0505 - Jagd der Skelette
viel zu wenig dafür. Also mußte ein anderer diesen Job übernehmen. Sam Dios hielt Tendyke für etwas zu naiv, was Rikers Machenschaften anging. Sicher, Rieker war der Experte, der die Firma im Griff hatte. Ihn kurzfristig auszuwechseln, konnte die T.I. in die Katastrophe führen, und das wollte Dios am wenigsten. Aber an Tendykes Stelle hätte er etwas mehr Zeit in der Firma zugebracht, um sich nicht alles aus der Hand nehmen zu lassen. Riekers Position wurde immer fester, er hatte inzuwischen für Dios’ Begriffe schon fast mehr Macht und Einfluß als Tendyke selbst, der Allein-Eigentümer des Mammutkonzerns.
Jetzt aber ging es ihm noch um eine andere Sache: um das Amulett, das der ERHABENE trug.
Sam Dios hatte es in dem kurzen Augenblick der Begegnung wiedererkannt.
Es hatte bis vor nicht allzu langer Zeit noch ihm selbst gehört als eines von dreien. Es war ihm gestohlen worden. Ein »man in Schwarz« hatte im wahrsten Sinne des Wortes dabei seine Hände im Spiel gehabt; einer jener Cyborgs der DYNASTIE DER EWIGEN. Es war eine Sache, an die Sam Dios sich gar nicht gern erinnerte. Eigentlich hatte nämlich er selbst ein weiteres Amulett in seinen Besitz bringen wollen - das des Lucifuge Rofocale. Aber statt dessen war er selbst beraubt worden. Jetzt besaß er nur noch zwei dieser magischen Silberscheiben… [5]
Eysenbeiß also war der Schurke, der ihn bestohlen hatte!
»Warte, Freundchen«, murmelte Dios. »Schätze, du wirst in der nächsten Zeit mächtigen Verdruß bekommen, weil ich dir das gute Stück wieder abjagen werde…«
Der ERHABENE hatte das Bürohochhaus, in dem die T.I.-Zentrale residierte, inzwischen wieder verlassen. Aber für jemanden wie Sam Dios konnte es nicht schwer sein, seine Spur aufzunehmen und ihn zu verfolgen. Jetzt, da er seine Aura wahrgenommen hatte wie ein Jagdhund die Witterung des Wildes, konnte er ihn aufspüren, wo immer auf dem Erdball der Gesuchte sich befand.
Sam Dios hob die rechte Hand und spreizte Daumen, Zeige- und Mittelfinger so, daß ihre Spitzen die Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks ergaben. Er konzentrierte sich auf den ERHABENEN - und sah ihn an seinem jetzigen Aufenthaltsort. Das imaginäre Dreieck zwischen seinen Fingerspitzen wirkte wie eine Art Miniaturbildschirm.
»Da bist du ja«, murmelte Sam Dios. »Dann werde ich hier mal für heute Feierabend machen, und wenn ich morgen überraschend Urlaub nehmen wollte, wird das nicht einmal jemanden wundern… aber du bist jetzt dran, Freundchen!«
Er stampfte auf, murmelte eine uralte Zauberformel, rotierte einmal um seine Längsachse und war aus seinem Büro verschwunden.
Nur ein leichter Schwefelgeruch, den die Klimaanlage rasch absaugte, verriet, daß Sam Dios, der sich auch Sid Amos nannte und früher einmal, ehe er die Seiten gewechselt hatte, Asmodis, Fürst der Finsternis gewesen war, auf seine Art gegangen war…
...und sich jetzt schon in Baton Rouge befand…
***
Roger Brack hatte sich verabschiedet. Yves Cascal sah dem Wagen nur kurz nach. Die Nacht verschluckte ihn bald. Cascal selbst wurde zu einem Schatten unter Schatten. Die Nacht war seine Welt. Und er besaß sein Amulett immer noch; Brack schien einfach vergessen zu haben, es einzustecken!
Eine Stunde später lief ihm die gütige Fee in Gestalt dreier japanischer Touristen über den Weg, die sich von ihrer Reisegruppe abgesondert hatten, um das Nachtleben der Hauptstadt von Louisiana auf eigene Faust kennenzulernen und Abenteuer zu erleben. Ombre, der Schatten, bewahrte sie vor einem Fiasko. Nur eine Kreuzung weiter warteten bereits ein paar Männer auf ihre Chance, nachdem sie die Japaner bereits einige Zeit beobachtet hatten - ohne zu bemerken, daß Ombre seinerseits sie beobachtete.
Sie sprachen ein geradezu phänomenal schlechtes Amerikanisch, hatten Mühe, Ombres vom Cajun-Dialekt gefärbte Worte zu verstehen, begriffen dann aber doch schnell, daß er sich ihnen als Fremdenführer anbot und sie von einer Attraktion zur anderen führen wollte. Daß sie überfallen werden sollten, bekamen die drei Arglosen überhaupt nicht mit, die bei jeder Gelegenheit die Blitzlichter ihrer Kameras aufflammen ließen und sich so klischeehaft aufführten, daß es fast schon wieder unglaubhaft war. Einmal wurde es Ombre etwas mulmig, als der Kleinste der drei eher zufällig eine der Zuhältergrößen aufs Zelluloid bannte, ausgerechnet in einer Situation, die für den Mann recht belastend werden konnte, der nach außen ein höchst seriöser
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