0506 - Die Spur der Ratte

des Amuletts in seinem Bewußtsein. Instinktiv beugte er sich etwas vor, als habe er es mit einem tatsächlichen Gesprächspartner zu tun. »Und wie sieht die richtige aus?« fragte er.
    Aber das Amulett antwortete nicht. Es beschränkte sich wieder einmal auf seine orakelhafte Andeutung.
    Nicoles fragender Blick verriet Zamorra, daß sie die Stimme nicht wahrgenommen hatte. Manchmal ließ Merlins Stern sie »mithören«, manchmal -so wie jetzt - nicht. Wovon das abhängig war, war noch ungeklärt.
    Zamorra informierte seine Gefährtin. »Falsche Spur«, murmelte sie. »Also können wir alles, was wir uns bis jetzt zum Thema Ratte vorgestellt haben, über Bord werfen…? Es fällt mir schwer. Sag mal, könnte es nicht auch mal Vorkommen, daß das Amulett sich vergaloppiert?«
    Närrin! Ich verschwende mich nicht an gedankliche Sackgassen!
    Diesmal hatten sie es beide mitbekommen. »Ganz schön von sich eingenommen, der Blechdeckel«, stellte Nicole trocken fest. »Du solltest das Amulett öfters von mir tragen lassen als bisher, cheri. Vielleicht kann ich es dadurch noch retten. Sonst nimmt es noch schlimmere männliche Charaktereigenschaften an.«
    »Danke«, bemerkte Zamorra launig.
    »Wofür?«
    »Daß du uns Männer wenigstens Charaktere igenschafsten zugestehst.«
    »Das ist die Toleranz der Frauen. Na schön, worauf sollten wir unser Augenmerk also richten? Hast du da eine Idee? Vielleicht hat ja auch monsieur amulette eine mehr oder weniger gute Idee.«
    Raffael Bois, der die ganze Zeit über abwartend und höchst unauffällig im Hintergrund gestanden hatte, räusperte sich jetzt und nutzte die entstehende Sprechpause.
    »Verzeihen Sie, aber da war vorhin ein Anruf aus Lyon. Ein gewisser Chefinspektor Robin bittet um Ihren Rückruf. Es sei sehr dringend, und Sie möchten seine Privatnummer benutzen.«
    »Robin?« stieß Zamorra hervor. »Na, das ist ja mal eine Überraschung. Was will denn der alte Knabe von uns?«
    ***
    Zwei Stunden später saßen sie sich in einem noblen Restaurant Lyons gegenüber, in dem Pierre Robin in seinem recht legeren Räuberzivil fast unangenehm auffiel. Aber er war der Ansicht gewesen, dieses ambiente der »Reputation eines Professors« schuldig zu sein; also hatte er den Tisch hier reservieren lassen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Zwar kochte Paul Bocuse ein paar Haustüren weiter aber der Küchenchef dieser Lokalität schien sein Lieblingsschüler zu sein Das Abendessen war ein Hochgenuß Robin zeigte sich als Spesenritter übelster Art, der die Kosten der Einladung eiskalt der Präfektur in Rechnung stellen ließ. »Ob man Ihnen das abnimmt, daß Ihr hochkarätiger Informant absolut nicht an einem Schnellimbiß abgefüttert werden konnte?« gab Nicole zu bedenken.
    »Dazu fällt mir schon was ein«, brummte Robin. »Hoffentlich belästige ich Sie nicht zu sehr; Sie sehen beide ziemlich erschöpft aus. Aber ich benötige Ihre Hilfe. Ich habe da ein Problem mit einer seltsamen Leiche. Sag Ihnen der Begriff ›Cyborg‹ etwas?«
    Zamorra und Nicole, die sich vom geduldig im Auto wartenden Raffael nach Lyon hatten fahren lassen, weil der alte Diener von ihnen allen momentan noch am fittesten war, sahen sich an. »Meegh-Sklaven«, entfuhr es Nicole. »MIB’s«, bemerkte Zamorra noch knapper.
    Robin spitzte die Ohren.
    »Meegh-Sklaven gibt es nicht mehr, weil es Meeghs nicht mehr gibt«, korri gierte Nicole sich sofort. »Ist mir so rausgerutscht… wegen des Silber -mond-Zeitparadoxons. Die MIB’s dürften da aktueller sein.« [4]
    »Was bedeutet diese Abkürzung?« fragte Robin.
    » M en I n B lack«, sagte Zamorra.
    »Diese ›Männer in Schwarz‹, die vorwiegend ihrer Kleidung wegen so genannt werden, sind recht seltsame Geschöpfe, die hier und da durch die menschliche Geschichte geistern, vorwiegend im Umfeld von UFO-Sichtungen auftauchen und sich dabei nicht gerade menschenfreundlich verhalten, und nach Recherchen des österreichischen Fachjournalisten und Schriftstellers Peter Krassa auch mit dem Mord an John F. Kennedy zu tun haben könnten. Wir«, er nickte Nicole zu, »wissen mittlerweile, was es mit diesen ›Männern in Schwarz‹ auf sich hat.«
    »›Frauen in Schwarz‹ gibt es interessanterweise nicht«, warf Nicole ein. »Obgleich es relativ einfach sein müßte, sie zu produzieren. Immerhin hat’s aus dieser Produktionsreihe sogar schon Zwerge gegeben, die sich in Laurins Zauberreich tummelten.« [5]
    »Was mir immer noch herzlich wenig sagt«, brummte