0519 - Das Auge von Atlantis
ähnlich.«
»Und Sie wissen nicht, was geschehen sein könnte?«
»Nein, Sir, keine Ahnung. Ich habe dem ›Höllenparadies‹ noch keinen Besuch abgestattet.«
»Klar, Inspektor, ich kenne Ihre Probleme.« Sir James schaute auf die Uhr. »Es ist besser, wenn wir jetzt fahren.«
»Das meine ich auch, Sir.«
Sie nahmen den Rover. In seinem normalen Dienstwagen saß Sir James Powell stets im Fond, diesmal ließ er es sich nicht nehmen, neben dem Inspektor Platz zu nehmen.
Das Wetter war und blieb auch weiterhin schlecht. Am Himmel hatte der Sturm die Wolken noch mehr zusammengetrieben und das Firmament zu einer Fläche aus wechselnden Grautönen gemacht, schräge Regenböen peitschten auf die Erde nieder, die Hausfronten ertranken in einer wahren Flut. Zwischen die fahrenden Wagen hatten sich dichte Schleier gelegt. Selbst das langsame Fahren mit eingeschalteten Scheinwerfern glich einer Rutschpartie.
»Sie sagen mir, wie ich fahren soll, Sir?«
»In Richtung Flughafen zunächst.«
»Gut.«
Sie nahmen den Motorway 4, der direkt nach Heathrow führte.
Auch diese breite Bahn glich eher einer Wasserstraße. Aquaplaning war nichts dagegen.
Hohe, nie abreißende Fontänen begleiteten die Fahrzeuge, deren Scheibenwischer Schwerstarbeit zu leisten hatten.
»Dabei dachte ich, es würde sich nur um einen Schauer handeln«, sagte Sir James.
Suko hob die Schultern. »Es hat sich eben eingeregnet und gestürmt.« Er schaltete die Warnblinklampe ein, weil der Rover auf einen Stau zurollte. Rechts huschte noch ein schneller Wagen vorbei.
Der Fahrer mußte sehr stark bremsen, schnitt den Rover noch und schlingerte leicht.
Sir James regte sich über die Unverantwortlichkeit dieser Leute auf und lehnte sich zurück.
»Haben Sie eine konkrete Zeitangabe gemacht, Sir?« fragte Suko.
»Nein.«
Der Chinese lachte. »Das ist auch gut so. Der Stau scheint mir ziemlich lang zu sein.« Er schaltete trotz der verpesteten Luft, die im Stau herrschte, das Gebläse ein, um einigermaßen freie Sicht zu haben.
Die Wassermassen prasselten noch immer auf den Rover nieder.
Nach einer Viertelstunde setzte sich die graue, im Regen verwischende Schlange allmählich in Bewegung. Wenig später erkannten die Männer den Grund des Staus. Ein Lastwagen war ins Schleudern geraten und hatte eine Leitplanke »geküßt«. Jetzt stand er halb quer.
Die Fahrt verlief in den folgenden Minuten ohne weitere Zwischenfälle. Sie brauchten nicht bis zum Airport durchzufahren, zwischen Chiswick und Brentford bogen sie ab, um in die Nähe des Gunnerbury-Park zu gelangen.
Die Gegend hatte längst ihren großstädtischen Charakter verloren.
Sie war nicht mehr so dicht bebaut. Wer hier wohnte, der lebte in einem relativ ruhigen Vorort, unbelästigt vom ansonst schlimmen Londoner Großstadtverkehr.
Sogar das Wetter hatte sich gebessert.
Zwar regnete es auch weiterhin, nur nicht mehr so intensiv. Das Wasser fiel nur noch als dünne Fäden aus den Wolken. Wie unzählige Diamanten glitzerten die Tropfen in den beiden Lanzen der Scheinwerfer.
»Ich muß immer an John denken«, sagte der Superintendent.
»Können Sie sich vorstellen, Suko, wo er sich jetzt befindet?«
»Nein, Sir.«
»Ich im Prinzip auch nicht. Aber da ist etwas, das mich hat stutzig werden lassen.«
»Und was?«
»Fiel nicht auch der Begriff Atlantis im Zusammenhang mit diesem ungewöhnlichen Auge?«
»In der Tat.«
»Sehen Sie, Suko. Ich rechne damit, daß John Sinclair möglicherweise unfreiwillig eine Zeitreise angetreten hat. Eben durch dieses geheimnisvolle Auge. Und Lady Sarah gleich mit.«
Suko nickte. »Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wir wollen nur hoffen, daß er überlebt, wenn dem tatsächlich so sein sollte.«
»Auch Willy, der Killer, überlebte.«
»Leider.«
»Das hätte sich Rick Malone auch nicht träumen lassen, einmal so zu enden. Er mochte den Polizeidienst nicht. Er war ihm zu monoton. Damals quittierte er den Dienst, obwohl er erst am Beginn seiner Karriere stand. Sie hätte ihn bestimmt weit die Leiter nach oben hinauf geführt, aber er war anders als wir. Ein Mensch, der frei sein mußte, der sich von Bürowänden nicht einengen lassen wollte…«
Sir James redete über die alten Zeiten, während Suko ihm mit halbem Ohr zuhörte, da er sich auf den Verkehr konzentrieren mußte. Die Straße war ziemlich eng. Hohe Bäume säumten sie zu beiden Seiten und gaben ihr ein alleeartiges Aussehen. Zumeist wuchsen hohe Pappeln nahe der Gräben. Die Bäume
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