05 - Spiel der Intrigen
war, der den Teetisch umstieß. Aber ich übertreibe. Das ist offenbar
passiert, während ich draußen war. Ich war nicht auf dem Schauplatz des
Geschehens, aber als ich zurückkam, nachdem ich meine Pferde beruhigt hatte,
flog mir die Ratte mit voller Wucht ins Gesicht, und die Küchenkatze kratzte
mir fast die Augen aus, als sie an mir hochsprang, um die Ratte zu fangen. Die
schöne Göttin gab den Dienern an allem die Schuld. Sie schien zu glauben, dass
sie das alles eingefädelt hätten.«
»Und war es so?«
»Ich glaube nicht, dass irgendwelche
Londoner Diener es wagen würden, so weit zu gehen.«
»Und fiel Miss Goodenough in diesem
Moment von ihrem Sockel?«
»Ja. Sie hat die Diener in einem Ton
beschuldigt, der sehr gewöhnlich war, um es milde auszudrücken.«
»Genau wie deine Emilia!« rief
Fitz. »In dem Moment sieht ihr Liebhaber, dass nicht alles Gold ist, was
glänzt. Du bist hart mit ihr umgesprungen, muss ich sagen. Du hättest sie ihren
Lord ruhig heiraten lassen können.«
Der Earl lachte. »Damit sie zum
Vorbild für andere anmaßende Stubenmädchen wird? Niemals!«
»Ich gestehe, dass ich den
brennenden Wunsch hege, Miss Goodenough zu sehen. Hat sie Eltern?«
»Nein. Einen merkwürdigen Onkel mit
einem entstellten Gesicht.«
»Und einem unheilverkündenden
Lächeln?«
»Wer ist hier der Dichter? Du oder
ich? Nein, ein Herr, der in seiner untertänigen Art so wirkt, als ob er sich
beständig für etwas entschuldigen müßte. Er ging hinaus, bevor das Drama stattfand,
und hat mich mit Miss Emily allein gelassen.«
»Sehr unkonventionell. Und deshalb
hat Miss Emily irdene Füße. Sie liegt in Scherben unter ihrem Sockel.«
»Nun . ..«, meinte der Earl
widerstrebend, »am Morgen danach bin ich zufällig die Clarges Street
entlanggegangen, und sie hat einem Nachtwächter Geld gegeben — damit er
wegging, glaube ich — und sie stand im ersten Sonnenschein auf der Eingangstreppe,
das offene Haar fiel ihr über den Rücken hinab, und sie hatte nur ihr Nachthemd
und einen dünnen Morgenmantel an.«
»Das wird ja immer schlimmer und
immer gewöhnlicher. Dich überlief ein kalter Schauer, und du bist
weitergegangen.«
»Im Gegenteil«, sagte der Earl, »ich
bin stehengeblieben und habe mir diese frische und unschuldige Schönheit
angeschaut und dabei überlegt, dass ich in meinem ganzen Leben noch nichts so
Wunderbares oder Rührendes gesehen habe.«
»Was du nicht sagst! Du wirst doch
nicht etwa romantisch, mein Lieber. Nie mehr werden wir unter dem scharfen
Tadel deiner Zunge in deinen bitterbösen Romanen zu leiden haben!«
»Keineswegs«, meinte der Earl. »Ich
werde Miss Emily in Zukunft aus dem Weg gehen, aus Angst, sie könnte ihren Mund
aufmachen und das schönste Bild, das ich je gesehen habe, zunichte machen!«
Lizzie, das Küchenmädchen, eilte vom
Shepherd-Markt in die Clarges Street 67 zurück. Angus, der Koch, hatte sie
weggeschickt, um schwarzen Pfeffer zu kaufen, und obwohl der Markt gleich um
die Ecke war, hatte sie eine Menge Zeit vergeudet, weil sie die unerwartete
Wärme der milden Vorfrühlingssonne genossen hatte.
Sie war nicht mehr das kleine,
zerbrechliche Kind, das vor ein paar Jahren seine Stellung angetreten hatte und
nicht wagte, eine eigene Meinung zu haben. Ihre Haare, die sie regelmäßig
wusch, obwohl die anderen Diener sie warnten, dass es eine gefährliche
Gewohnheit sei, die alle Arten von Entzündungen und »Feuchtigkeit im Gehirn«
hervorrufen könne, waren dick und üppig und glänzend braun. Sie wurden im
Nacken von einem kirschroten Seidenband zusammengehalten, einem Geschenk einer
früheren Mieterin. Ihr neues Baumwollkleid, das sie sich im Winter mit Hilfe
von Mrs. Middleton selbst genäht hatte, war weiß mit schmalen grünen Streifen.
Es war aus grober Baumwolle und natürlich nicht so fein wie der indische Musselin,
den die Ladys trugen, aber es sah frisch und sauber aus.
Sie gab nicht weiter acht, als sie
in die Clarges Street einbog, da sie in Gedanken an ihren Lieblingstraum, die
Hochzeit mit Joseph, verloren war, und so wäre sie beinahe mit Luke, dem ersten
Lakaien der Charterises zusammengestoßen. Lizzie murmelte eine Entschuldigung,
machte einen Schritt zurück und knickste vor Luke, da er als erster Lakai in
der Rangordnung der Diener weit über einem Küchenmädchen stand.
»Schau das nächste Mal, wo du
hintrittst«, sagte Luke unfreundlich. Er war so hochgewachsen wie Joseph und
trug sein schwarzes Haar gepudert. Seine Livree
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