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053 - Der steinerne Dämon

053 - Der steinerne Dämon

Titel: 053 - Der steinerne Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John E. Muller
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Entfernung für menschlich durchgehen konnten. Die Hüte heruntergezogen und die Kragen hochgeschlossen, fuhren die drei Männer mit der schmallippigen Frau an einen einsamen Ort, wo eine eingleisige Eisenbahnlinie direkt in die Felsen gesprengt war. Die schwarze, niedrige Limousine hielt an, und die vier Insassen stiegen aus. Die graue Frau öffnete den Kofferraum, und die drei Männer hoben den bewußtlosen Bollinger heraus. Dieser bewegte sich schon etwas, war aber noch nicht in der Lage, sich zu wehren. Die drei Männer legten ihn auf das Gleis, und die Frau brachte eine Rolle dünnen, aber starken Drahtes zum Vorschein. Zehn Minuten später, als Bollinger langsam das Bewußtsein wiedererlangte, war er bereits fest an das Gleis angebunden.
    Die graue Frau gab noch einmal ein kaum menschlich zu nennendes Lachen von sich und erklärte: „Jetzt müssen wir so schnell wie möglich den Wagen loswerden.“
    Der größte der drei Maskierten nickte.
    Der Fahrer startete, und sie verließen den Ort, während Bollinger sich inzwischen schwach zu bewegen begann.
    Langsam kehrte seine Erinnerung zurück: Der Anruf, das große einsame Haus, die graue Frau und die zwei Schatten, die ihn festgehalten hatten, als er ihr den Gang entlang gefolgt war. Er hatte auch Schmerzen. Sein Kopf fühlte sich doppelt so groß wie normal an. Er stöhnte, verdrehte den Kopf, senkte das Kinn auf die Brust und bemerkte seine festgebundenen Füße.
    Bald darauf glaubte er, zu spüren, daß die Gleise vibrierten. Er spähte die Eisenbahnlinie hinauf und hinunter, sah aber kein Anzeichen dafür, daß seinem Leben bald ein sofortiges Ende bereitet würde. Trotzdem mußte er gegen einen hysterischen Anfall ankämpfen. Sein Magen rebellierte. Er drehte den Kopf zur Seite und würgte. Ein paar zögernde Versuche, an dem Draht zu zerren, zeigten ihm, daß er hilflos war. Wenn nicht jemand kam, und zwar bald, waren seine Stunden gezählt.
    Die Zeit verstrich langsam. Er beobachtete, wie sich die Sonne dem Zenit näherte und dann allmählich unterging.
    Bollinger sagte sich, daß bei Tageslicht die Möglichkeit bestanden hätte, daß ein Lokomotivführer ihn sah. Jetzt gab es keine Hoffnung mehr für ihn. Er fragte sich, wie weit man ihn wohl fortgebracht hatte und wie lange er bewußtlos gewesen war.
    Ein fernes Geräusch unterbrach die Stille der Nacht. Jemand ging das Gleis entlang.
    Bollinger drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch kam. War es ein Mitglied der Bruderschaft? Eines dieser seltsamen maskierten Wesen in menschlicher Gestalt, das kam, um zu sehen, ob er noch lebte? Um sich über eine kopf- oder beinlose Leiche zu freuen?
    Kalte Wut stieg in ihm auf. Sein lahmes Bein schien gefühllos, sein ganzer Körper erstarrt. Die Schritte kamen näher. Eine Laterne schwang in der Hand eines dahinwandernden Mannes hin und her. „Hallo!“ rief Bollinger.
    Die Tritte verstummten. Die Laterne hing unbeweglich herab.
    „Wer ist da?“ fragte eine Stimme.
    Sie klang tief und freundlich, wenn auch der Akzent schwer zu bestimmen war.
    „Um Gottes willen, helfen Sie mir! Ich bin an die Gleise festgebunden“, rief Bollinger.
    Die Laterne bewegte sich auf ihn zu, und dann begann die freundliche Stimme zu lachen.
    „Ich glaube, diese Eisenbahnlinie wird den Winter über nicht benützt. Der letzte Zug fuhr am Wochenende. Vor Frühling wird keiner mehr kommen.“
    Das erschien auch Bollinger komisch und er lachte ebenfalls schwach.
    Die Laterne wurde dicht neben seinem Gesicht abgestellt, und als er hochsah, konnte er einen großen, breitschultrigen Mann erkennen, der sich über ihn beugte. Das Alter des Mannes war unbestimmbar. Sein Haar fiel ihm wie einem Propheten aus dem alten Testament auf die Schultern. Er konnte in jedem Alter zwischen Dreißig und Fünfzig sein.
    Sein Gesicht war wettergegerbt, die Brauen waren dick und buschig, die Nase war groß und edel geformt, seine Lippen waren empfindsam, fast sinnlich.
    Der Doktor studierte den Fremden sorgfältig.
    „Jemand hat sich da entschieden angestrengt. Mal sehen, ob ich etwas Passendes habe.“
    Der Mann suchte in seinem Bündel herum, und Bollinger konnte im Laternenlicht sehen, daß eine Gitarre daran befestigt war. Die Hände waren schmal und braun von der Sonne oder dem Genuß vieler frischer Walnüsse.
    Schließlich brachte Bollingers Retter einen altmodischen Büchsenöffner zum Vorschein. Er steckte ihn zwischen Gleis und Draht und begann, die dünnen Stränge

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