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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nach Südosten zur pakistanischen Grenze getragen. Jene, die den Hundertkilometermarsch überstanden, wurden in einer Art Krankenhaus in der Nähe des geschlossenen Flughafens Miram Schah behandelt. Nun führte der Bogenschütze die Gruppe; der gefallene Anführer war so hastig begraben worden, wie es die Glaubensregeln zuließen. Der Bogenschütze hatte seinen Kameraden mit Erfolg klargemacht, daß der Russe lebendig mehr wert war als tot und daß der Amerikaner ihnen für ein Mitglied der russischen politischen Polizei und seine Dokumente viel geben würde.
    «Ich habe Schmerzen», antwortete der Russe endlich, doch so weit reichte das Mitleid des Bogenschützen nicht: Morphium gab es nur für die Mudschaheddin. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß ihn niemand sah, steckte er dem Russen die Fotos seiner Familie zu. Einen kurzen Augenblick lang wurden seine Augen weich, denn der KGB-Offizier schaute ihn mit einer Überraschung an, die den Schmerz in den Hintergrund drängte. Mit der gesunden Hand nahm er die Bilder und drückte sie dankbar an die Brust.
Der Mann dachte an seinen toten Sohn und sein eigenes Schicksal. Sein vom Schmerz benommener Verstand arbeitete noch immer nicht
    richtig. In seinem Dämmerzustand fragte der Russe sich, warum man ihn nicht getötet hatte. In Moskau hatte er oft genug gehört, wie die Afghanen mit ihren Gefangenen umgingen. Du darfst nicht sterben, Walerij Michailowitsch. Deine Frau hat schon genug gelitten, sagte er sich. Der Gedanke verflog von selbst. Der Hauptmann schob die Bilder in die Brusttasche und ergab sich der erneut nahenden Bewußtlosigkeit. Er wachte auch nicht auf, als man ihn auf ein Brett mit zwei Tragestangen daran band. Der Bogenschütze ließ seine Männer aufbrechen.
*
    Als Mischa erwachte, hallte Schlachtenlärm durch seinen Schädel. Draußen war es noch dunkel, und als erstes ging er ins Bad, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und drei Aspirin zu nehmen. Dann trockenes Würgen über der Toilette, aber es kam nur Galle; er richtete sich auf, um im Spiegel nachzusehen, was der Verrat an dem Helden der Sowjetunion angerichtet hatte. Die einst klaren blauen Augen waren blutunterlaufen und stumpf. Die Haut war leichengrau und schlaff; graue Stoppeln verwischten Züge, die einmal als anziehend gegolten hatten. Er streckte den rechten Arm aus, und wie üblich war das Narbengewebe steif und sah wie Plastik aus. Nun ja. Er spülte sich den Mund aus und stapfte in die Küche, um Kaffee zu kochen, kippte das glühendheiße Gebräu hinunter und hob dann den Hörer, um seinen Dienstwagen zu bestellen. Er wollte heute früher abgeholt werden, und obwohl er den Grund nicht nannte, wußte der Feldwebel von der Fahrbereitschaft, daß er in die Bäder wollte.
    Zwanzig Minuten später tauchte Mischa aus seinem Haus auf. Schon tränten ihm die Augen; er blinzelte gequält in den beißenden Nordwestwind, der versuchte, ihn zurück in die Tür zu blasen. Der Feldwebel erwog, seinen Oberst zu stützen, doch Filitow verlagerte leicht sein Gewicht und stieg in den Wagen, als wäre es sein alter T-34.
    «Zum Dampfbad, Genosse Oberst?» fragte der Fahrer, nachdem er sich hinters Steuer gesetzt hatte.
«Haben Sie den Wodka verkauft, den ich Ihnen geschenkt habe?»
«Hm, ja, Genosse Oberst», antwortete der junge Mann.
«Brav. So ist's besser für Ihre Gesundheit. So, und jetzt rasch zu den Bädern», befahl der Oberst in gespieltem Ernst, «es geht um mein Leben.»
«Die Deutschen haben Sie nicht umbringen können, Genosse Oberst», versetzte der Junge heiter, «wie sollen Ihnen da ein paar Tropfen Wodka etwas anhaben?»
Mischa gestattete sich ein Lachen und ertrug den scharfen Kopfschmerz. «Hätten Sie Lust, auch einmal Offizier zu werden?»
«Ach, Genosse Oberst, ich möchte lieber zurück an die Uni. Mein Vater ist Chemieingenieur, und ich will in seine Fußstapfen treten.»
«Sein Glück, daß er einen solchen Sohn hat. Los geht's.»
Zehn Minuten später fuhr der Wagen beim Dampfbad vor. Der Feldwebel ließ seinen Oberst aussteigen und hielt dann auf einem der reservierten Parkplätze, von denen aus er den Eingang im Auge behalten konnte. Er steckte sich eine Zigarette an und schlug ein Buch auf. Sehr angenehmer Posten, viel besser, als sich mit einer Mot-Schützenkompanie im Schlamm zu suhlen. Er schaute auf die Uhr. Mit dem alten Mischa war erst in einer knappen Stunde zu rechnen. Schade, daß der Alte so einsam sein muß, dachte er. Pech, daß ein Held so

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