050 - Als der Silberdämon starb
überallhin verfolgt. Ich bin sicher, er hat auch uns schon zusammen gesehen. Noch nie hatte ich vor jemanden so viel Angst.«
Mikes Augen verengten sich. »Dafür ziehe ich ihn zur Rechenschaft. Du wirst ihn mir zeigen, ich schnappe ihn mir und lese ihm gehörig die Leviten! Danach siehst du ihn nicht wieder, das verspreche ich dir.«
Petula trank ihren Scotch aus und blickte sich nervös im Lokal um.
Es war durchaus möglich, daß der Unbekannte auch hier war. Das zarte Mädchen stellte mit einer gewissen Erleichterung fest, daß der Fremde sich nicht im Pub befand.
Vielleicht würde er sich verstecken, wenn Mike sie nach Hause brachte, und erst wieder zum Vorschein kommen, wenn Mike fort war. Heute hatte er zum erstenmal diese seltsamen Rosen geschickt, und Petula meinte, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis er selbst kommen würde.
Wann würde es soweit sein? Heute nacht? Das Mädchen schluckte trocken und wäre am liebsten nie mehr nach Hause gegangen.
»Zahlen!« rief Mike.
»Bleiben wir noch!« bat ihn Petula.
»Es ist fast Mitternacht.«
Der Wirt erschien, und Mike bezahlte die Drinks.
Die Furcht in Petulas Augen veranlaßte Mike, ihr vorzuschlagen:
»Du könntest heute nacht bei mir schlafen.«
Sie wußte, daß er in einem kleinen Haus an der nördlichen Peripherie wohnte. Ein Onkel hatte es ihm vererbt.
»Du brauchst keine Bedenken zu haben«, versicherte Mike. »Ich nehme an, du kennst mich inzwischen so gut, daß du weißt, daß du mir vertrauen kannst. Ich würde die Situation nicht ausnützen.«
»Ich möchte dir keine Unannehmlichkeiten machen, Mike.«
»Das ist das Unsinnigste, was du sagen konntest. Unannehmlichkeiten!« Mike Baker lachte. »Komm, wir gehen.«
Als sie das Pub verließen, stahl sich wieder dieser ängstliche Ausdruck in Petulas Augen. Sie befürchtete, irgendwo den Unheimlichen zu entdecken.
Der Druck, der auf ihrer Brust lastete, wurde erst erträglicher, als sie neben Mike im Ford Sierra saß.
»Ich möchte vorausschicken, daß du in das Haus eines Junggesellen kommst. Erwarte also bitte nicht, daß alles blitzt«, sagte er.
Petula freute sich darauf, zu sehen, wie Mike wohnte. Sie würde sein Haus heute zum erstenmal betreten, und sie würde es von Anfang an lieben, das wußte sie jetzt schon.
Die Fahrt dauerte fünfzehn Minuten. Mike machte Musik und rauchte eine Zigarette. Petula drehte sich hin und wieder um und stellte erleichtert fest, daß ihnen kein Wagen folgte.
Das Haus, in das Mike seine Freundin führte, hatte einen kleinen Vorgarten, die Fassade war glatt und einfach. Drinnen herrschte eine »organisch gewachsene Unordnung«, wie Mike es bezeichnete, doch Petula fand es nicht so schlimm. Mike übertrieb ein bißchen.
Er führte sie herum, zeigte ihr das Gästezimmer und sagte, sie könne gleich zu Bett gehen, wenn sie wolle.
»Ich würde vorher noch gern Joanna anrufen, darf ich?« sagte Petula Boykin.
»Um diese Zeit? Joanna schläft sicher schon.«
»Ich möchte nicht, daß sie sich Sorgen um mich macht. Manchmal bleibt sie auf und wartet auf mich. Sie könnte auf die Idee kommen, die Polizei anzurufen…«
»Okay«, sagte Mike Baker und zuckte mit den Schultern. »Sie ist deine Freundin. Dort steht das Telefon.«
Petula wählte die Nummer.
»Sag ihr, du bleibst für den Rest der Woche hier«, raunte ihr Mike zu. »Sie soll in einen Koffer packen, was du brauchst. Ich hole ihn morgen ab.«
Joanna meldete sich. Petula teilte ihr mit, daß sie nicht nach Hause kommen würde.
»In Ordnung«, sagte Joanna gleichgültig.
»Bist du sauer?« fragte Petula. »Habe ich dich aus dem Bett geholt?«
»Ich seh’ mir den Nachtfilm im Fernsehen an. Bleibst du über Nacht bei Mike?«
»Ja.« Petula erklärte der Freundin, aus welchem Grund sie sich entschlossen hatte, gleich bis zum Sonntag in Mikes Haus zu bleiben. Sie teilte Joanna mit, was diese für sie einpacken sollte und fragte schließlich mit bebender Stimme: »Ist er… wieder da, Joanna? Steht er wieder vor dem Haus?«
»Nein«, antwortete die Freundin schläfrig.
»Wenn dich jemand fragt – du weißt nicht, wo ich bin, klar? Es könnte dieser unheimliche Kerl dahinterstecken.«
»Soll ich dir den Koffer bringen?«
»Mike wird ihn abholen«, sagte Petula und legte auf.
***
Ich fuhr durch das nächtliche London. Das Gefühl, das ich dabei hatte, war unbeschreiblich, denn neben mir saß ein Wesen, das nicht aus Fleisch und Blut war.
Boram, der Vampir – mein Diener!
Ganz traute
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