopf, der ihn mit dem Büro des Direktors verband.
«Sind Sie beschäftigt? Der Vogel ist gelandet.»
«Kommen Sie rüber», erwiderte Judge Moore sofort. Nichts war wichtiger als Informationen von KARDINAL.
Auf dem Weg holte Ritter Admiral Greer ab, und dann betraten die beiden das geräumige Büro des CIA-Direktors.
«Sie werden es nicht glauben», meinte Ritter beim Aushändigen der Bögen, «dieser Mann hat doch tatsächlich Jasow überredet, einen Oberst auf zu schicken und ein über das ganze System anzufertigen. Dieser Oberst Bondarenko soll dem Minister in allgemeinverständlichen Begriffen berichten. Da Jasow diese Aufgabe an Mischa delegierte, geht der Bericht natürlich erst über dessen Schreibtisch.»
«Dieser junge Mann, den Ryan kennenlernte - Gregory, nicht wahr? wollte, daß wir jemanden nach Duschanbe einschleusen», stellte Greer mit einem Lachen fest. «Und Ryan sagte ihm, das sei unmöglich.»
«Ich wünsche nur», merkte Judge Moore nüchtern an, «jemand würde Mischa klarmachen, daß es alte Spione und kühne Spione gibt, aber nur wenige alte und kühne Spione.»
«Er ist sehr vorsichtig», meinte Ritter.
«Ich weiß.» Der Direktor sah sich die Seiten an.
Seit dem Tod von Dimitri Fedorowitsch ist es im Verteidigungsministerium nicht mehr so wie früher, las Moore. Manchmal frage ich mich, ob Marschall Jasow diese neuen technischen Entwicklungen ernst genug nimmt, aber wem soll ich meine Zweifel vortragen ? Würde das KGB mir glauben? Ich muß meine Gedanken ordnen. Genau, erst muß ich meinen Kopf organisieren, ehe ich Vorwürfe erhebe. Aber kann ich die Sicherheitsvorschriften brechen...
Habe ich denn eine andere Wahl? Wer wird mich ernst nehmen, wenn ich meine Zweifel nicht schriftlich festhalten kann? Es fällt mir
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