050 - Als der Silberdämon starb
hätte, daß Mr. Silver auf den weißen Vampir aufpaßte. So groß war mein Vertrauen zu Boram nun auch wieder nicht. Er würde es sich erst erwerben müssen.
***
Stille herrschte im Haus. Mr. Silver trat ans Fenster und blickte zum Nachbarhaus hinüber. Keines der Fenster war mehr erhellt. Oda schlief wahrscheinlich schon. Oder sie lag wach und von Verzweiflung geplagt neben Lance Selby, dem niemand helfen konnte, der sterben würde, wenn nicht ein Wunder geschah.
Der Ex-Dämon hoffte, daß die weiße Hexe keinesfalls die Dummheit beging, in die schwarzen Reihen zurückzukehren, denn helfen konnte sie Lance damit bestimmt nicht.
Langsam drehte sich der Hüne um. »Auch ich habe einst die Seiten gewechselt«, sagte er zu Boram. »Das ist lange her. Man fing mich und verurteilte mich zum Tod, doch mit Tony Ballards Hilfe gelang mir die Flucht. Du kannst dir denken, wie ich zu ihm stehe.«
Boram nickte.
»Wenn du meinem Freund etwas antust, überlebst du’s nicht!«
sagte Mr. Silver hart.
»Dein Freund ist auch mein Freund«, behauptete der weiße Vampir. »Er hat von mir nichts zu befürchten. Ich werde ihm dienen und gehorchen.«
»Wirst du ihn auch beschützen?«
Boram nickte abermals. »Solange ich an seiner Seite stehe, wird ihm nichts zustoßen, dafür verbürge ich mich.«
»Gut«, sagte der Ex-Dämon ernst. »Wie lange wirst du bei uns bleiben?«
»So lange mich Tony Ballard braucht.«
»Ist dein Leben zeitlich befristet?«
»Nein, und ich brauche auch nicht, wie gewöhnliche Vampire, das Tageslicht zu scheuen.«
»Irgendeinen schwachen Punkt hast aber bestimmt auch du«, sagte Mr. Silver lauernd.
Eine Erwiderung auf diese Feststellung blieb jedoch aus, denn in diesem Augenblick alarmierte den Ex-Dämon eine Bewegung am Fenster. Der Hüne mit den Silberhaaren nahm eine Gestalt wahr. Sie war gedrungen, hatte Ähnlichkeit mit einem Ghoul, besaß eine grün glänzende Haut und gelbe Rattenzähne, und stumpfe Hörner ragten aus dem kahlen Schädel.
Einer von Magos Schergen schlich um das Haus! Der widerliche Bursche tauchte sofort unter, als er sich entdeckt sah. Wo ein Scherge war, da gab es zumeist auch andere. Sie traten nur selten allein auf.
Im Nachbarhaus wohnte eine weiße Hexe! Einmal schon war Oda von Magos Schergen gejagt worden. Sollte das wieder passieren?
Mr. Silver drängte es aus dem Haus. Er wollte sich den Schergen holen, andererseits aber Boram nicht allein lassen. Es gab nur eine Lösung…
***
Mächtige Kräne ragten wie Urzeitmonster zum nachtschwarzen Himmel empor. Ratten fiepten zwischen finsteren Lagerhäusern.
Der Wind schob zerfetztes Papier über die Kaimauer und ließ es in die Themse segeln. Alte Schlepper und schäbige Dampfer hingen an ächzenden Tauen, und Landestege bewegten sich kaum merklich auf und ab.
Wie ausgestorben lag Londons Hafen um diese Zeit da. Das Leben würde erst beim Morgengrauen hierher zurückkehren. Dann würden Hafenarbeiter sich im Schweiße ihres Angesichts ihr Geld verdienen.
Doch jetzt regierte die Nacht mit ihren unheimlichen, kühlen Schatten, mit ihren schleichenden Nebeln und geisterhaften Geräuschen.
Es war die Nacht, in der Mr. Silver sterben sollte!
Die Falle stand, der Ex-Dämon mußte sich nur noch darin fangen.
Geduckt huschte einer der gehörnten Schwarzblütler durch die Finsternis.
Tappend waren seine schnellen Schritte zu hören. Der Scherge verbarg sich hinter einem langen Leichtmetallcontainer.
Seine grausamen Augen durchdrangen die Dunkelheit und erfaßten eine große, schemenhafte Gestalt, die sich an einer hohen Mauer entlangbewegte.
Mr. Silver!
Ein leises Knurren entrang sich der Kehle des Schwarzblütlers. Seine Krallenhand tastete zur Höllenpeitsche, die mit einer gefährlichen schwarzmagischen Kraft aufgeladen war.
Vorsichtig rollte er sie aus.
Mr. Silver kam näher. Der Scherge spannte die Muskeln unter seiner glänzenden Haut, und seine Finger schlossen sich fester um den Peitschengriff.
Ein Mensch, der von dieser Höllenpeitsche getroffen wurde, verwandelte sich innerhalb weniger Augenblicke in einen Totenkopf-Zombie, ein Wesen der Hölle.
Bei Mr. Silver reichte die Kraft nicht aus, ihn zu töten. Schon einmal war er von so einer Höllenpeitsche getroffen worden, und die Waffe hatte ihm seine übernatürlichen Fähigkeiten genommen.
Lange Zeit war er so verletzbar wie ein Mensch gewesen. Erst im Tunnel der Kraft auf der Prä-Welt Cour erstarkte er wieder.
Der Schwarzblütler beobachtete jede
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