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052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

Titel: 052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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anderen Seite der Seine und ist ein
ganz schönes Stück vom Cimetière de Picpus entfernt.«
    Lecquell drehte sich wieder dem gläsernen Stadtplan zu. Die Friedhöfe waren
durch rote Punkte markiert. Larry Brent sah, dass beide Stätten sehr weit
voneinander entfernt lagen.
    »Der vierte Leichenraub erfolgte auf dem Cimetière de Batignolles«, sagte
der Kommissar gepresst. »Das ist hier oben in Clinchy. Ich musste ein paar
hundert Beamte einsetzen, um alle Friedhöfe zu überwachen. Und selbst wenn ich
jeden einzelnen Friedhof beobachten lasse, dann weiß ich noch immer nicht,
welches Grab sich die Räuber das nächste Mal vornehmen werden.«
    X-RAY-3 war sehr ernst. Das Gespräch mit Lecquell in dieser Nacht gewährte
ihm einen Einblick in ein seltsames und rätselhaftes Geschehen.
    »Irgendein Verrückter experimentiert mit Leichen«, stieß Lecquell
unvermittelt hervor. »Anders kann man sich diese Vorfälle nicht erklären.«
    »Es geschieht nichts ohne Sinn«, erwiderte Larry leise. Er zündete sich
eine Zigarette an und nahm wieder auf dem bequemen Polsterstuhl neben dem
Schreibtisch Platz. »Und jede Ursache hat eine Wirkung. Auf irgendeine Weise
muss sich das, was hier in Paris geschieht, auch wieder auswirken, das ist doch
nur logisch, nicht wahr?«
    Lecquell nickte, obwohl er den Gedankengängen des PSA-Agenten nicht ganz
folgen konnte. Er, der Kommissar, war schon ein gerissener Fuchs, aber hier
musste in einer völlig unkonventionellen Denkweise vorgegangen werden – und
über die verfügte er nicht. Die Spezialagenten der Psychoanalytischen Spezialabteilung jedoch wurden ständig mit
außergewöhnlichen Fällen konfrontiert. Sie sahen die Dinge in einem größeren
Zusammenhang.
    Lecquell zuckte die Achseln. »Wirkung – Wirkung ...«, echote er. »Ich muss
da an einen Roman von Mary Shelley denken. Frankenstein !
Der Baron Victor Frankenstein schuf ein Ungeheuer – aus Leichenteilen ...«
    Die Blicke Larry Brents trafen sich mit den seinen.
    »Eine solche Überlegung liegt nahe«, antwortete der amerikanische Agent.
    »Vielleicht geht hier wirklich etwas Derartiges vor, wer weiß. Aber genauso
gut kann sich auch eine andere Gefahr entwickeln.«
    »Was für eine?«
    Larry hob und senkte die Schultern. »Wenn ich das wüsste, bräuchten wir
nach keiner Erklärung mehr zu suchen. Das Warum und Weshalb des Leichenraubes
liegt noch hinter einem schwarzen Schleier verborgen. – Kann ich einmal die
Liste sehen, auf der die Namen der Bestatteten vermerkt sind?«
    »Ja, natürlich.« Der Kommissar klappte einen blauen Aktendeckel auf und
entnahm ihm einen DIN A4-Bogen, den er über den Tisch reichte.
    X-RAY-3 überflog zunächst die Namen, Geburts- und Sterbedaten und stutzte
dann.
    »Es sind ausschließlich die Leichen von Frauen, die geraubt wurden«, sagte
er. Lecquell nickte.
    »Die Leichenräuber sind sehr wählerisch gewesen«, fuhr der Amerikaner fort.
»Hier – die Geburtsdaten. Die Mädchen starben alle im Alter zwischen
zweiundzwanzig und fünfundzwanzig Jahren.«
    »Das ist uns auch aufgefallen.« Lecquell kam um den Tisch herum. »Ich bin
sogar noch einen Schritt weitergegangen, Monsieur Brent. Ich habe mich genau
nach den Todesursachen erkundigt. Eine Person starb an akutem Herzversagen nach
einer Operation, die zweite nach einer Schwangerschaft. Nummer drei ist das
Opfer eines Giftmordes, und Nummer vier war eine Prostituierte, die während
einer Messerstecherei in einer Kneipe getötet wurde.«
    Lecquell unterbrach sich. Er blickte den Amerikaner aufmerksam an. Dann
fuhr er fort. »Das machte mich stutzig, und ich informierte meine Beamten,
sämtliche Todesanzeigen in allen Pariser Tageszeitungen zu studieren. Sie
sollten besonders darauf achten, wenn junge Frauen im Alter von zweiundzwanzig
bis fünfundzwanzig Jahren bestattet würden. Und dann war wieder so ein Fall!
Vor acht Tagen kam eine Dreiundzwanzigjährige bei einem Verkehrsunfall ums
Leben. Sie wurde noch ins Krankenhaus eingeliefert, konnte aber nicht mehr
gerettet werden. Sie starb an Gehirnblutungen. Die Tote wurde auf dem kleinen
Friedhof in Neuilly beerdigt. Meine Leute befanden sich unter den Totengräbern.
Aus sicherer Entfernung beobachteten sie später das Grab. Eine ganze Nacht und
einen ganzen Tag lang. Unsere Spezialisten hatten festgestellt, dass die Gräber
der anderen Frauen grundsätzlich in der Nacht nach der Bestattung aufgebrochen
wurden. Der oder die Leichenräuber ließen sich nicht viel Zeit.

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