0500 - Der Dunkle Gral
auch nicht gerechnet. Er hoffte nur darauf, daß die Typen tatsächlich Ruhe hielten.
Vincent van Akkeren hatte seinen Schreck überwunden. Er atmete pfeifend. Unter der dünnen Haut am Hals spürte Suko wieder das Zucken der Muskeln. »Es ist nur für einen Moment«, sagte er mit rauher Stimme. »Wirklich nur für einen Moment. Auch wenn du mich vor der Mündung hast, du kannst nicht gewinnen. Das geht nicht.«
»Und weshalb nicht?«
»Weil Baphometh zu stark ist.«
»Den bekomme ich auch noch klein, keine Sorge. Aber ich werde den Spieß jetzt umdrehen, mein Freund. Möchtest du dir nicht ein Grab aussuchen? Du kannst es mir sagen, wo du verscharrt werden willst.«
»Geh zur Hölle, Chinese!«
»Diesmal nach dir.«
»Und jetzt?« rief van Akkeren. »Willst du mich jetzt erschießen?«
»Nur wenn es sein muß. Wir könnten auch einen kleinen Spaziergang unternehmen. Was hältst du davon?«
»Es kommt auf das Ziel an.«
»Das liegt ganz in der Nähe. Wir werden der Templer-Kirche einen Besuch abstatten.«
»Was soll ich dort?«
»Den Dunklen Gral abholen. Das war doch dein Ziel. Darauf hast du hingearbeitet. Van Akkeren, ich biete dir die Chance, den Dunklen Gral anzusehen, falls er hier existiert. Vielleicht treffen wir dabei auch auf John Sinclair. Er ist bestimmt so nett und zeigt ihn dir. Daran glaube ich fest.«
»Das kann nur ein Wahnsinniger fordern.« Van Akkeren lachte blechern. »Ihr beide glaubt doch nicht im Ernst, daß Baphometh so etwas zulassen wird.«
»Bleibt ihm eine Chance?«
»Kennt ihr ihn? Wißt ihr über seine Kräfte Bescheid? Kennt ihr seine Macht? Wahrscheinlich nicht. Sonst würdest du anders reden. Baphometh kann euch vernichten.«
»Das ist schon möglich. Du, van Akkeren, wärst dann auch tot. Ich weiß nicht, wieviel Baphometh an dir liegt. Möglicherweise auch nichts, denn er griff nicht ein, als ich dich als Geisel nahm.«
»Er besitzt andere Möglichkeiten.«
»Was zu beweisen wäre«, erwiderte Suko forsch.
»Ich glaube, es geht los!« hauchte Bill. Er hatte sich wieder aufgerichtet. Sein Blick war nach wie vor auf den Dämon gerichtete, der noch unbeweglich auf der Mauer hockte.
Eine gedrungene, durch das Fell widerlich anzusehende Gestalt mit dem großen Kopf, dem nackten Oberkörper, den pumpigen Hosen und den beiden langen Hörnern, die aus der Stirn wuchsen. Dabei umgeben von einem kalten blauen Licht, wie es auch von Luzifer bekannt war, dessen Haut ähnlich schimmerte.
Suko wollte sich nicht umdrehen, deshalb wandte er sich mit seiner nächsten Frage an den Reporter.
»Was tut er?«
»Die Augen, Suko, sie… sie verändern sich. Das Licht, es ist böse, es lähmt, verdammt…«
Bills Stimme hatte nach jeder Sekunde ächzender und schwerer geklungen. Etwas zwang ihn einfach, in diese verdammten Augen hineinzuschauen, die sich so furchtbar verändert hatten und eine Kraft ausstrahlten, der Bill nichts entgegensetzen konnte.
Er kam sich vor wie in einem Gefängnis, bekam keine Luft mehr, obwohl er den Mund weit aufgerissen hatte. Sein Gesicht verzerrte sich, er würgte, die Beine gaben nach, er fiel auf die Knie und hörte Sukos Stimme. »Sag ihm, daß er aufhören soll, van Akkeren!«
Der lachte nur.
Da erwischte es auch Suko.
Zu vergleichen war es mit einem geistigen und lähmenden Hammerschlag. Der Kopf wollte ihm zerspringen, etwas raste hinter seiner Stirn, hämmerte, klopfte und toste. Schwäche übermannte ihn.
Suko dachte daran, den kürzeren gezogen, zu haben, auf der Verliererstraße zu sein, und setzte sein Versprechen in die Tat um.
Er krümmte den Zeigefinger und schoß!
Dann krachte er zu Boden…
***
Den Weg zurück kannte ich noch. Es war alles so normal, ich konnte es kaum glauben, daß ich praktisch aus der Vergangenheit kam und wieder in die Gegenwart hineingeschritten war.
Und ich konnte es nicht fassen, daß ich jetzt den Gral besaß. Ich, John Sinclair, der ihn schon gehabt hatte, ohne es zu wissen.
Den Kelch oder Gral trug ich vor mir wie einen kostbaren Schatz. Hin und wieder schaute ich in ihn hinein, ohne den Grund zu sehen, denn über ihm wallte ein geheimnisvoller dunkelgrauer Nebel.
Das Schwert hatte ich zurückgelassen. Da ich den Gral besaß, brauchte ich diese Waffe nicht mehr.
Ich dachte auch nicht darüber nach, wie ich durch die Luke klettern sollte, irgend etwas würde sich schon ergeben, dessen war ich mir sicher.
Die Dunkelheit des Ganges hielt mich umschlungen. Dennoch war es nicht völlig finster, weil
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