0517 - Zitadelle des Todes
wenig«, wandte der Besitzer des Ochsenkarrens ein. »Ich brauche den Wagen aber noch! Ihr könnt ihn doch nicht einfach verbrennen!«
»Der Teufel hat ihn berührt! Auch der Ochse muß geschlachtet und verbrannt werden, damit dieser schwarze Teufel nicht in ihn fährt.«
Der Bauer duckte sich unter dem herrischen Blick des Mönches. »Muß es denn wirklich sein?« ächzte er. »Ich brauche Ochs und Wagen für die Ernte! Wir…«
»Man wird dir helfen, den Verlust zu verschmerzen«, erklärte der Mönch salbungsvoll. »Solltest du etwa dem Bösen schon anheimgefallen sein, daß du dich weigerst?«
Der Bauer senkte den Blick und wandte sich ab. Die Hoffnung des Gnoms verflog. Der Bauer würde die anderen nicht zum Widerstand anfeuern. Der Mönch hatte alles im Griff. Die Männer banden dem Gnom Hände und Füße mit Stricken zusammen, während der Mönch wieder Bibelsprüche rezitierte. Sie warfen den Namenlosen auf den Karren, schirrten den Ochsen zuerst los, um dann den Wagen freizubekommen, umzudrehen und das Tier wieder anzuspannen. Der Mönch schritt neben dem Karren her.
»Warum tut Ihr das?« fragte der Gnom leise. »Ihr habt doch gesehen, daß ich kein gottloser Teufel bin, sondern ein gottgläubiger Mensch! Wißt Ihr überhaupt, was Ihr tut?«
Der Mönch hielt in seiner Litanei inne. Die Männer sahen ihn erstaunt an, trotteten dann aber wieder dem Wagen voraus und waren froh, daß der Mönch neben dem Karren ging und dafür sorgte, daß der schwarze Teufel keinen Schaden anrichten konnte.
»Ein Mensch willst du sein?« fragte der Mönch in leisem Spott. »Danach siehst du aber nicht gerade aus. Egal, was oder wer du bist - du wirst brennen. Das gibt ein wenig Abwechslung, und es wird meine Stellung festigen als der, der den Teufel überwand! Noch in tausend Jahren wird man Bruder Basilius dafür rühmen, und solange ich lebe, werden sie mir aus der Hand fressen und alles für mich tun…«
Der Gnom starrte den Flüsternden entsetzt an. »Und dafür wollt Ihr mich morden?«
»Ach, es ist doch auch kein Mord, ein Schwein zu schlachten, wenn man’s essen will. Wir befreien die Menschheit von einem Teufel! Das ist Gottes Werk.«
»Aber ich bin kein Teufel!« schrie der Gnom.
»Nicht so laut!« fuhr der Mönch ihn an. »Jemand könnte es glauben! Denke nicht, du Kreatur der Hölle, du könntest die anderen überzeugen! Jeder sieht doch, daß du ein Teufel bist, schwarz vom Ruß des Höllenfeuers! Du wirst niemanden gegen mich, den Verkünder des Wortes des Herrn, aufwiegeln können. Niemand wird dein Gezeter anhören.« Flüsternd fuhr er fort: »Mir ist es völlig egal, ob du ein Teufel bist oder nicht! Du wirst meine Macht vergrößern und meinen Ruhm. Solltest du ein Mensch sein: Pech für dich.«
»Nur weil ich anders aussehe als ihr?« stieß der Gnom hervor. »Ihr könnt mich doch einfach verbrennen, nur weil meine Haut schwarz ist! Oder würdet Ihr auch einen Weißen ins Feuer werfen?«
»Du bist nun einmal schwarz«, zischte der Mönch leise. »Und nun sei still. Solltest du wirklich ein gläubiger Mensch sein, so fang schon einmal an, deine Sünden zu bereuen, die du sicher begangen hast. Viel Zeit bleibt dir nicht mehr!«
Der Gnom erkannte, daß es aussichtslos war, den Mönch umstimmen zu wollen. Er wollte ein Opfer, um seinen persönlichen Einfluß, seine Macht zu stärken. Es war, wie es immer gewesen war und vermutlich auch immer sein würde. Zamorra hatte einmal davon gesprochen und auch Lady Patricia Saris. Selbst in der modernen, angeblich aufgeklärten Zeit des unglaublichen 20. Jahrhunderts wurden Menschen, die anders aussahen, anders sprachen, sich anders gaben als die breite Masse, verfolgt, gejagt, erschlagen. Und je schwächer, je hilfloser sie waren, desto mehr malträtierte man sie. Menschen, die vor Unterdrückung und Verfolgung flohen, wurden in kleine, schmutzige Unterkünfte gepfercht, und wenn es halbstarken und hirnlosen Schreihälsen in den Sinn kam, verprügelten sie die Asylsuchenden oder legten Feuer an ihre Unterkünfte. Es war ja schon immer so einfach gewesen, sich an Schwächeren zu vergreifen. Und dabei spielte es keine Rolle, ob der Kalender das Jahr 1673, 1939 oder 1993 zeigte.
Und in diesem Fall war es auch noch ein Mönch, der die anderen aufhetzte, sich an dem Wehrlosen, Schwachen zu vergreifen, womit er seinem ganzen Stand Schande bereitete. Offenbar gab es nicht nur schwarze Schafe, sondern auch schwarze Hirten…
Fieberhaft grübelte der Gnom nach
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