0513 - Sandra und die Mördermaske
außer Hörweite der jungen Frau waren. »Traust du ihr, traust du ihr nicht?«
»Ich tippe eher auf das erste.«
»Also trauen?«
»So ist es.«
Er rutschte ein Stück vor. »Sie hat außergewöhnlich viel Mut bewiesen. Vielleicht weiß sie mehr, als sie zugegeben hat.«
»Das werden wir sehen.«
Schon bald hatten wir die Sicht auf Sandra verloren. Wir stiefelten durch den Wald. Unsere Füße versanken im dicken Laubteppich. Es machte uns wirklich keinen Spaß, mit einem Toten den Rückweg anzutreten, doch eine Wahl blieb uns nicht.
Suko öffnete die Ladeklappe des Wagens. »Am besten ist es, wenn wir ihn in der Decke lassen, auch für den Transport.«
»Einverstanden.«
Suko zerrte den Toten aus dem Wagen. Er war kalt und steif. Die Haut zeigte bereits die ersten Stockflecken der Verwesung. Sie roch auch schon.
Ich knotete die Decke oberhalb des Toten zusammen. So konnten wir ihn besser transportieren.
Suko entschied sich dafür, die Leiche an den Schultern zu fassen.
Ich nahm die Füße, und so machten wir uns auf den Rückweg, wo Sandra an dem Ort auf uns wartete, wo wir sie verlassen hatten. Als sie ihren Bruder sah, begann sie zu schlucken und wandte sich schnell ab. Sie schaute hoch zum Kloster. »Hier ist nichts geschehen«, erklärte sie mit leiser Stimme. »Alles ist normal.«
»Okay, dann wollen wir gehen.«
Ich hatte das so locker dahingesagt. Bald aber verging mir die Lässigkeit, denn ich kam ins Schwitzen. Die Leiche war schwer, der Weg steil, und der Tote schien immer mehr an Gewicht zuzunehmen. Wir mußten über Felsen klettern, gingen auch ein Stück die Rinne hinauf, wobei sich die in ihr liegenden Steine als rutschig erwiesen. Zudem wäre uns der Tote fast noch aus der Decke geglitten, die wir erneut zusammenknoteten und dabei eine Pause einlegten.
»Hoffentlich hat die Maske nicht gelogen«, sagte ich schwer atmend zu Sandra.
»Wie meinen Sie das?«
»Nun ja, ich nehme an, daß sie mit dem Toten noch etwas vorhat. Wir sind ja auch nicht ohne Grund hier. Wir hörten, daß die Maske ihren Körper sucht. Können Sie, Sandra, mit dieser Bemerkung etwas anfangen?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Dann ist es gut.«
Suko deutete zum Himmel. »Laß uns weitergehen. Es kann nicht mehr weit sein. Außerdem habe ich das Gefühl, bald patschnaß zu werden. Wenn die Wolken ihr Wasser ausschütten, sieht es böse aus. Dann verwandelt sich der Hang in eine seifige Bahn.«
Wir hoben den Toten wieder an. Sandra wollte uns helfen, das lehnten wir ab.
Das Kloster oder die Reste davon mußten sich in mittelbarer Nähe befinden. Der Hang war zu einer sehr steilen Fläche geworden, wie man es des öfteren kurz vor einem Gipfel erlebt. Wir kämpften uns regelrecht voran. Der Vergleich mit einem Bergsteiger war nicht falsch.
Grau wuchsen scharfkantige Felsen im rechten Winkel zur Hangfläche aus ihr hervor. Hin und wieder hielten wir uns an einem der Felsen fest, bevor wir uns weiterkämpften und immer schräg auftraten, um nicht abzurutschen.
Hier oben fegte der Wind heran. Es blies uns kalt in die Gesichter.
Noch eine sehr steile, mit scharfen Steinen bedeckte Kurve, dann hatten wir es geschafft.
Freier Blick auf das Kloster!
Es lag tatsächlich auf dem sehr breiten Gipfel des Berges oder Felsens. Der Blick war hervorragend. Wir sahen die Berge der nächsten Umgebung, über die sich breite Wolkenbänder spannten, als wären sie in die Länge gezogen. Dazwischen schimmerte der Himmel manchmal hell und auch blau. Man bezeichnet diese Luft als regenklar.
Schwarz wirkende Bergspitzen ragten aus dem Grün der Matten.
Manche Kuppen waren auch bewaldet, andere wiederum zeigten eine dünne Schicht aus Schnee.
St. Patrick, das Kloster, in dem Father Ignatius lebte, lag noch weiter westlich. Von seinen Mauern sahen wir nichts.
Lumluine Abbey aber lag vor uns wie gemalt. Sie mußten einmal sehr hoch und wuchtig gewesen sein, jetzt war davon nicht mehr viel zu sehen. Ein Brand schien nicht stattgefunden zu haben, die noch stehenden Teile jedenfalls zeigten keine schwarzen Flecken, auf mich wirkte das Kloster so, als wäre er in kriegerischer Absicht zerstört worden.
Den Eindruck hatte auch Suko bekommen. »Die Mönche scheinen überfallen worden zu sein – damals.«
»Fragt sich nur von wem?« Ich hatte Sandra angeschaut. Sie hob nur die Schultern und strich gleichzeitig ihre Haare zurück.
»Tut mir leid, Mr. Sinclair, aber die Maske hat nicht viel berichtet. Über dieses Thema
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