Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
die Bäume und Sträucher auf, und bald war selbst kein Grashalm mehr zu sehen.
    Kaum war die Truppe zehn Minuten geritten, so besaßen die Wände des Cañons bereits eine Höhe von über hundert Fuß; noch eine Viertelstunde, und sie schienen bis an den Himmel zu reichen. Hier gab es bereits das rundgescheuerte Steingeröll, welches das Reiten so sehr erschwerte. Nach der dritten Viertelstunde wurde der Cañon plötzlich breiter, doppelt so breit, als er bisher gewesen. Seine Wände waren nicht nur in der Höhe, sondern auch unten vielfach zerklüftet. Es sah fast aus, als ob die Felsen auf Säulen ständen, welche Laubengänge bildeten, in denen man sich verstecken konnte.
    „Hier sollen wir halten“, sagte der ‚Kleine Bär‘, welcher mit den Weißen voranritt. „Es gibt da Löcher und Höhlen genug, in denen wir uns verstecken können.“
    „Und die Pferde schaffen wir eine Strecke weit zurück“, meinte Droll, „daß sie von hier aus, wo es leicht zum Kampf kommen kann, nicht gesehen werden.“
    Diese Maßregel war vorteilhaft und wurde also befolgt. Die fünfundfünfzig Mann versteckten sich zu beiden Seiten in die Vertiefungen. Die Weißen behielten den ‚Kleinen Bären‘ bei sich, weil dieser ihnen alle etwa erforderliche Auskunft geben konnte. Er erkundigte sich so verständig und ernst wie ein erwachsener Krieger nach den Ereignissen der letzten Tage und wollte es gar nicht glauben, daß die Utahs zurückgeschlagen worden. Desto größer aber war die Anerkennung, welche er den Bleichgesichtern zollte.
    „Meine weißen Brüder haben gehandelt als mutige und doch bedächtige Männer“, sagte er; „die Navajos aber sind blind und taub gewesen. Sie mußten siegen, denn sie wurden von den Utahs noch nicht erwartet. Wenn sie sich still in das Tal geschlichen hätten und über die Utahs hergefallen wären, so konnten sie diese vollständig vernichten; sie haben aber vor der Zeit geschrien und geschossen und mußten darum ihre Skalpe hergeben. Nun sind ihnen die Utahs überlegen, und wenn der Kampf sich bis in die Nähe des Sees heraufzieht, so – – –“
    „So werden wir ein Wörtchen mitsprechen“, fiel Droll ein.
    „Ja, wir sprechen mit“, meinte auch Frank. „Es sollte mir lieb sein, wenn ich das Gewehr, welches mir der Lord gab, zum erstenmal gegen diese Kerls probieren könnte. Wie steht es denn, hat der Cañon hier etwa Zugänge?“
    „Nein. Es gibt nur einen, nämlich die Spalte, durch die ihr nach dem Kessel gekommen seid, und die kennen die Utahs nicht.“
    „Aber die Navajos?“
    „Nur wenige von ihnen, und diesen wird es nicht einfallen, sie zu benutzen, denn der Weg ist – – –“
    Er unterbrach sich, um zu horchen. Sein scharfes Ohr hatte ein Geräusch vernommen. Auch die andern hörten es. Es klang wie das Stolpern eines Pferdes im Geröll. Nach kurzer Zeit erschien ein einzelner Reiter, ein Navajo, dessen Pferd kaum mehr zu laufen vermochte. Der Mann schien verwundet zu sein, denn sein Anzug war mit Blut befleckt und er arbeitete trotzdem unausgesetzt mit Händen und Füßen, um seinen Gaul zu erneuter Anstrengung anzutreiben.
    Der ‚Junge Bär‘ verließ sein Versteck und trat hinaus. Sobald der Navajo ihn erblickte, hielt er sein Pferd an und rief erfreut: „Uff! Mein junger Bruder! Sind die erwarteten Krieger der Navajos schon angekommen?“
    „Noch nicht.“
    „So sind wir verloren!“
    „Wie kann ein Krieger der Navajos sich verlorengeben!“
    „Der große Geist hat uns verlassen und sich zu den Hunden der Utahs gewendet. Wir haben sie im Tal der Hirsche überfallen, um sie zu erwürgen; aber unsre Häuptlinge hatten den Verstand verloren, und wir wurden geschlagen. Wir flohen, und die Utahs folgten uns; sie waren stärker als wir; dennoch hätten wir uns gehalten; aber heute früh ist ein großer neuer Trupp zu ihnen gestoßen; sie sind nun viermal so stark wie wir und drängten gar mächtig hinter uns her.“
    „Uff! So seid ihr vernichtet?“
    „Fast. Zehn Flintenschüsse abwärts von hier wogt der Kampf. Ich wurde abgesandt, um vom See aus Hilfe zu holen, denn wir dachten, die erwarteten Krieger seien bereits angekommen. Nun sind unsre Leute verloren.“
    „Noch nicht. Steig ab und ruhe dich hier aus! Es wird Hilfe kommen.“
    Wie erstaunte der Mann, als er jetzt fünfzig Timbabatschen und vier Weiße erscheinen sah! Diese letzteren hatten den Bericht des Navajo nicht verstanden, da sie der Sprache desselben nicht mächtig waren; sie ließen ihn

Weitere Kostenlose Bücher