0513 - Sandra und die Mördermaske
eventuell auch mit der Maske und deren Suche nach einem Körper in einem Zusammenhang stand.
Ihr Singen war geblieben. Die Laute, Töne und auch Melodien erfüllten das gesamte barackenähnliche Gebäude. Sie waren relativ laut, weil sie als Echos von den Wänden zurückgeworfen wurden.
Noch sahen wir nur das Licht, aus dem dieser ungewöhnliche Gesang hervordrang. Ein Licht, das nicht unbedingt hell und auch nicht dunkel war. Eine Mischung aus beidem.
Mehr grau als silberfarben, trotzdem zu erkennen.
»Mir ist unheimlich!« flüsterte Sandra. »Es geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Da will uns jemand einen Streich spielen, nicht?«
»Nein!« erwiderte Suko.
Ich hätte auch lieber gehabt, daß mir jemand einen Streich spielte.
Es kam leider anders und wurde noch unheimlicher.
Uns umgab der Gesang wie in einer gefüllten Kirche. Er brauste gegen unsere Ohren. Ich versuchte, Worte zu hören, was mir nicht gelang. Aber ich fand heraus, daß die Gesänge in lateinischer Sprache abgegeben wurden, was wiederum typisch für die Existenz der Mönche war.
In das Licht geriet Bewegung. Klänge und Helligkeit wurden umgesetzt. Es fand so etwas wie ein Materiewandel statt.
Das Licht trennte sich.
Verschiedene Gestalten kristallisierten sich hervor – Menschen!
Nein, es waren Geister. Feinstoffliche Wesen, die mehr über den Boden schwebten, als daß sie ihn berührten.
Kuttenträger – Mönche…
Drei, vier erschienen, drehten uns ihre Gesichter zu, die nur mehr aus einem Zittern und Flimmern bestanden, wobei sie trotzdem gut zu unterscheiden waren.
Ich atmete scharf aus, weil hinter den ersten Mönchen noch andere Gestalten erschienen.
Zwei von ihnen bewegten sich so ungewöhnlich, als wären sie mit einem dritten beschäftigt.
Sie drängten sich auch vor, und meine Augen weiteten sich ebenso wie die meines Freundes.
In der Tat umfaßten die beiden Mönche eine dritte Person.
Es war unser Freund Bill!
***
»Kneif mich mal«, sagte Suko, »oder sag mir, daß ich bald eine Brille brauche.«
»Die brauchst du wohl nicht. Es ist tatsächlich Bill.«
»Ist er tot?«
»Keine Ahnung.« Die beiden Worte drangen nur dumpf über meine Lippen. Wir gingen etwas vor, weil ich Bill besser erkennen wollte. Suko blieb an meiner Seite, nur Sandra ließen wir zurück.
Bill Conolly sah im Prinzip so aus wie die anderen. Auch sein Körper hatte sich so gut wie aufgelöst. Er war feinstofflich geworden, er zitterte, er schwebte, und doch war es für uns genau zu erkennen, wen wir vor uns hatten.
Sah er uns?
Ich traute mich nicht, ihn anzusprechen. Möglicherweise hätte ich dadurch die Magie des Augenblicks zerstört. Die Geister der Mönche waren ja nicht ohne Grund erschienen. Sie mußten eine bestimmte Aufgabe haben, sonst hätten sie nicht die Tiefe des Kellers oder irgendwelcher Kavernen verlassen.
Aber welche!
Noch taten sie nichts. Ihr Gesang war leiser geworden. Ich konzentrierte mich auf das flimmernde Gesicht meines Freundes, ohne allerdings erkennen zu können, ob er ebenfalls mitsang. Die Mönche hielten ihn nur umfangen, als wollten sie sichergehen, daß er ihnen nicht entwischte.
»Willst du es nicht mit deinem Kreuz versuchen?« fragte Suko mich.
»Nein, noch nicht. Ich möchte warten.«
»Dann kann es zu spät sein.«
»Soll ich die Formel rufen? Die Silbermaske ist noch nicht vorhanden. Sie ist doch der Grund.«
»Ja, bestimmt.«
Es mußten jetzt ungefähr zehn Mönche sein, die sich um Bill Conolly herum aufhielten.
Gespannt warteten wir ab.
Sie taten unserem Freund nichts. Sie hatten ihn nur in die Mitte genommen und eingekreist. Ihre Körper berührten sich, dabei schienen sie zu zerfließen und ineinander überzugehen.
»Das sieht mir eher nach einer Prozession aus«, meinte Suko.
Der Ansicht war ich auch. Sollte es eine solche sein, mußte sie zu irgendeinem Ziel führen.
Vielleicht zur Maske?
Der Gesang war verstummt. Wir hatten kaum darauf achten können, weil uns das Bild einfach zu sehr gefangen nahm. Die Stille wirkte im ersten Moment noch befremdender.
In ihr klangen die Atemzüge der Sandra Wieran ungewöhnlich laut und auch die kaum unterdrückten, stickigen Rufe.
Ich wirbelte herum, Suko ebenfalls.
Wir sahen Sandra, wie sie steif dastand und den rechten Arm ausgestreckt hielt. Der Zeigefinger deutete dabei auf die Leiche ihres Bruders, die am Boden lag.
War es noch eine Leiche?
Sandra mußte sich ungemein erschreckt haben, denn der Tote bewegte sich. Er zog die Beine
Weitere Kostenlose Bücher