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0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

Titel: 0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nach schalem Bier und auch nach kaltem Rauch. Ich machte in der Gaststube Licht. Wir fanden sie leer und sogar aufgeräumt.
    »Da tut sich nichts«, sagte Suko. »Weißt du, wo sich seine Wohnräume befinden?«
    Ich zeigte mit dem Daumen in die Höhe. »Wahrscheinlich in den oberen Etagen.«
    »Dann los.«
    Wir suchten erst den Treppenaufgang. In einem breiten Fliesenflur fanden wir die dunkle Holztreppe. Die Stufen ächzten unter unserem Gewicht. Geräuschlos konnte hier nicht einmal eine Katze hochlaufen. In der ersten Etage landeten wir vor einer Wohnungstür, die einen Glaseinsatz besaß.
    Der Knauf fiel mir ins Auge. Ich drehte ihn, die Tür war offen.
    Vorsichtig drückte ich sie in den dahinter liegenden Flur, aus dem uns die Dunkelheit entgegengähnte.
    Suko stand hinter mir. Er hatte die Beretta gezogen, um Rückendeckung zu geben.
    Die Waffe brauchte er nicht einzusetzen. Niemand griff uns aus der Düsternis heraus an.
    »Leer!« Ich betrat den Flur, sah einige Türen und stieß die erste auf.
    Eine altmodische Küche mit einem vierflammigen Gaskocher in der Mitte zeugte davon, daß der Besitzer auf modernen Komfort keinen Wert legte.
    Suko hatte sich die anderen Räume vorgenommen. Ich hörte ihn rufen. »Komm her, John.«
    Er stand im Wohnraum, drehte sich auf der Stelle und hatte die Arme ausgebreitet. »Sieht stark aus, wie?«
    Auch ich war überrascht, denn mit dieser Unordnung hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet. Es kam uns vor, als wäre ein Orkan durch das Zimmer gefahren.
    Umgestürzte Stühle und Tische. Eine Stehlampe, die umgeknickt am Boden lag und noch mit ihrer Schnur in der Steckdose steckte.
    Zerbrochenes Geschirr, ein Schreibtisch, von dem die Papiere nebst Telefon weggeweht worden waren und sieh am Boden verteilten.
    An einem Ende war der Teppich regelrecht zerfetzt, als hätten ihn Krallen bearbeitet.
    »Was sagst du, John?«
    Ich legte die Stirn in Falten und hob gleichzeitig die Schultern.
    »Wie soll man das kommentieren?«
    »Schau dir mal den Teppich an.«
    »Aufgerissen.«
    »Zerfetzt, würde ich sagen.« Suko deutete auf die bestimmten Stellen. »Krallen«, sagte er. »Wenn wir davon ausgehen, daß sich hier ein Werwolf herumtreibt, muß Redburn diese Bestie sein.«
    Ich legte keinen Widerspruch ein, durchschritt noch einmal den relativ großen Raum und fand unter den am Boden liegenden Papieren ein Blatt, das mit einem Kugelschreiber beschrieben war.
    Ich hob es auf. Die zitternde Schrift stach mir sofort ins Auge.
    »Was hast du da?«
    »Eine Nachricht«, sagte ich. »Sie ist sehr interessant. Ich werde sie vorlesen.«
    »Okay.«
    »Der Fluch hat mich getroffen, der Fluch eines frühen Ahnherrn. Ich kann nicht anders, ich komme nicht gegen ihn an, ich muß mich verwandeln, wenn ich den Vollmond sehe. Aber sie sollen mir nicht auf die Spur kommen. Ich habe etwas anderes vor. Ich werde diesen Mörder befreien. Ich hole ihn aus der Anstalt und lasse ihn frei. So kann er seinem Trieb nachkommen und die Spuren meines Triebs verwischen. Ich weiß, daß es schlimm ist, was ich tue, doch niemand kann gegen sein Schicksal ankämpfen. Das Blut der Werwölfe hat in unserer Familie gesteckt. Über die Jahrhunderte hinweg hat es Ruhe gegeben, bis es mich brutal traf und mich fast vernichtete. Ich bin ein Werwolf, ich werde sie mir holen, ich muß meinem Drang nachkommen, ich möchte, daß man mir verzeiht, denn ich kann nicht anders…«
    Zum Schluß war die Schrift des Mannes immer mehr verlaufen.
    Redburn hatte unter einem starken seelischen Druck gestanden. Er war ein Gefangener seines Ichs, seines eigenen Blutes, und er würde davon nicht mehr loskommen – nur durch den Tod.
    Das Blatt rutschte mir aus der Hand und flatterte zu Boden. »Es stimmt also«, sagte ich leise. »Redburn ist die zweite Bestie.«
    »Jetzt wissen wir auch, weshalb der blonde Killer durch die Gegend schlich.«
    »Er wollte Spuren verwischen. Redburn brauchte jemand, der von sich ablenkte.«
    »Und wo kann er jetzt stecken?«
    Die Frage war gut. Ich schaute meinen Freund an, ohne ihm eine Antwort zu geben.
    »Du kennst dich hier besser aus, John.«
    »Ja, stimmt«, erwiderte ich nachdenklich und dachte über mein Gespräch mit Redburn nach. Vor allen Dingen über den harten Dialog vor der Baracke.
    »Hast du eine Lösung?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Und?«
    »D.C. Redburn haßt die Chinesen wie die Pest. Möglicherweise braucht er nur ein Alibi für seine Taten, vielleicht aber auch nicht.

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