0502 - Das Schwert des Vampirs
ein böses Gerücht. Und wieder wünschte sie sich statt des unhandlichen Phantom Zamorras Mercedes her. Der hatte Funktelefon und hätte ihr die Märchenstunde im Pub erspart.
Aber man konnte nicht alles haben.
***
Das mußte sich auch Sara Moon sagen. Nachdem es ihr gelungen war, ihren Ssacah-Ableger einzuschmuggeln und bis in das Kinderbett zu lenken, war alles schiefgegangen. Sie hatte zu lange gezögert, den Ableger zubeißen zu lassen! Wieder einmal war ihr ihre persönliche Eitelkeit zum Verhängnis geworden. Wieder einmal hatte sie zu früh triumphiert. Von diesem irrationalen Verhalten kam sie einfach nicht los. Es machte ihr immer wieder viele ihrer Vorhaben zunichte.
Ssacahs Ableger war vernichtet worden, obgleich sie nach ihrer Entdeckung noch versucht hatte, mit rasend schnellem Wechsel von Aktiv- und Passiv-Phasen zu retten, was noch zu retten war. Aber bedauerlicherweise war ausgerechnet Nicole Duval ihre Gegnerin gewesen. Bei der Lady oder dem Butler hätte sie mit Sicherheit leichteres Spiel gehabt.
Warum hatte Duval ausgerechnet in dem Augenblick das Zimmer betreten müssen, als der Ableger den Kopf des Knaben fast erreicht hatte?
»Was jetzt?« fragte Merlins Tochter sich. »Zurück nach Caermardhin? Oder noch einen Versuch starten?«
Niemand kannte sie in Cluanie. Hier gab es im Sommer viele Fremde, denen Loch Ness als Ausgangsbasis diente, um die Umgebung zu erkunden, sobald sie merkten, daß das berühmt-berüchtigte Ungeheuer sich doch nicht zeigte. Niemand würde sich also über ihre Anwesenheit wundern.
Aber vermutlich hatte ein zweiter Versuch keinen Sinn. Denn jetzt war man in Caer Llewelyn gewarnt.
Einen Ssacah-Ableger besaß Sara noch.
Warum sollte sie sich nicht mit Einfacherem begnügen? Es gab ja nicht nur Seine Lordschaft. Es gab ja auch noch das gemeine Volk. Und die Bürgerlichen pflegten sich im besten, weil einzigen Lokal von Cluanie allabendlich zu versammeln. Auch Fremde kehrten da ein, weil Mister Ulluquart auch Zimmer vermietete.
Also stand einem, wenn auch ungewohnten, Kneipenbummel nichts mehr im Wege…
***
Don Cristoferos Arm schmerzte immer mehr. Kopfschüttelnd betrachtete der Mann aus der Vergangenheit die sich ausbreitende Verfärbung der Ader unter der Haut. Er rief nach dem Gnom. Aber der Namenlose kam nicht. Er mußte in den Kellertiefen verschwunden sein, wo ihn niemand hören konnte.
Wenn nun dort unten etwas einstürzte und der Gnom verschüttet wurde? Allein die Vorstellung entsetzte Cristofero. Wer sollte ihm dann helfen und einen Medicus herbeizitieren? Sicher, es gab noch die Regenbogenblumen, mit denen Cristofero Castillo Montego erreichen konnte. Doch irgend etwas in ihm schreckte davor zurück, Zamorra gegenüberzutreten.
Aber weshalb? Es gab doch keinen vernünftigen Grund, sich vor einer Begegnung mit diesem neuzeitlichen Gelehrten zu scheuen, der Gespenster jagte und sich ansonsten einer ignoranten Dreistigkeit befleißigte, die nur noch von der seiner Mätressè, übertroffen wurde. Kein Respekt vor dem Adel! Wo sollte das nur alles hinführen? Kein Wunder, daß die Menschen ständig klagten, früher sei doch alles viel besser gewesen. Recht hatten sie!
Wieder rief Cristofero nach seinem verwachsenen Diener. Weil er im gleichen Moment eine heftige Armbewegung machte und ihn eine Schmerzwelle durchflutete, biß er sich beim Mundschließen auf die Unterlippe. Rechts und links schmerzte es heftig.
»Potzblitz!« entfuhr es Cristofero. »Das ist bald nicht mehr lustig, ist dies nicht!« Mit der Zunge fuhr er sich über die Unterlippe und schmeckte Blut.
Das war doch recht verblüffend. Er konnte sich nicht erinnern, sich früher dermaßen heftig auf die Lippe gebissen zu haben, daß es blutete! Hastig suchte er das Bad auf, wo ein kümmerlicher Spiegel hing. Er warf einen Blick hinein.
Das Spiegelbild war seltsam verschwommen.
»Kann ich nicht mehr richtig sehen?« knurrte Cristofero und wischte mit einem Lappen über das Glas. »Heute habe ich den Alkoholteufel doch noch nicht zum Freund gehabt!«
Das Bild blieb unscharf. Aber es reichte, ihm die beiden Blutstropfen zu zeigen, die rechts und links aus seiner Unterlippe austraten und die ihm gar nicht so richtig schmecken wollten, obgleich irgend etwas in ihm sich nach der warmen Flüssigkeit sehnte. Ein Gefühl, wie er es noch nie empfunden hatte!
Und dann sah er auch noch seine Zähne.
***
Beim zweiten Mal sah der ausgebrannte Wagen auch nicht schöner aus. Als Nicole eintraf,
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