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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Krieger der Utah gewiß zufriedenstellen.
    „Morgen früh werden die Seelen der Bleichgesichter in den ewigen Jagdgründen sein, um uns später dort zu bedienen“, fuhr der Häuptling fort.
    „Du willst sie überfallen?“
    „Da ist unsre Zahl zu klein, und wir können auch nicht durch den Spalt zurück, weil man denselben bewachen wird.“
    „So nehmen wir einen andern Weg und holen uns so viele Krieger, wie wir bedürfen. Liegen nicht ihrer genug drüben im P'a-mow (Wald des Wassers)? Und führt nicht weiter oben ein Weg quer durch den Cañon, den die Bleichgesichter nicht zu kennen scheinen? Die Leichen und ihre Pferde bleiben hier und zwei von euch als Wächter dabei. Wir andern reiten nordwärts.“
    Dieser Entschluß wurde ausgeführt. Der Wald war zwar nur schmal, bildete aber einen stundenlangen Streifen, an welchem die Utahs im Galopp hinritten, bis die Höhe sich allmählich niedersenkte nach einer Schlucht, welche quer durch die Felsen führte. Durch diese Schlucht gelangte der ‚Große Wolf‘ in den Hauptcañon, in welchem die Weißen sich befanden; freilich mündete die Schlucht wenigstens drei englische Meilen oberhalb der Lagerstelle. Gegenüber der ersteren schnitt ein enger Seitencañon in den Hauptcañon ein, doch war derselbe nicht ganz so schmal wie die Felsenspalte, in welcher heute das Zusammentreffen der Weißen mit den Roten stattgefunden hatte. Dorthin wendete sich der ‚Große Wolf‘ mit seinen Leuten. Er schien den Weg sehr genau zu kennen, denn er irrte trotz der Dunkelheit nicht ein einziges Mal und führte sein Pferd so sicher, als ob er sich auf einer breiten deutschen Heerstraße befände.
    Der jetzige Cañon hatte kein Wasser und stieg bergan. Bald erreichten die Roten die Scheitelhöhe der weiten Felsenebene, in welcher das vielverzweigte Netz der Cañons tief eingeschnitten ist. Da war es hell; der Mond stand leuchtend am Himmel. Im Galopp ging es über die Ebene, und nach einer halben Stunde fiel die Gegend in Gestalt eines breiten, sanften Einschnittes leise nieder. Rechts und links blieben die Felsen als schützende Wände stehen, immer höher werdend, je tiefer das Terrain sich senkte, und dann tauchten vorn üppige Wipfel auf, unter denen viele Feuer brannten. Es war ein Wald, ein wirklicher Wald, mitten auf oder in der von Stürmen glattgefegten und von der Sonne ausgetrockneten und zu Stein verdorrten Ebene.
    Dieser Wald verdankte sein Dasein einzig nur der Depression des Bodens. Die Stürme heulten darüber hin, ohne ihn zu treffen, und die Niederschläge konnten sich sammeln, um eine Art See zu bilden, dessen Wasser das Erdreich auflöste und für die Wurzeln fruchtbar machte. Das war der P'a-mow, der Wald des Wassers, nach welchem der ‚Große Wolf‘ wollte.
    Es hätte des Mondlichtes gar nicht bedurft, um sich hier zurechtfinden zu können, so zahlreich waren die Feuer, welche hier brannten. Da gab es ein reges Lagerleben, und zwar das Leben eines Kriegslagers. Man sah kein Zelt, keine Hütte. Die vielen roten Krieger, welche man erblickte, lagen an den Feuern entweder auf ihren Decken oder auf der bloßen Erde; dazwischen lagen oder standen und weideten ebenso viele Pferde. Das war der Ort, an welchem sich die Scharen der Utahs aller Stämme zum Kriegszug zu versammeln hatten.
    Als der ‚Große Wolf‘ bei dem ersten Feuer ankam, hielt er an, stieg ab, winkte seinen Leuten, hier zu warten und rief einem der am Feuer sitzenden den Namen ‚Nanap neav‘ zu. Diese beiden Worte bedeuten ‚Alter Häuptling‘. Es war also jedenfalls der Oberanführer sämtlicher Utahstämme gemeint. Der Angeredete erhob sich und führte den ‚Großen Wolf‘ nach dem See, an welchem ein großes, von den übrigen abgesondertes Feuer brannte. An demselben saßen vier Indianer, alle mit der Feder des Adlers geschmückt. Einer derselben mußte das Auge ganz besonders auf sich ziehen. Er hatte sein Gesicht nicht bemalt; es war von unzähligen tiefen Falten durchzogen. Sein Haar hing schlohweiß und lang auf den Rücken herab. Dieser Mann war gewiß wenigstens achtzig Jahre alt, und doch saß er so aufrecht, stolz und kräftig da, als wären es fünfzig weniger. Er richtete das Auge scharf auf den Ankommenden, ohne aber ein Won, einen Gruß zu sagen, auch die andern schwiegen. Der ‚Große Wolf‘ setzte sich stumm nieder und blickte vor sich hin. So verging eine ganze Weile; dann endlich erklang es aus dem Mund des Alten: „Der Baum wirft im Herbst die Blätter ab; wenn er sie

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