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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wurde von Eisbrocken überholt. Sie wischten über meinen Körper hinweg, ohne mich zu verletzen, weil die Schneeschicht auf mir dick wie ein Teppich war.
    Als sehr schlimm sah ich auch den Luftmangel an. Hätte ich den Mund geöffnet, wäre er mir von Schnee und Eis verstopft worden.
    In einer Situation wie dieser konnten Sekunden zu kleinen Ewigkeiten werden.
    Wann hörte es auf?
    Urplötzlich, ich hatte mich zwar darauf vorbereitet, wurde aber überrascht, prallte noch einmal irgendwo gegen, dann war alles vorbei.
    Ruhe…
    Eine tödliche Stille, die mich erdrückte.
    Ich wußte nicht, wie lange ich so liegengeblieben war, jedenfalls strahlte der Wille zum Leben in mir hoch, und der sagte mir, daß ich mich befreien mußte.
    Wie dick war der Schnee über mir?
    Ich wußte es nicht. Er kam mir jedenfalls tonnenschwer vor. Ich hatte das Gefühl, in einem körpergerechten und hauteng angelegten Sarg zu liegen, aus dem ich mich mit eigener Kraft nicht befreien konnte.
    Trotzdem versuchte ich es, strampelte mit den Beinen und wollte den Schnee zur Seite schieben.
    Es gelang mir nur unvollkommen. Der Schnee war dick wie Pappe, eine weiche Wand, die mir Widerstand entgegensetzte. Auch mit den Armen schaffte ich es nicht, aber ein anderer kam mir zur Hilfe. Ich bekam trotz des Luftmangels mit, daß sich über mir etwas tat. Die Dunkelheit wich, jemand mußte den Schnee zur Seite geräumt haben, und dann sah ich das Gesicht meines Freundes über mir.
    Da mir der Schnee auch in den Augen klebte, konnte ich Suko nur verschwommen erkennen, aber er war es, daran gab es keinen Zweifel.
    »John!« keuchte er und räumte weiter.
    Woher er die Schaufel hatte, wußte ich auch nicht. Jedenfalls schaffte Suko es, mich aus dem Schnee zu befreien.
    Er zog mich hoch.
    Ich holte keuchend Luft, wollte mich umsehen, aber der Schwindel war zu stark.
    »John, erhole dich erst mal. Du hast ein verflixtes Glück gehabt, das kann ich dir sagen.«
    Ich fiel gegen Suko, der mich abstützte. »Ja!« keuchte ich, »Glück muß der Mensch haben.«
    In meinem Job lernt man es, eine Menge zu ertragen. So dauerte es nicht lange, bis ich wieder einigermaßen zu Kräften gekommen war und sehen konnte, in was ich da hineingeraten oder wem ich entkommen war.
    Die Lawine hatte tatsächlich den Ort erreicht. Ihre Ausläufer hatten sogar die Hauptstraße erreicht, wo die graugrün schimmernden Eisbrocken lagen, inmitten von Geröllhaufen.
    Hätte mich die Lawine zusammen mit Suko erwischt, wäre es mir ergangen wie ihm. Er war von der Masse abgetrieben worden, ich aber war direkt in das Zentrum getreten. Aus eigener Kraft hätte ich mich kaum befreien können. Ich schlug Suko auf die Schulter und sah dabei daß er seine Tasche noch immer festhielt.
    »Du hast sie…?«
    Er lachte. »Was denkst du denn? Hast du mir den Gral nicht zur Verwahrung gegeben?«
    »Das schon, aber…«
    »Wenn ich etwas anvertraut bekomme, hüte ich es wie meinen Augapfel. So gut solltest du mich kennen.«
    »Danke.«
    »Fragt sich nur, wo der Adler ist?«
    Himmel, an ihn hatte ich nicht gedacht. Mein Blick flog automatisch in die Höhe. Ich suchte den Himmel ab, sah aber nur eine graue, unendlich erscheinende Fläche, unter der dünne Wolken trieben. Der riesige Würgeadler aber war nicht mehr zu sehen. Oben am Hang, wo er den Berg verlassen hatte, schwebte noch immer der hochgewirbelte Schneestaub in der Luft. Es würde auch dauern, bis er sich gesenkt hatte.
    »Kannst du gehen?« fragte Suko.
    »Wo willst du denn hin?«
    »Zu den Greniers.«
    »Ja, okay.«
    Längst standen wir nicht mehr allein im Freien. Jetzt, wo nichts mehr vom Hang nachkam, hatten auch die Bewohner ihre Häuser verlassen und schauten nach, welchen Schaden die Lawine angerichtet hatte. Er hielt sich in Grenzen. Einige aus Holz errichtete Häuser waren zusammengekracht, die Steinbauten jedoch hatten dem Druck der Massen standhalten können.
    Manch feindseliger Blick traf uns. Wahrscheinlich gaben uns zahlreiche Menschen die Schuld an dem Unglück, was natürlich Blödsinn war. Der Würgeadler war es gewesen.
    Und über ihn wurde auch gesprochen.
    Einige Dörfler hatten ihn gesehen. Sie gaben ihr Wissen natürlich preis, und sofort entstanden die wildesten Gerüchte. Die alten Geschichten wurden wieder aufgewärmt. Einige Leute waren dafür, Aigleville zu verlassen und wollten schon packen.
    Andere, die Besonnenen unter ihnen, dachten da realistischer.
    »Wo wollt ihr denn hin bei dem Schnee?«
    Da schwiegen

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