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0503 - Der Stierdämon

0503 - Der Stierdämon

Titel: 0503 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Händen berührte er seine Schläfen. »Geh endlich von mir«, flüsterte er. »Du bist der Wahnsinn! Der Wahnsinn! Aber ich werde mich dir nicht hingeben!«
    Du willst ins Licht. Und immer wieder vergißt du, daß das dunklere Dunkel heller ist als das dunkle Dunkel. Das Dunkle bewegt sich in deiner Burg, aber das dunklere Dunkel könnte es vertreiben. Hilfe brauchst du, großer Merlin. Ich kann sie dir geben. Und ich werde es notfalls auch gegen deinen Willen tun. Ein spöttisches, gedankliches Gelächter folgte. Und es verpflichtet dich zu nichts. Denn heißt es nicht, daß Merlin sich nicht in Abhängigkeiten begeben darf?
    »Wer bist du?« flüsterte Merlin verstört. »Du nanntest mich deinen Schöpfer?«
    Verwundert es dich? Immerhin warst du es, der die Grundlagen zu meiner Entstehung schuf.
    »Aber wer bist du?« keuchte Merlin.
    Warte ein wenig. Dann werde ich mich dir zeigen, erwiderte die Stimme. Du solltest mich dann erkennen.
    ***
    An der Holzbrücke hatte Zamorra den Stiermenschen immer noch nicht eingeholt.
    Hätte das Amulett nicht ein wenig Licht verstrahlt, er wäre fast blind durch die Gegend gestolpert. Der Himmel hatte sich mit einer durchgehenden schwarzen Wolkenschicht bezogen, die nicht einmal mehr vom Mond durchdrungen werden konnte, und jeden Moment mußte der Regen einsetzen. Es war kühl in dieser Sommernacht im Hochland, ein kalter Wind pfiff über das Gelände. Zamorra ärgerte sich, nicht wenigstens eine Jacke mitgenommen zu haben.
    Funkelte da nicht etwas?
    Er überquerte die Brücke und näherte sich dem seltsamen Gebilde. Es war ein Auto - ein goldenes Auto. Und in dem Auto aus Gold saß ein goldener Mann, der eine goldene Pistole auf eine goldene Frau gerichtet hielt. Und diese Frau war - Nicole Duval…
    ***
    Der Gnom öffnete die Augen. Er war hungrig. Er stellte fest, daß er in einem ihm unbekannten Bett lag, erhob sich und verließ das Zimmer, nicht ohne vorher einen Schluck getrunken und einen Happen der von seinem Gönner aufgetischten Speisen zu sich genommen zu haben. Nebenan fand er das Schwert des Vampirs.
    Er berührte es.
    Und im gleichen Moment war er sicher, daß sein Zauber einen weiteren Erfolg nach sich ziehen würde. Er hatte das untrügliche Gefühl, daß Zamorra dem Schädelmonstrum gefolgt war und damit seinen Goldschatz gefunden hatte. Nun war es an Zamorra, aus der Situation etwas zu machen.
    Der Gnom war glücklich.
    Er hatte in seinem Leben schon so oft Fehlschläge hinnehmen müssen, daß dieser Erfolg für ihn zu einem ganz besonderen Triumph wurde. Er brach zwar fast vor Erschöpfung und Hunger zusammen, aber er war froh und glücklich.
    Er hatte ein Leben gerettet. Und vielleicht noch mehr.
    Er ließ das Schwert des Vampirs los, kehrte in seinen Ruheraum zurück und begann sich den Bauch vollzuschlagen. Die Speisen waren recht süß; das gefiel ihm.
    Zamorra, dieser sehr späte Nachfahre Don Cristoferos, war in seiner Fürsorge doch ein ganz patenter Kerl!
    ***
    Zamorra brauchte fast eine Minute, um das Bild wirklich und in seiner ganzen Tragik zu begreifen. »Also doch«, flüsterte er spröde und erinnerte sich an die Worte des Gnoms, was seinen Goldschatz betraf.
    Der zauberische Unglücksrabe hatte Nicole in eine Goldskulptur verwandelt!
    Und mit ihr das gesamte Auto, den Attentäter - kurzum: alles.
    Gut, vermutlich hatte er damit verhindert, daß sie von dem Kidnapper ermordet wurde. Dafür war sie zu einem kostbaren Kunstwerk erstarrt. War das etwas anderes? So oder so konnte sie nicht mehr leben. Sie war jetzt nur noch Edelmetall!
    Zamorra ließ sich neben ihr in den Fondsitz fallen. Der war metallisch hart; auch das Lederpolster des Sitzes war natürlich zu Gold geworden!
    »Was hast du getan, Kleiner?« flüsterte Zamorra kopfschüttelnd.
    Er berührte Nicoles Goldkörper. Er sprach sie an, begann sie zu rütteln. Aber natürlich gab es keine Reaktion. Wie denn auch? Statuen aus Gold hatten sich noch nie mit Menschen unterhalten können!
    Eine unglaubliche, tiefe Leere breitete sich in Zamorra aus. Nicole war nicht nur seine Sekretärin und Gefährtin in unzähligen Abenteuern gewesen. Sie war mehr. Sie war ein Stück von ihm. Er liebte sie mehr als sich selbst. Und der ungeheure Verlust zerschmetterte ihn förmlich.
    Er dachte nicht mehr an den skelettartigen Stierdämon. Er dachte nicht mehr an Torre Gerret oder an Don Cristofero, der sich möglicherweise eine Blutvergiftung zugezogen hatte und dringend ärztlicher Behandlung bedurfte. Er

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