053 - Schrei, wenn dich der Hexentöter würgt
Schultern.
Die Lebensgeister des Agenten kehrten wieder zurück.
Mit ungeheurer Willensanstrengung gelang es ihm, die Bewußtlosigkeit zu
besiegen. Er ließ es sich nicht anmerken, daß er schon zu sich gekommen war. Er
war noch zu schwach, um etwas zu unternehmen; seine Glieder gehorchten noch
nicht seinen Befehlen. Schwer und bleiern lag er über der Schulter, unfähig,
auch nur einen Muskel anzuspannen. Er hatte das Gefühl, sein ganzer Körper
müsse mit blauen Flecken übersät sein. Hart wurde der Agent auf den klobigen Stuhl
geworfen. Das Holz knirschte unter der Wucht des Aufpralls. Aus den
Augenschlitzen heraus nahm X-RAY-3 die Umgebung wahr. Als ginge ihn das ganze
alles noch nichts an, merkte er, wie seine rechte Hand auf die Seite gezogen
wurde, wie sich eng und hart das Metallband um sein rechtes Armgelenk
schmiegte. Er wurde auf einen Stuhl gefesselt?
Die Hände ließen von ihm ab. Er hörte ein leises
Geräusch. War es von Bedeutung, daß er nur eine Hand gefesselt bekam, oder war
dem Hexentöter eingefallen, daß zunächst noch etwas anderes zu tun sei?
Es war in der Tat so. Larry Brent fühlte, wie ein
Messer an seinem Schädel angesetzt wurde. Er war bei Bewußtsein, aber noch
immer nicht so in Form, daß er schlagartig die Dinge begriff und sich wehren
konnte.
Wenn jetzt ein Stich erfolgen würde, dann hätte er
nicht mal die Kraft zur Gegenwehr. Doch es geschah nichts. X-RAY-3 nahm die
Dinge wahr wie durch eine Glaswand, und es war ihm, als würden sie sich in
weiter Ferne abspielen und ihn gar nichts angehen. Es kratzte auf seinem
Schädel. Man rasierte ihn. Mitten auf seinem Kopf entstand eine Tonsur, ein
kreisrundes Loch in seinen Haaren, so daß sein blanker Schädel sichtbar wurde.
Endlich begriff Larry, was ihn erwartete, und es kam
ihm vor, als griffe eine eiskalte Hand nach seinem Herzen.
Der Hexentöter drückte seinen Schädel nach hinten, und
Larry fühlte den kalten Metallring auf der Stirn.
Blitzartig aktivierten sich Brents Lebenskräfte; sein
Selbsterhaltungstrieb forderte eine sofortige Entscheidung. Es war, als ob etwas
in der Tiefe seines Unterbewußtseins aufbrach und wie ein Geschoß die bewußten
Regionen seines Geistes durchschlug. X-RAY-3 riß die Augen auf. Seine Muskeln
spannten sich. Er erblickte die schattengleiche Gestalt seines Peinigers, der
den Metallring um seinen Kopf zu spannen versuchte, und sah das riesige Faß
über sich, das feuchte Spundloch, in dem sich ein klarer Wassertropfen gefangen
hatte.
Was ihn erwartete, war kristallklar.
Aus dem Spundloch würde ein Tropfen nach dem anderen
in rhythmischer Folge auf die Tonsur fallen. Er, Larry Brent, würde nicht mehr
in der Lage sein, sich von der Stelle zu bewegen, Metallbänder an den Armen,
Beinen und um den Kopf machten jede Bewegung unmöglich.
Die Tropfen würden zunächst leicht und kaum merkbar zu
fühlen sein, doch mit jeder weiteren Minute, die verging, schien sich der Druck
der Tropfen auf die bloße Kopfstelle um ein Vielfaches zu verstärken. Bis er
schließlich glaubte, sie würden mit der Gewalt eines Dampfhammers auf seinen
Schädel knallen. Absolute Dunkelheit, nur das Tropfen des Wassers, unfähig,
diese Stelle aus dem Einflußbereich des Tropfens zu entziehen, das war schlimmer
als der Tod.
In spätestens vierundzwanzig Stunden war Larry Brent
unfähig, ein vernünftiges Wort über die Lippen zu bringen.
Bis dahin war er erledigt, ein Mensch, der nicht mehr
wußte, wer er war, woher er kam und was er wollte.
Der Gedanke an diese furchtbare Entwicklung trieb ihn
zur Verzweiflung und mobilisierte seine äußersten Kräfte.
Es war, als würde ein Strom durch seine Muskeln und
Sehnen fließen. Alles in ihm spannte sich. Noch ehe Martinus den Metallstreifen
verschrauben konnte, handelte Larry Brent. Er warf sich herum und rammte seine
Linke in den Bauch des Folterknechtes, so daß Martinus nach hinten taumelte und
gegen die feuchte, glitschige Tür fiel. Larry Brent gewann wertvolle Sekunden,
die er nutzte. Seine Linke war frei, und im Handumdrehen gelang es ihm, das
Metallband zu lösen. Den Metallreif an seiner Stirn riß er einfach auf die
Seite. Dann sprang er auf, noch ehe der Verbrecher die Überraschung überwunden
hatte und selbst auf die Beine gekommen war. Larry Brent riß den Hexentöter
hoch und schob ihn vor sich her. Er hatte zwar noch Mühe, die Balance zu
halten, aber er wußte, daß er sich jetzt keine Nachlässigkeit mehr leisten
konnte. Ein drittes Mal würde der
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