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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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vorsichtig den Gang entlang, bevor er antwortete. »Gewehrfeuer ist nicht so schlimm, aber ermordet zu werden ist entsetzlich. Der Kapitän denkt ebenso wie ich.«
    »Wer ist ermordet worden?«
    Der Mann antwortete nicht sogleich, sondern entfernte sich hastig und kam erst nach einer halben Stunde wieder.
    »Ich habe gehört, wie der wachhabende Offizier herunterkam. Er sagte, daß der Verrückte umgebracht worden ist, der gestern mit der jungen Dame an Bord kam.«
    »Narth?« flüsterte Clifford erschrocken.
    Der Mann nickte.
    »Ja. Er hatte Streit mit Fing Su, und der Chinese hat ihm mit einer Flasche den Schädel eingeschlagen. Die Kulis haben ihn über Bord geworfen - gerade nachdem ich Ihnen das Essen gebracht hatte.«
    Er spähte wieder umher, und dann raunte er:
    »Der Kapitän und zwei Mann der Besatzung werden ein Rettungsboot aussetzen - etwa um vier Uhr. Sie müssen an einem Tau ins Boot hinunterklettern. Wird die junge Dame dazu imstande sein?«
    »Ja, ganz sicher«, nickte Clifford, und die Tür schloß sich.
    Lynne konnte sich vorstellen, was vorging. Seit Fing Su seine verrückten Kaiserträume hatte, war er immer von erfahrenen Ratgebern unterstützt worden. Leggat war auf seine Weise nicht dumm, und Spedwell war in Dingen, die sein Fach betrafen, unübertrefflich. Beide waren vorsichtige Männer, vor deren Urteil der chinesische Millionär großen Respekt hatte. Aber jetzt ließ Fing Su seiner Phantasie die Zügel schießen und richtete sich nur noch nach seinen eigenen wirren Ideen.
    Die Wartezeit dehnte sich ins Endlose. Die Eingeschlossenen wagten nicht zu sprechen aus Furcht, das Signal zu überhören oder von dem Überfall überrascht zu werden, vor dem der Zahlmeister sie gewarnt hatte. Die Zeiger der Uhr rückten so langsam vorwärts, daß Clifford schon dachte, sie sei stehengeblieben.
    Drei Uhr war vorbei - da klopfte es leise an die Tür, und sie drehte sich in ihren Angeln. Der Zahlmeister in schweren Wasserstiefeln und mit umgeschnalltem Revolver winkte ihnen zu kommen. Clifford folgte und nahm Joan bei der Hand, Joe Bray und Willing bildeten die Nachhut.
    Sie mußten an der erleuchteten Küche vorbei, und ihr Führer legte den Finger an die Lippen. Joan konnte den breiten Rücken des chinesischen Kochs sehen, der sich über einen dampfenden Topf beugte. Aber sie kamen sicher durch.
    Zwei eiserne Türen an der Reling waren geöffnet. Über den Rand des Decks spannte sich ein straffes Tau, das unten an einem großen gedeckten Boot von drei vermummten Männern festgehalten wurde. Clifford flüsterte Joan ins Ohr:
    »Laß dich langsam herunter!«
    Der Zahlmeister legte eine dünne Leine um Joans Taille, band sie fest und wisperte: »Verlieren Sie keine Zeit... Ich habe vorhin einen Funkspruch bekommen.« Aber er erklärte nicht weiter, was diese Nachricht mit ihrer Flucht zu tun hatte.
    Langsam glitt Joan an dem rauhen Tau, das ihre Finger wundrieb, hinab. Das Boot schien mit einer unglaublichen Geschwindigkeit dahinzurasen, obwohl es sich nicht schneller vorwärtsbewegte als der Dampfer. Einer der Männer zog sie in das Boot, dann folgten die anderen, Joe Bray mit jugendlicher Beweglichkeit. Der Zahlmeister war der letzte, der von Bord ging und hastig in das Boot kletterte.
    »Macht klar!« befahl eine grobe Stimme.
    Der Zahlmeister nahm eine Axt vom Boden und kappte mit einem Hieb das Tau. Gleich darauf wurden sie im Kielwasser des Schiffes hin und her geworfen. Es fehlte nicht viel, daß das Boot umschlug, denn die eisernen Wände der ›Umveli‹ streiften die Rudergabeln. Als sie endlich vom Schiff abgekommen waren, hörten sie einen wütenden Schrei. Ein Scheinwerfer leuchtete von der Brücke auf. Trotz des gurgelnden Wassers und des Geräusches der Schiffsschraube hörten sie deutlich einen schrillen Pfiff. Die ›Umveli‹ beschrieb einen großen Kreis.
    »Sie haben uns entdeckt!« stieß Clifford hervor.
    Der Zahlmeister grinste vor Angst, starrte zurück auf das wendende Schiff und grunzte etwas. Dann sprang er zur Bootsmitte und half einem der Matrosen, den Mast aufzurichten. Der Kapitän zog verzweifelt das Segel hoch. Ein frischer Nordwest blies scharf, und im nächsten Augenblick lag das Boot in voller Fahrt vor dem Wind. Aber wie konnten sie hoffen, einem Dampfer zu entrinnen, der fünfzehn Knoten in der Stunde machte? Die Schiffssirenen heulten, der Dampfer hatte die Verfolgung aufgenommen. Von der Kommandobrücke kam das Aufblitzen einer Signallampe, und der Kapitän

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