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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dann, wenn er sich längst in Sheridan befindet.“
    „Aber wollen wir nicht erst zu erfahren suchen, was der dritte Mörder tut?“ fragte Hartley.
    „Nein. Er sucht nach dir, und wenn er deine Spur findet, so wird er umkehren und den beiden andern folgen. Vielleicht tut er das nicht, sondern er hat noch andre Verbündete, welche er vorher aufsucht, um mit ihnen nach Sheridan zu reiten. Ich komme aus bewohnten Gegenden und habe erfahren, daß sich in Kansas viele von den Bleichgesichtern, welche Tramps genannt werden, zusammenziehen. Es ist möglich, daß die Mörder zu diesen Leuten gehören, daß die Tramps einen Streich gegen Sheridan beabsichtigen. Wir dürfen keine Zeit verlieren; wir müssen schnell hin, um die dortigen Weißen zu warnen.“
    „Aber wenn dieser dritte Feind nach hier zurückkehrt, wird er unsre Spur finden und aus ihr ersehen, daß wir seinen Freunden gefolgt sind. Muß er da nicht Verdacht schöpfen?“
    „Wir folgen ihnen nicht. Winnetou weiß, wohin sie wollen, und braucht also ihre Fährte nicht. Wir reiten einen anderen Weg.“
    „Und wann werden wir nach Sheridan kommen?“
    „Ich weiß nicht, wie mein Bruder reitet.“
    „Nun, ein Kunstreiter bin ich freilich nicht. Ich habe noch wenig im Sattel gesessen; aber abwerfen lasse ich mich nicht.“
    „So dürfen wir nicht stürmen, werden das aber durch Stetigkeit einholen. Wir reiten von jetzt an die ganze Nacht hindurch und werden am Morgen am Ziel sein. Diejenigen, denen wir folgen, werden des Nachts Lager machen und also später als wir ankommen.“
    „Und was geschieht hier mit der Leiche des armen Haller?“
    „Wir werden sie begraben, und mein Bruder mag dann ein Gebet sprechen.“
    Die Erde war locker, und so wurde, obgleich nur die Messer gebraucht werden konnten, recht bald eine leidlich tiefe Grube fertig, in welche die beiden den Toten legten, um ihn dann mit der aufgeworfenen Erde zu bedecken. Hierauf nahm der Yankee den Hut ab und faltete die Hände. Ob er dabei wirklich betete, war zu bezweifeln. Der Apache blickte ernst in die untergehende Sonne. Es war, als ob sein Auge jenseits des Westens die ewigen Jagdgründe suche. Er war ein Heide, aber er betete ganz gewiß. Dann schritten sie zu den Pferden.
    „Mein weißer Bruder mag mein Tier nehmen“, sagte der Rote. „Es hat einen sanften Gang, gleich und eben wie ein Kanoe im Wasser. Ich nehme das ledige.“
    Sie stiegen auf und ritten fort, erst eine Strecke westlich, um dann nach Norden einzubiegen. Die Pferde hatten gewiß schon einen weiten Weg gemacht, schritten aber so munter und rüstig aus, als ob sie eben erst von der Weide gekommen seien. Die Sonne sank tiefer und tiefer; endlich verschwand sie hinter dem Horizont; die kurze Dämmerung ging schnell vorüber, und dann wurde es finstere Nacht. Das machte den Yankee bange.
    „Wirst du dich bei dieser Finsternis nicht verirren?“
    „Winnetou verirrt sich nie, weder bei Tag noch bei Nacht. Er ist wie der Stern, welcher sich stets an der richtigen Stelle befindet, und kennt alle Gegenden des Landes so genau, wie das Bleichgesicht die Räume seines Hauses kennt.“
    „Aber es gibt so viele Hindernisse, welche man nicht sehen kann!“
    „Winnetous Augen sehen auch des Nachts. Und was er nicht bemerken kann, wird seinem Pferd sicher nicht entgehen. Mein Bruder reite nicht neben, sondern hinter mir, so wird sein Tier keinen falschen Schritt tun.“
    Es war auch wirklich fast wunderbar, mit welcher Sicherheit Pferd und Reiter sich bewegten. Bald im Schritt, bald im Trab, oft sogar galoppierend, wurde Stunde um Stunde zurückgelegt und jedes Hindernis umgangen. Es waren sumpfige Stellen zu vermeiden und Bäche zu durchwaten; man kam an Farmen vorüber; stets wußte Winnetou, wo er sich befand, und nicht einen einzigen Augenblick lang schien er im Zweifel über die Örtlichkeit zu sein. Das beruhigte den Yankee ungemein. Er war besonders seines Armes wegen besorgt gewesen; aber das Wundkraut war von außerordentlicher Wirkung. Er fühlte fast gar keinen Schmerz und hatte sich über nichts als nur die Unbequemlichkeit des ungewohnten Reitens zu beklagen. Einigemal wurde angehalten, um die Pferde trinken zu lassen und den Verband mit kühlendem Wasser zu benetzen. Nach Mitternacht zog Winnetou ein Stück Fleisch hervor, welches Hartley essen mußte. Sonst gab es keine Unterbrechung, und als die zunehmende Kühle den Morgen verkündete, sagte sich der letztere, daß er recht gut imstande sei, noch länger im Sattel

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