0505 - Jagd der Skelette
hatten, um für etwa ein Jahr völlig in der Versenkung zu verschwinden und Ruhe zu haben.
Damals hatte Sid Amos erfahren, daß Ombre über ein Amulett und eine recht kratzbürstig-wehrhafte Schwester verfügte. Die hatte es mit einfachsten Hausmittelchen fertiggebracht, selbst einem Sid Amos und seiner Magie zu trotzen. Dabei hielt sie selbst gar nicht viel von Zauberei, sondern betrachtete die Sache schon recht nüchtern.
Amos schüttelte bedächtig den Kopf. Es würde Eysenbeiß schwerfallen, an ausgerechnet dieses Amulett heranzukommen. Ombre war ein gerissener Fuchs, der tausend Tricks aus der großen Kiste holen konnte. Und er hatte einen starken Verbündeten: Professor Zamorra. Wenn der erfuhr, daß jemand Ombre an den Kragen ging, würde er alles daran setzen, dem farbigen Amuletträge zu helfen.
Amos grinste.
Eysenbeiß stand auf ziemlich verlorenem Posten, wenn er sich wirklich Ombres Zauberscheibe aneigenen wollte…
***
Angelique spürte, daß etwas nicht stimmte. Von einem Moment zum anderen war sie wach. Sie warf einen kurzen Blick auf die Leuchtanzeige der Uhr; draußen begann es jetzt allmählich hell zu werden. Die hübsche Kreolin unterdrückte eine Verwünschung. Sie hatte gerade mal drei Stunden geschlafen. Bis lange nach Mitternacht hatte sie in Sams Pub als Bedienung gearbeitet. Die Stromrechnung stand ins Haus, und das Geld reichte wieder mal nicht; Yves hatte in den letzten Tagen weniger Erfolg gehabt als sonst. In solchen Fällen, oder auch nur, um mal ein paar Dollars extra zu haben für neue Kleider, arbeitete sie bei Sam. Yves sah das zwar nicht sonderlich gern, aber bislang hatte sich Angelique durchkämpfen können, und Sam war auch ein Mann, der seinen Mädchen nicht jeden zahlenden Gast ins Bett warf. Prostitution gab es in seinem Laden nicht. Wenn Gast und Bedienung sich privat sympathisch fanden, sollten sie das auf die Zeit nach Feierabend verlegen, war seine Devise. Damit war er immer gut gefahren und hatte deshalb auch selten mal die Polizei im Haus. Daß in seinem Lokal mehr oder weniger regelmäßig Striptease-Shows stattfanden, war eine andere Sache und gehörte in dieser Gegend von Baton Rouge einfach zum Standard. Da krähte kein Hahn hinterher. Und Angelique dachte auch nicht im Traum daran, sich jemals als Stripperin zu verkaufen, obgleich sie im Laufe der letzten Jahre zu einem teuflisch hübschen Girl herangereift war.
Wenn sie bei Sam aushalf, blieb sie brav hinter der Theke, die ihr Sicherheit vor grabschenden Fingern angetrunkener Lustgreise bot. Wurde es gar zu bunt, ließ Sam die Kelle kreisen. Er konnte es sich leisten, auch mal einen Gast in parabolischer Flugbahn hinauszubitten, und ohne draußen Auffangspolster auf dem Gehsteig drapiert zu haben. Das Geschäft lief trotzdem.
Und Angelique konnte auf diese Weise so manchen ehrlichen Dollar nebenbei verdienen, wenn ihr großer Bruder mal eine Pechsträhne hatte. Daß ihm in dieser Nacht Fortunas Füllhorn über dem Kopf ausgeschüttet worden war, hatte ja niemand ahnen können.
Angelique lauschte in die Dunkelheit. Da war nichts. Trotzdem war sie sicher, daß etwas nicht in Ordnung war. So etwas spürte sie. Ohne Licht zu machen, stieg sie aus dem Bett und in T-Shirt und Shorts. Lautlos huschte sie zur Tür ihres kleinen Zimmers.
Im Mini-Flur war alles dunkel.
Vorsichtig öffnete Angelique ihre Tür einen winzigen Spalt breit. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß ein Einbrecher in der kleinen Kellerwohnung am Werk war. Auch der letzte Mohikaner wußte, daß es hier nichts zu holen gab.
Langsam schloß sie die Tür wieder. Es war Unsinn. Niemand war hier. Wahrscheinlich hatte sie nur schlecht geträumt, das war alles. Kein Wunder nach dem hektischen Betrieb in dieser Nacht. Vielleicht hatte sie Yves gehört, der vermutlich inzwichen wieder zu Hause war. Sie wandte sich um, wollte zurück zum Bett gehen und versuchen, wieder einzuschlafen.
Seltsamerweise schwand das Gefühl, etwas Fremdes befinde sich in der Nähe, nicht. Angelique schüttelte den Kopf. Na schön, sie würde also in jedes Zimmer schauen. Da konnte sie auch gleich einen Zettel für Yves auf den Tisch legen und ihn vorwarnen, daß sie heute möglicherweise später aufwachen würde als er und daß deshalb der Frühstückskaffee, für gewöhnlich am späten Nachmittag eingenommen, auf sich warten lassen würde.
Sie fuhr wieder herum, zog die Tür ganz auf und tastete nach dem Lichtschalter auf dem winzigen Flur, der im Grunde nur aus
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