0504 - Lorna, die Löwenfrau
er mich den Rest der Strecke hinaufziehen konnte.
»Ich war zu spät«, sagte ich leise.
»Es ist meine Schuld«, murmelte Bill. »Ich hätte besser auf sie achtgeben sollen.«
»Vorwürfe helfen uns nicht weiter, Bill. Wir wissen jedenfalls, das derjenige, der auch immer hinter diesen Morden steht, radikal vorgeht und uns auch nicht aus den Augen gelassen hat. Sonst wäre es ihm nicht gelungen, die Frau zu töten.«
»Das stimmt.« Bill senkte den Kopf. »Unsere Spur ist unterbrochen.«
Ich lachte leise. »Nicht ganz, mein Freund, nicht ganz.«
»Weißt du mehr?«
»Ja.«
»Und was?«
Ich schaute ihn an. »Was hältst du eigentlich von Privatkliniken?«
»Ebenso wenig wie von anderen Krankenhäusern.«
»Trotzdem werden wir uns eine ansehen. Und zwar noch in dieser Nacht, Bill…«
***
Suko wurde die Luft knapp. Zudem hockte er in einer verdammt ungünstigen Position auf der Fensterbank. Jeden Moment konnte er kippen, je nach dem, wie Lorna die Peitsche handhabte.
Sie hatte sich wieder verwandelt. Halb Mensch, halb Löwe. Ihr Gesicht besaß den Raubtierausdruck, das Haar war noch dichter geworden und hatte sich zu einer gewaltigen Mähne geformt. Im Schein der Lampe hatte es sogar einen rötlichen Glanz bekommen.
In den Augen funkelte nicht nur die Kälte des Todes, auch die Genugtuung darüber, einen verhaßten Gegner gefangen zu haben.
Sie kannte Suko nicht, spürte, daß er ein Feind war, den es zu töten galt.
Diesen Eindruck von seiner Gegnerin bekam der Inspektor innerhalb einer knappen Zeitspanne. Noch hatte sich Lorna nicht entschieden, deshalb unternahm Suko etwas.
Er wuchtete sich vor. Wenn er eine Chance haben wollte, dann nur im Zimmer.
Der Raum war ziemlich groß. Als Suko auf den Boden prallte, räumte er deshalb auch keine Gegenstände oder Möbelstücke zur Seite. Er blieb zwischen Bett und Schrank liegen und spürte unter sich den weichen Teppichboden.
Die Peitschenschnur war sehr dünn, dafür ungemein zäh. Sie hielt ihn umklammert wie eine Würgeschlinge und hatte sich auch zweimal um seinen Hals gewickelt.
Mit beiden Händen hielt Lorna den Griff umklammert. Sie sah so aus, als wollte sie Suko rücklings über den Boden und quer durch das Zimmer schleifen.
Ihre normalen Hände hatte sie behalten, auch wenn auf den Armen jetzt schon ein dünner Flaum wuchs. Härchen, die sich zum goldfarbenen Fell verdichtet hatten.
Sie lachte wild. Es klang auch ein Fauchen dazwischen, doch als Siegerin konnte sie sich nicht fühlen.
Suko sah nicht mehr viel. Vor seinen Augen tanzten Flecke und Kreise. Er litt unter dem Luftmangel, aber seine Hände schnellten ebenfalls vor, und er bekam die dünne Peitschenschnur zwischen die Finger. Sehr hart wickelte er sie einmal um sein rechtes Gelenk, dann zog er mit einem heftigen Ruck daran, weil er die Frau zu sich heranholen wollte.
Lorna taumelte auf ihn zu. Sie gab nicht auf, klammerte den Griff auch weiterhin fest.
Suko rammte ihr einen Fuß in den Körper.
Damit hatte Lorna nicht gerechnet. Sie war noch in der Vorwärtsbewegung gewesen, als es sie erwischte. Der Stoß nach hinten konnte von ihr nicht ausgeglichen werden.
Der Peitschengriff rutschte aus ihren Händen, und auch Suko überrollte sich. Gleichzeitig hatte er seine Hände um die Schnur gelegt und löste sie vom Hals.
Endlich frei atmen können!
Er saugte die Luft tief ein. Allmählich klärte sich auch sein Blickfeld. Noch immer würgte es ihn im Hals, er spürte auch die Schmerzen auf der Haut, wo die Schnur tiefe Kerben hinterlassen hatte, aber er war frei gekommen.
Am Bett stützte er sich ab, als er auf die Beine kam.
Lorna Delaney stand ebenfalls. Sie starrte Suko aus ihren kalten Raubtieraugen an. Der Blick war böse und tödlich. Sie lauerte auf ihre Chance und stürmte auf Suko zu.
Ihre Bewegungen besaßen etwas raubtierhaftes, sie hatten sich verändert. Da waren die Muskeln stärker geworden. Jeder wirkte wie ein Motor, der durch die Zündung zum Laufen gebracht worden war. Jetzt arbeitete jeder Muskel perfekt, und so war Lorna zu einem regelrechten Kraftpaket geworden.
Sie flog Suko entgegen.
Der Inspektor wollte sie nicht töten, aus diesem Grunde ließ er auch seine Waffe stecken. Als Lorna dicht vor ihm erschien, drehte er sich und rammte sie mit der Schulter.
Sie krachten zusammen.
Lorna brüllte wild. Sie schien Feuer zu versprühen. Sie hatte Suko beißen wollen, doch das Maul klappte zu, ohne etwas zwischen die Zähne bekommen zu haben.
Mit dem
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