0500 - Der Dunkle Gral
den Schatten des Grabsteins, so daß dieser auf seine rechte Körperhälfte fallen konnte und ein Teil davon verdeckte. Die linke Hand legte er auf den oberen Rand des Steins.
»Diesen hier«, sagte er.
Van Akkeren nickte und lachte sparsam. »Du hast eine gute Wahl getroffen, Chinese. Es ist der größte Grabstein. Wenn ich mich nicht irre, liegt unter ihm der Anführer der Templer begraben. Ein gewisser Peter von Aumont. Er hat sich damals als der Nachfolger des Jakob de Molay bezeichnet, aber nie dessen Größe erreicht, weil er nach Frankreich fliehen mußte.«
»Ich weiß.«
»Du kannst dir aussuchen, wie du sterben willst. Durch eine Kugel oder durch…«
»Wie ist von Aumont gestorben?« fragte Suko.
»Weshalb interessiert es dich?«
»Weil ich ebenfalls so enden möchte.«
Van Akkeren, schüttelte den Kopf. »Das ist verrückt. Wir haben andere Zeiten, und wir werden dich, diesen Zeiten gemäß, vernichten. Ist das klar? Die Kugel ist dir und deinem Freund sicher. Oder willst du von Baphometh umarmt werden? Soll er dich zerreißen und dich danach wie ein Ghoul langsam…?«
»Da ist mir die Kugel lieber.«
»Das dachte ich mir.«
Es lief günstig. Van Akkeren hatte sich durch Sukos Worte ablenken lassen, und nichts anderes wollte der Inspektor. Er hatte den rechten Arm leicht angewinkelt, um mit einem blitzschnellen Griff nach seinem Stab fassen zu können.
Es war ein Erbe des großen Religionsgründers Buddha. Dieser Stab hielt, rief man ein bestimmtes Wort, die Zeit für fünf Sekunden an und ließ die in Hörweite stehenden Personen zu Puppen erstarren. Nur der Träger des Stabs konnte sich bewegen und dementsprechend handeln. Er durfte alles, nur nicht töten.
Das hatte Suko auch nicht vor. Er war kein Killer, der die Schwäche der anderen ausnützte.
»Dann werde ich mit dir den Anfang machen«, erklärte van Akkeren. Er griff unter seine dunkle Jacke, um eine Waffe hervorzuholen. Dabei senkte er den Blick, starrte Suko nicht mehr so scharf und fordernd an wie sonst.
Die Möglichkeit!
Sukos Hand bewegte sich mit der Schnelligkeit einer angreifenden Klapperschlange. Sie verschwand blitzartig unter dem Jackett, umklammerte den Stab und hatte kaum Kontakt bekommen, als er schon das berühmte Wort rief, das eine lebensgefährliche Situation kippen konnte.
»Topar!«
***
Suko hatte das Wort geschrieen. Ein jeder sollte es hören. Es hallte über den Friedhof, traf die Ohren der Templer-Diener und verfehlte auch bei van Akkeren seine Wirkung nicht.
Er konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen und war auch nicht in der Lage, die Waffe zu ziehen.
Suko hatte gewonnen.
Er war der einzige, der Träger des Stabs, dem das Wort nichts ausmachte, und er handelte, wie er es schon zahlreiche Male getan hatte. Schnell, sicher und konsequent.
Zuerst dachte er an Bill. Suko blieben genau fünf Sekunden, die er nutzen mußte.
In den nächsten Momenten verwandelte sich Suko in einen Schatten. Er packte den erstarrten Bill, riß ihn mit sich und sorgte so dafür, daß er in die Nähe van Akkerens geriet. Dort ließ er ihn auf den weichen Boden fallen, riß die Beretta hervor und preßte die Mündung gegen van Akkerens Wange.
Suko war so schnell gewesen, daß ihm noch die Zeit blieb, einen Blick über die Schulter auf Baphometh zu werfen, der auch durch die Magie des Stabes getroffen worden war.
Baphometh war aktionsunfähig geworden, aber nicht erstarrt. In seinen Karfunkelstein-Augen bewegte sich ein facettenhaft wirkendes Licht, daß sich aus zahlreichen Farben zusammensetzte und einen dennoch düsteren Schimmer abgab.
Die Zeit war um.
Suko merkte es am Zucken seines Gegners und zischte ihm noch im gleichen Augenblick ins Ohr.
»Rühr dich nicht. Eine Kugel wird auch dein Schädel nicht aushalten!«
Van Akkeren stöhnte. Ob vor Wut oder Schmerz wegen des Mündungsdrucks war nicht herauszufinden, doch er mußte sich damit abfinden, daß er zweiter Sieger geworden war.
Bill hatte die Lage auch erfaßt. Er wollte aufstehen, hörte es neben sich Rascheln, hatte aber etwas dagegen. »Bleib unten, Bill. Behalte den Dämon im Auge.«
»Mach' ich.«
»Und ihr!« rief er den Templern zu.
»Wißt ebenfalls Bescheid. Ich habe euren Anführer vor der Mündung. Mein Zeigefinger braucht nur verräterisch zu zucken, dann hat es van Akkeren gegeben. Wie sehr sich doch ein Spieß umdrehen kann. Wenn euch an van Akkeren auch nur etwas liegt, haltet euch zurück.«
Suko bekam keine Antwort. Damit hatte er
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