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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn wir nicht gekommen wären, so würdet ihr höchstwahrscheinlich eure Skalpe verlieren.“
    „Unsre Skalpe? Wer sollte sie uns nehmen?“
    „Die Utahs.“
    „O, die kommen nicht; die sind von den Navajos geschlagen worden, und wir werden diesen bald folgen, um uns auch viele Kopfhäute der Utahs zu holen.“
    „Da irrst du dich!“
    „Aber wir sehen doch Häuptlinge und Krieger der Utahs hier als Gefangene bei euch. Also müssen sie doch besiegt worden sein!“
    „Die haben wir auf unsre eigene Rechnung gefangengenommen. Die Navajos aber sind schmählich geschlagen worden und entflohen; die Utahs reiten hinter ihnen her und werden vielleicht heute noch hier am Silbersee erscheinen.“
    „Uff!“ rief das ‚Lange Ohr‘, indem ihm vor Erstaunen der Mund offenstehen blieb.
    Auch seine Untergebenen ließen laute Ausrufe des Betroffenseins hören.
    „Ist's möglich?“ fragte der ‚Große Bär‘. „Redet diese weiße Tante die Wahrheit?“
    „Ja“, antwortete Winnetou, welcher als derjenige, dem die Umgegend des Silbersees am besten bekannt war, das Wort ergriff. „Wir werden euch alles ausführlich erzählen, aber erst nachdem wir uns vergewissert haben, daß wir nicht von den Feinden überrascht werden können. Ihr Erscheinen ist alle Augenblicke zu erwarten. Es mögen fünfzig Krieger der Timbabatschen sofort hinab in den Cañon reiten; der Humply-Bill und der Gunstick-Uncle gehen mit ihnen.“
    „Ich auch mit!“ bat der Hobble-Frank.
    „Ich auch!“ schloß sich ihm Droll an.
    „Gut“, meinte Winnetou, „ihr sollt auch mitreiten. Ihr geht hinab bis an die Stelle, an welcher der Cañon schmal zu werden beginnt, und setzt euch da hinter den Felsen fest. Es gibt dort Vorsprünge und Vertiefungen genug, welche euch Schutz gewähren. Die Utahs werden die Navajos kräftig drängen, um mit ihnen zugleich den Silbersee zu erreichen. Ihr sollt den Freunden Hilfe leisten und uns, sobald ihr die Feinde nahen seht, einen Boten senden, damit wir auch kommen. Laßt eure Pferde vorher saufen; trinkt auch selbst, denn da unten gibt es kein Wasser, und der ‚Große Bär‘ wird euch zu essen mitgeben.“
    Fleisch war genug vorhanden. Es hing, um zu trocknen, an Riemen, welche an den Bäumen ausgespannt waren. Trinkwasser gab es im Überfluß. Von den Bergen flossen mehrere Bäche herab, welche den See speisten. An einen dieser Bäche hatten sich die Pferde gemacht, um ihren Durst zu stillen.
    Bald waren die fünfzig Mann mit den vier Weißen zum Aufbruch bereit. Der ‚Kleine Bär‘ bat seinen Vater, mitreiten zu dürfen, was ihm sofort gewährt wurde. Er kannte besser als die Timbabatschen den See und den Cañon; seine Anwesenheit konnte ihnen von großem Vorteil sein.
    Das Gebirgstal des Silbersees zog sich von Nord nach Süd, war an seiner Ost- und Westseite vollständig unzugänglich und konnte im Norden nur durch den Cañon und die Felsenenge, aus welcher die Weißen gekommen waren, erreicht werden, während nach Süden hin der See sein Wasser in eine Schlucht ergoß, welche nach dorthin den Ausgang bildete.
    Von Süden her war kein Feind zu erwarten; von dorther sollten die befreundeten Navajos kommen. Nach dorthin brauchte man also keine Vorsichtsmaßregeln anzuwenden; diese waren nur gegen Norden hin am Platz.
    Wer nach dieser Richtung die Umgebung des Silbersees untersuchte, dem mußte bald die Ansicht kommen, daß derselbe früher seinen Abfluß nicht nach Süden, sondern nach Norden gehabt hatte. Jedenfalls ergoß der See seine überschüssigen Wasser in den Cañon. Jetzt aber lag zwischen diesem und jenem eine ziemlich breite, dammartige Erhöhung, welche es früher nicht gegeben hatte. Von selbst war sie nicht entstanden, also lag die Vermutung nahe, daß sie eine künstlich aufgeworfene sei. Aber die Hände, welche diese Arbeit vollendet hatten, waren längst in Staub zerfallen, denn der Damm trug Bäume, deren Alter gewiß nicht unter hundertundfünfzig Jahre war. Zu welchem Zweck hatte man diesen Damm errichtet? Gab es jetzt noch einen Menschen, welcher imstande war, diese Frage zu beantworten?
    Das von Winnetou abgesandte Detachement ritt über den Damm hinweg, hinter welchem der Cañon begann. Er war hier kaum zehn Ellen breit, erst flach und schnitt sich nur nach und nach tiefer in den Boden ein. Je größer dann seine Tiefe wurde, desto mehr nahm er auch an Breite zu. Vegetation schien es, wenigstens nach dieser Seite hin, nur in der Nähe des Sees zu geben. Kurz hinter dem Damm hörten

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