0513 - Sandra und die Mördermaske
an, um aufzustehen…
***
»Es ist also passiert?« fragte der Abt. Seine Stimme klang müde. Er wollte den vor ihm sitzenden Mönch in der dunkelbraunen Kutte kaum in die Augen sehen.
»Ja«, erwiderte Father Ignatius. »Es ist passiert. Und ich sage dir, Bruder, einmal hat es so kommen müssen.«
»Es war unsere Schuld. Wir haben die Schlange an unserem Busen genährt und nicht überblickt, daß sich das Böse der Seele des Bruders bemächtigt hat.«
»Deshalb müssen wir etwas unternehmen.«
Der Abt schaute Father Ignatius wissend lächelnd an. »Wie ich dich kenne, Bruder, hast du schon einen Plan.«
»Ja.«
»Müßte ich meine Zustimmung geben?«
»So sieht es die Regel vor.«
Der Abt lehnte sich zurück. Er saß auf einem schlichten Holzstuhl.
Alles war schlicht im Kloster St. Patrick. Die Mönche verzichteten auf jeglichen Luxus, deshalb ging es ihnen auch so gut.
»Gesetzt den Fall, ich würde sie dir verweigern, Bruder?«
Father Ignatius verzog die Lippen und legte seine Handflächen gegeneinander. »Ich würde trotzdem gehen. Das ist meine Aufgabe…«
»Eine deiner Aufgaben. Vergiß nicht, aus welchen Motiven du tatsächlich hier bist.«
»Es hat sich viel verändert, seit ich John Sinclair kennengelernt und mit dem Bösen direkt konfrontiert wurde.«
»Das stimmt. Du bist derjenige, der ihm die Kugeln dreht und sie auch weiht. Du hast dich weit vorgewagt. Wir haben das Kloster bisher gegen die Mächte des Bösen verteidigen können, ich denke da nicht zuletzt an die Horror-Reiter. Der Weg wurde eingeschritten, wir müssen ihn bis zu seinem Ende gehen. Was hast du also vor?«
»Lumluine Abbey besuchen.«
»Die verfluchte Stätte!«
»So ist es.«
»Und du weißt, daß es uns nicht erlaubt ist, das Kloster zu betreten. Keiner ist stark genug, um dem zu trotzen, was in seinen Mauern haust. Es ist das kalte Grauen, der Gruß aus den finstersten Tiefen der Hölle. Diejenigen, die es versuchten, kehrten nicht zurück und waren für uns verloren.«
»Jetzt aber wird John Sinclair dort sein.«
»Du hast ihm den Weg geebnet?«
»Ja und nein. Er verfolgte die Spur bereits. Ich kann ihn aber nicht allein lassen. Er weiß nicht, was auf ihn zukommt.«
»Du hast ihn nicht gewarnt?«
»Warst du nicht anwesend, als wir telefonierten?«
»Ich hörte nicht zu. Bruder.«
Das glaubte Ignatius dem Abt zwar nicht so recht, er wollte darüber nicht weiter diskutieren.
»Ich müßte dann gehen, Bruder!«
»Allein?«
»Ja. Ich werde etwas Proviant mitnehmen und den Weg über die Berge gehen. Es ist wunderbar, mal allein sein zu können.«
»Hast du hier nicht deine Ruhe?«
»Das ist etwas anderes.«
Der Abt war noch nicht fertig. »Und was wirst du unternehmen, wenn du die verfluchte Stätte erreicht hast?«
»Vielleicht finde ich Wieran.«
»Er wird nicht mehr so sein wie früher«, sagte der Abt. »Er wird dich sehen und hassen. Er wird versuchen, dich zu töten und der Hölle Opfer zu bringen. Seit die Mönche den falschen Weg gegangen sind und das verfluchte Zeichen angebetet haben, da wußten sie, was die Macht des Bösen ist. Und diese Macht hast du gefestigt.«
»Ich werde sie brechen können.«
»Du mußt sehr stark sein!«
»Das bin ich mit John Sinclair zusammen. Er hat Blut geleckt, wenn mir der Vergleich gestattet ist. John Sinclair wird sich schon längst auf den Weg gemacht haben.«
»Dann wirst du ihm alles erklären müssen.«
»Das bleibt nicht aus.«
»Wir hatten versprochen, über dieses dunkle Kapitel nicht zu reden, Bruder.«
»Man darf nicht alles unter den Tisch kehren!« widersprach Father Ignatius. »Denke nur daran, was in diesen Mauern schon alles vorgefallen ist. Denk daran.«
»Ich weiß«, erwiderte der Abt stöhnend. »Ich weiß es leider zu genau, mein Freund.«
»Wir müssen uns auch dem anderen Problem stellen.«
»Du, Bruder, ich nicht.«
»Dann werde ich jetzt gehen.«
»Ich kann dich nicht halten. Vielleicht mußt du das auch für uns alle tun. Die Wege des Herrn sind verschlungen, aber er wird uns zum Ziel führen. Jeden einzelnen von uns, irgendwann…«
Father Ignatius erhob sich. »Ich danke dir, Bruder. Wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich.«
»Hoffentlich«, sagte der Abt leise. Diese Worte sprach er, als Father Ignatius die Tür hinter sich geschlossen hatte und durch den Gang zu seiner Zelle lief.
Im Kloster herrschte bereits Nachtruhe. Die Mönche schliefen früh, denn sie standen schon um fünf Uhr am Morgen auf, um in die
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