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0511 - Fenster der Angst

0511 - Fenster der Angst

Titel: 0511 - Fenster der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Auf der einen Wange sah ich auch die dunklen Rinnsale aus Blut. War es tatsächlich ein normales Gesicht, oder bestand es nur aus dem es umgebenden Nebelschleiern.
    Ich hatte viel Unheimliches und auch den direkten, kalten Horror erlebt, dieser Anblick aber jagte mir einen Schauer über den Rücken, obwohl eigentlich nichts geschah.
    Nur das Gesicht stand dort und schaute durch das Fenster in die Kirche, als wollte es ebenfalls dabei sein.
    Ich hielt den Atem an, schluckte das Kratzen im Hals herunter und bewegte mich auf möglichst leisen Schritten vor, was nicht so einfach war, denn dicht neben der Mauer war ein schmaler Streifen mit feinen, hellen Steinen bestreut.
    Das Gesicht blieb noch. Es war in den Nebel hineingetaucht und bildete mit ihm eine Symbiose.
    Noch ein weiterer Schritt…
    Ich wollte mich unter das Gesicht stellen. Vielleicht konnte es ich
    …Es bewegte sich.
    Eine hastige Drehung. Völlig lautlos, dennoch erschreckte sie mich. Ich blieb stehen, schaute hoch und sah das Gesicht direkt über mir schweben und auf mich herabschauen.
    Nichts mehr von Trauer las ich in den blutigen Augen. Auch die Haut war nicht glatt. Das Gesicht hatte sich innerhalb der letzten Sekunden verzerrt.
    Die blonden, wallenden Haare umgaben nur mehr eine Fratze, in der die blassen, breiten Lippen haßerfüllt verzogen waren, als wollten sie mir zeigen, was sie von mir hielten.
    Diese Erscheinung gehörte meiner Ansicht nach ins Reich der Toten oder war aus dem Jenseits gekommen. Möglicherweise konnte ich sie mit meinem Kreuz bannen.
    Es waren nur wenige Schritte, die ich brauchte, um das Gesicht zu erreichen. Auch das Kreuz konnte ich auf dieser Strecke hervorholen, zu einem Einsatz kam es nicht.
    Das Fauchen bildete ich mir wahrscheinlich ein. Aber den Nebelwirbel, der das Gesicht erfaßte, nicht. Das Gesicht sah aus, als würde es vor meinen Augen auseinandergerissen. Die Nebelstreifen spalteten es wie ein Messer. In verschiedenen Richtungen jagten die Schleier davon, sammelten sich an der Frontseite der Kirche wieder, um noch einmal das Gesicht entstehen zu lassen, dann aber verschwand es endgültig.
    Ich war in der Zwischenzeit nicht faul geblieben und hatte mich an die Verfolgung gemacht. Als ich die andere Ecke der Kirche erreichte, war nichts mehr von dieser Erscheinung zu sehen. Möglicherweise noch ein Rest, der aber schwebte bleich und geisterhaft über den Gräbern des kleinen Friedhofs.
    Dann war auch er verschwunden.
    Ich blieb stehen und atmete tief die feuchte Luft ein. Ob auf meiner Stirn Nässe oder Schweiß lag, war nicht genau festzustellen. Jedenfalls hatte mich dieser Vorgang mitgenommen und mich gleichzeitig in meinem Verdacht bestätigt, daß möglicherweise bei Ken Brights Tod nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war.
    Hatte er etwas mit dieser Gestalt zu tun gehabt? Stand sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Ableben? Hatte sich unser Kollege möglicherweise so sehr erschreckt, daß ihn der Herztod erreichte?
    Auch ich erschreckte mich, als Suko mich ansprach. Ich hatte ihn nicht kommen hören.
    »John, was war los?«
    Ich schaute ihn nachdenklich und auch irgendwie starr an, als ich mich gedreht hatte. »Was los war?« murmelte ich und lächelte knapp. »Ich habe einen Geist gesehen. Ein Gesicht, das blutige Tränen weinte.«
    »Wo?«
    »Hinter einem Kirchenfenster, als ich in der Bank saß.« Ich deutete auf die von Nebelschlieren umwehte Mauer. »Genau dort konnte ich es sehen. Es war unwahrscheinlich, nicht zu fassen.«
    Suko hob die Schultern. »Wo ist es jetzt?«
    »Zum Friedhof und verschwunden. Es ist dort mit dem Nebel integriert. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
    »War es groß oder klein…?«
    »Übergroß. Vielleicht die drei- oder vierfache Größe eines normalen Gesichts. Es nahm die gesamte Breite des Fensters ein. Ein Spuk, dessen Erscheinen ich nicht begreife.«
    »Ausgerechnet bei Kens Beerdigung.«
    »Eben, Suko.«
    »Du siehst Zusammenhänge?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Nein, ich sehe noch keine, gehe aber davon aus, daß es welche geben könnte. Möglicherweise ist es beim Tod unseres Kollegen nicht mit rechten Dingen zugegangen.«
    Suko starrte mich an. »Schwarze Magie?«
    »Alles ist möglich.«
    »Davon hätte uns Ken bestimmt in Kenntnis gesetzt, John.«
    »Wer weiß denn, ob er noch dazu gekommen ist. Vielleicht ist er nach Rippon gefahren, um gewissen Spuren nachzugehen und uns anschließend Bescheid zu geben. Jeder Kollege hat doch seinen eigenen

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