0519 - Das Auge von Atlantis
es etwas, bis mir klar wurde, wer da auf mich zukam.
Es war Lady Sarah Goldwyn, die Horror-Oma!
***
Leibwächter Suko!
Der Inspektor hätte sich auch nicht träumen lassen, daß er mal für seinen Chef, Sir James Powell, den Leibwächter spielen würde. Doch Willy, der brutale Killer, hatte dies ermöglicht.
Und jetzt durfte Suko nicht einen Schritt von der Seite des Superintendenten weichen.
So wörtlich nahm er es nicht. Er blieb jedenfalls in der Nähe des Mannes und ärgerte sich darüber, daß Sir James das Yard Building nicht verlassen hatte.
Suko war kein Mensch fürs Büro. Er mußte einfach raus aus dem Trott und an die Front, wo die Aktion war. In einem Büro ging jemand wie er ein.
Um wenigstens etwas Unterhaltung zu haben, hielt er sich bei Glenda Perkins im Vorzimmer auf. Hin und wieder starrte er aus dem Fenster, wo er die dunklen Regenwolken sah, die ein plötzlicher Sturm über die Stadt fegte.
Als gewaltige Wassermassen lösten sich die Schauer und prasselten auf die Erde nieder.
Das war kein Winterwetter, das war schon eine Bestrafung, denn die Temperaturen in diesen ersten Januartagen überschritten die zweistellige Marke.
Glenda kam zurück. Sie hatte frisches Wasser für den Tee geholt.
»Du möchtest doch zum Essen etwas trinken?«
»Ja, gern. Was gibt es denn?«
»Ich habe uns eine Pizza geholt. Ich esse nur ein kleines Stück. Den Rest kannst du nehmen.«
»Hunger habe ich kaum.«
»Kann ich mir denken, bei dem Job, wo du nicht gefordert wirst.«
»Irrtum, kleine Glenda. Ich bin gefordert worden.«
»Wie denn?« Sie stellte das Wasser auf die Heizplatte.
»Innerlich«, erklärte Suko.
Glenda schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Tut mir leid, aber das ist…«
»Ganz einfach, Mädchen. Während ich hier sitze und nichts tue, bewegt sich was in meinem Innern. Es ist die große Unruhe, die Furcht, daß ich versagen könnte.«
Glenda schob ihre Augenbrauen zusammen. »Tatsächlich?« hauchte sie. »Das glaube ich nicht.«
»Doch, es ist so. Willy ist ein Killer, den ich als gefährlicher einstufe als manchen Dämon. Er kann plötzlich hier sein und uns überfallen. Du hast es selbst mitbekommen.«
»Stimmt – ja.« Glenda räusperte sich und strich durch ihr dunkles Haar. »Wenn das aber so ist, wie du gesagt hast, müßtest du eigentlich bei Sir James sein.«
»Stimmt.«
»Und weshalb bist du nicht dort?«
Suko hob die Schultern. »Er wollte es nicht. Es stört ihn, wenn ich in seinem Büro sitze und ihm bei der Arbeit zuschaue. Ist verständlich für mich.«
»Ja, das denke ich auch.«
»Aber wir stehen trotzdem in Verbindung, wenn es dich beruhigt.« Suko griff in seine Hemdtasche und holte ein flaches Signalgerät hervor. »Sir James benutzt das gleiche. Er braucht nur auf einen Knopf zu drücken, dann erreicht mich der Alarmruf.«
»Und wenn er nicht mehr dazu kommt?«
»Mal den Teufel nicht an die Wand, Mädchen. Daran habe ich auch schon gedacht.«
»Er ist eben eigensinnig. Vielleicht schon Altersstarrsinn.«
Suko lachte auf. »Laß ihn das nur nicht hören, dann dreht er dir deinen hübschen Hals um.«
Glenda wollte sich um das Teewasser kümmern, als das Telefon anschlug. Sie hob ab, hörte zu und sagte: »Ja, er ist hier, Konstabler. Einen Moment bitte.«
»Wer ist es denn?« fragte Suko.
Glenda deckte die Sprechmuschel mit der Handfläche zu, als sie Suko den Hörer reichte. »Ich kenne den Mann auch nicht. Muß ein Kollege sein. Nimm mal.«
Wenig später erfuhr Suko, um wen es sich bei dem Anrufer handelte. »Konstabler Paul Winslow, Sir. Ich muß Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen.«
»Am Telefon?«
»Nein, es wäre…«
»Sorry, Konstabler, aber ich komme hier nicht weg. Wir müssen uns schon mit dem Telefon begnügen.«
»Gut, Inspektor. Es geht mir um Ihren Kollegen John Sinclair. Er ist es, der mir Sorgen bereitet.«
»Inwiefern?«
»Kennen Sie die Videothek ›Höllenparadies‹?«
»Ja.« Suko war sofort ganz Ohr und spürte auch die innere Spannung in sich hochsteigen.
»Darum geht es. Es ist da eine Sache passiert, für die ich keine Erklärung habe und mir deshalb Ihren Rat erbitte.« Glücklicherweise kam der Konstabler danach sofort zum eigentlichen Thema und berichtete Suko von den für ihn undurchschaubaren Vorgängen.
Der Inspektor unterbrach ihn mit keiner Silbe. Er hörte zu, machte sich hin und wieder Notizen und gab auch keine Antwort auf die Frage, was er von all dem hielte.
Winslow bohrte nach.
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