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0503 - Der Stierdämon

0503 - Der Stierdämon

Titel: 0503 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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aber mehr und mehr abklang und nur eine halbe Minute später ganz verschwand.
    Schwarze Magie…?
    Die Reaktion des Amuletts deutete darauf hin. Aber der Tote konnte Zamorra nichts mehr verraten. Es gab nur noch eine andere Möglichkeit: die Zeitschau! Zamorra zögerte keine Sekunde lang. Er zwang sich selbst zur nötigen Ruhe und das Amulett dazu, von ihm in Halbtrance gesteuert, einen Blick in die jüngste Vergangenheit zu werfen.
    Da das Geschehen erst wenige Minuten zurück lag, kostete ihn das Experiment nur wenig Kraft. Der stilisierte Drudenfuß im Zentrum der handtellergroßen Silberscheibe verwandelte sich dabei in eine Art Miniaturbildschirm, ähnlich wie die kleinen LCD-Fernsehschirme japanischer Mini-Geräte, die man wie eine klobige Uhr oder ein Mini-Radio am Handgelenk tragen konnte. Das Bild gab das Geschehen rings um Zamorras Standort in rascher Rückwärts-Folge wieder.
    Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann bewegte sich das Stiermenschenskelett rückwärts in den Sichtbereich. An einem seiner beiden Hörner klebte das Blut seines Opfers. Zamorra ließ das Bild weiter zurückrasen und dann langsam wieder vorwärts kommen. Aus einer anderen Perspektive sah er jetzt den Graugekleideten auf der Mauer, der verstört reagierte, ein Handtelefon fallen ließ und dann von der Skelettgestalt angesprungen wurde. Das Horn durchbohrte ihn blitzschnell, ehe der Mann auch nur an Ausweichen oder Abwehr denken konnte, und beide Gestalten stürzten, auf makaber-tödliche Weise miteinander verbunden, Zamorra praktisch vor die Füße. Das Monstrum befreite sein Horn, ließ den Sterbenden achtlos liegen und schritt davon.
    Zamorra folgte ihm. Für das Opfer konnte er ohnehin nichts mehr tun; dafür war jetzt eine höhere Instanz zuständig.
    Das Skelett, das auch in der Vergangenheitsschau eine deutliche dämonische Aura besaß, bewegte sich recht zügig die Straße abwärts. Zamorra wurde schneller. Während er lief, kam er der gespenstischen Kreatur näher. Auf dem magischen Mini-Bildschirm konnte er sie deshalb nicht überholen, weil das Bild in einer Zamorras Lauftempo angepaßten Zeitraffergeschwindigkeit arbeitete.
    Dreimal paßte er dabei zwangsläufig nicht auf seinen Weg auf, da er sich immer noch in Halbtrance bewegen und dabei zweigleisig denken mußte; jedesmal kam er zu Fall und verlor dabei für Augenblicke das Stiermonster. Aber indem er das Amulett in der Zeit vorwärts und rückwärts gleiten ließ, fand er den Anschluß immer schnell wieder.
    Das Skelett mit dem Stierschädel bewegte sich etwas schneller als die anderen Illusionen des Gnoms. Schon nach kurzer Zeit erreichte Zamorra die Stelle, wo der Schädelstier das Abbild des Parapsychologen erreichte - und mit ihm verschmolz! Im gleichen Moment wurde die Aura deutlicher und das Bild des Skelett-Monstrums schärfer konturiert.
    Bei den anderen Illusionen, die sich nur in recht langsamem Schrittempo dahinschleppten, wiederholte sich der Vorgang. Schließlich war auch die letzte Illusion mit dem skelettierten Minotaurus verschmolzen. Zamorra spürte, daß er dem rätselhaften Geschöpf schon sehr nahe gekommen war. Was würde geschehen, wenn er es einholte?
    Er war sich sicher, daß er selbst nicht in Gefahr war. Das Amulett schützte ihn vor dämonischen Angriffen. Aber trotzdem fühlte Zamorra sich äußerst unbehaglich. Er hatte es mit etwas zu tun, dessen Existenz ihm nicht so recht erklärlich war. Schließlich war das Amulett an seiner Entstehung beteiligt gewesen. Wieso konnte aber ein schwarzmagisches Etwas entstehen?
    Narr, raunte die lautlose Gedankenstimme des Amuletts. Nun kennst du mich schon so viele Jahre — und hast immer noch nichts begriffen?
    Unwillkürlich blieb Zamorra stehen. Seine Versunkenheit schwand; er war wieder voll da. »Was soll das heißen?« stieß er irritiert hervor.
    Doch das Amulett dachte nicht daran, seine Worte zu präzisieren. Es schwieg.
    Zamorra sah nach vorn. Es ging weiter bergab. Er konnte nicht genau sagen, wie weit er sich inzwischen von Llewellyn-Castle entfernt hatte; da er sich auf das Amulett und den Blick in die Vergangenheit konzentriert hatte, hatte er natürlich nicht auf Wegmarkierungen achten können. Von Llewellyn-Castle war nichts mehr zu sehen. Irgendwo weiter unten mußte die Holzbrücke über den Bach sein, dessen Name er bis heute noch nicht wußte. Der Bach führte in den Cluanie-See, die Straße jenseits der Brücke dagegen ins Cluanie-Dorf.
    Zwischen Llewellyn-Castle und Cluanie

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