0528 - Der blaue Tod

Titel: 0528 - Der blaue Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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wieder im Schankraum auftauchte. »Wen hast du da gerade zum Teufel geschickt… oh!« Er sah Nicole halb über der Tischplatte liegen. »Was ist hier passiert? Ich rufe einen Arzt…«
    »Warte«, sagte Zamorra. Mit der flachen Hand hieb er gegen sein funktionsloses Amulett unter dem Hemd. Wofür trug er es überhaupt noch, wenn es partout nicht mehr reagierte? Zamorra ging zum Tisch zurück. Als er Nicole berührte, wachte sie auf. Sie schlug mit einer heftigen Armbewegung nach ihm. »Laß das!«
    Unwillkürlich wich Zamorra einen Schritt zurück. »He, was ist mit dir? Was soll ich lassen?«
    »Du sollst aufhören, mich in der Öffentlichkeit auszuziehen! Du…« Sie unterbrach sich und sah sich verwirrt um. » Pardon … Habe ich geträumt?«
    »Ja…«
    Er setzte sich zu ihr. »Was hast du geträumt?«
    »Daß du mir den Bikini ausgezogen hast, um mich diesem Typen wie eine Sklavin vorzuführen. Wo ist er überhaupt?«
    »Der Typ, den ich nur als Farbe sah?« Sie nickte.
    »Ich habe ihm gesagt, er solle sich zum Teufel scheren. Scheinbar hat er das auch getan. Auf jeden Fall löste er sich von einem Augenblick zum anderen auf. - Du hast ihn wirklich als menschenähnliches Wesen gesehen?«
    »Ich hab’s dir doch beschrieben«, sagte sie.
    »Du weißt noch, daß du versucht hast, ihn telepathisch zu sondieren?«
    Nicole runzelte die Stirn. »Nein«, sagte sie. »Habe ich es tatsächlich versucht?«
    »Ja. Im gleichen Moment verlorst du das Bewußtsein.«
    »Das verstehe ich nicht. Der Mann kam herein, wir haben uns kurz unterhalten, und ich habe mich darüber gewundert, daß ich ihn dir beschreiben sollte, gerade so, als könntest du ihn selbst nicht sehen. Ich glaube, du sagtest, du würdest ihn als eine Farbe sehen, nicht als eine Person. Dann standest du auf, gingst zu ihm hinüber und hast mit ihm gesprochen - über mich. Dann kamst du wieder hierher und wolltest mich vor ihm ausziehen. Aber jetzt glaube ich, ich habe das nur geträumt. Was ist wirklich passiert?«
    »Lies es in mir«, bat er. Er hob seine telepathische Sperre auf und gab Nicole die Möglichkeit, in seinen Gedanken zu lesen. Das Erinnerungsbild aufzunehmen ging schneller und war wesentlich präziser, als wenn er versucht hätte, ihr die seltsame Unterhaltung mit der Farbe zu erzählen.
    »Ich frage mich, weshalb ich es so erlebt habe, als würdest du mich im wahrsten Sinne des Wortes vor ihm bloßstellen wollen«, sagte Nicole schließlich. Im nächsten Moment hob sie abwehrend die Hand. »Komm jetzt bloß nicht auf die Idee, mich tiefenpsychologisch untersuchen und behandeln zu wollen. Das ist’s nicht wert. Laß mich mal einen Moment nachdenken.«
    Zamorra nickte. Er wandte sich Mostache zu, der an den Tisch herangekommen war. »Was war da los? Mal wieder was Übersinnliches? Ist Großonkel Isenbart zurückgekehrt oder ein Werwolf oder sonst ein Dingsbums…?« wollte Mostache wissen.
    Seine Bemerkung brachte Zamorra auf eine Idee.
    Isenbart… der Weg zum Schädeltempel… [1]
    Was hatte Blau gesagt? Ich soll blau sein? Jahrhundertelang war ich fest davon überzeugt, ich sei Schädel. Vielleicht bin ich aber auch blau und Schädel!
    Aber Zamorra konnte sich nicht vorstellen, daß es eine Verbindung gab. Das Kapitel »Schädeltempel« war abgeschlossen. Mostache hatte ihn mit seinen Worten nur auf die Bemerkung des lebenden Farbflecks aufmerksam gemacht, die er selbst schon fast vergessen hatte, und offenbar hatte Nicole bei der telepathischen Übermittlung auch nicht auf dieses Detail geachtet. Es war Zamorra klar, weshalb er nicht weiter darauf geachtet hatte - wer nimmt es schon ernst, wenn jemand zu ihm sagt: Ich bin Schädel?
    Sicher, Zamorra hätte es ernst nehmen müssen, hatte er doch ständig mit Dingen zu tun, die den Rahmen der Normalität sprengten. Dennoch…
    »He, Professor! Ich hab’ dich was gefragt«, erinnerte Mostache.
    »Entschuldige. Die Sache macht mir Kopfzerbrechen«, gestand der Parapsychologe. Nenn mich Tod. Darüber kam er ebensowenig hinweg wie darüber, daß er das Wesen nur als Farbe gesehen hatte, Nicole dagegen als menschliche Gestalt. »Mostache, diesen sogenannten Gast, den ich mit meiner freundlichen Empfehlung zum Teufel geschickt habe - hast du ihn noch gesehen?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf. »Ich hörte euch nur miteinander sprechen. Ich wollte nach vorn kommen, aber das geht nicht immer so schnell, wie man möchte, und als ich da war, war er nicht mehr da.«
    »Du kannst also keine