053 - Schrei, wenn dich der Hexentöter würgt
Hexentöter sich nicht mehr auf lange
Vorbereitungen einlassen. Diesmal würde er zuschlagen, hart und eiskalt. Auch
Martinus erkannte spätestens in diesem Augenblick, daß er dem Amerikaner nicht
die geringste Chance mehr geben durfte.
Der Hexentöter versuchte zu kontern. Doch X-RAY-3,
angeschlagen, abgekämpft, müde und benommen, wollte es nicht auf einen Kampf
ankommen lassen. Mit einem Aikido- Drehgriff erstickte er den Angriffssprung
seines Gegners im Keim und schleuderte ihn zu Boden. Den linken Arm konnte
Larry praktisch nicht einsetzen. Die rostige Schneide hatte den untersten Teil,
am Knochen vorbei, durchstoßen. Die Wunde mußte dringend abgebunden und
behandelt werden, ehe sich eine Infektion entwickelte. Martinus stürzte zu
Boden und schrie gellend. Er wälzte sich auf die Seite. Sein rechter Arm hing
seltsam leblos an seinem Körper, als könne er ihn nicht mehr bewegen. Der
Hexentöter bemerkte, daß es seinem geheimnisvollen Gegner nur darauf ankam, ihn
schachmatt zu setzen.
Wenn es diesem Mann gelang, ihn zu fesseln und zu
knebeln, dann war auch seine Mission beendet. Doch so leicht ließ sich ein
Michael Thielen nicht fangen. Geistesgegenwärtig handelte Martinus. Er rollte
auf ein Bodenloch zu. Seine Beine versanken darin, dann ließ er sich einfach in
die Tiefe gleiten. Im ersten Augenblick begriff Larry die Reaktion nicht, doch
dann wurde ihm klar, daß dieser Schacht nicht nur ein tödliches Gefängnis,
sondern offenbar auch ein Fluchtweg für Eingeweihte war. Der obere
herausragende Teil der groben Leiter wurde nach unten gezerrt, noch ehe Larry
auf die Schachtöffnung zutaumeln konnte. Er ließ sich auf die Knie fallen, griff
nach unten und spürte die Leiter. Plötzlich knirschte es in dem steinigen
Boden, und die beiden Platten, die vorhin nach unten geklappt waren, hoben sich
wieder in die Höhe. Es knackte, als die Leiter in dieses klobige, primitive
Mahlwerk geriet und zerbrach. X-RAY-3 hockte vor dem glatten Fußboden. Der
PSA-Agent zögerte keine Sekunde, den Mechanismus abermals auszulösen. Er rannte
auf die Stelle zu, wo der Hexentöter vorhin den Stein in der Mauer bewegt
hatte. Larry wiederholte den Vorgang. Die Bodenklappe öffnete sich erneut.
X-RAY-3 rannte hin und sah gerade noch, wie in der Dämmerung des etwa zwei Metertiefen
Schachtes eine Seitenwand geräuschvoll nach vorn glitt und eine Öffnung verdeckte,
durch die der Hexentöter in diesen Sekunden entkommen war. Larry Brent kannte den
Weg und die Möglichkeiten nicht, die sich unter Umständen eröffnen würden, wenn
er erst nach dem Mechanismus der steinernen Geheimtür suchte. Wertvolle Zeit
würde verlorengehen. Er mußte das Haus auf dem Weg verlassen, auf dem er es
betreten hatte, um den Hexentöter...
Da vernahm er schon das ferne Geräusch des aufheulenden
Motors. Der bereitstehende Wagen fuhr davon. Das Motorengeräusch verebbte. Larry
stand da, wie vor den Kopf geschlagen. Die letzten Stunden hatten zuviel von
ihm verlangt, und die schmerzhafte Verletzung trug mit dazu bei, daß er nicht
hundertprozentig auf Draht gewesen war.
Der Hexentöter befand sich abermals auf der Flucht.
Die Suche nach ihm mußte neu beginnen. Doch eines hatte er, Larry Brent,
wenigstens verhindern können: den Tod eines weiteren, unschuldigen Opfers, das
nur deshalb schuldig war, weil die Natur es mit blonden Haaren beschenkt
hatte.
Er näherte sich müde und torkelnd, wie ein
Betrunkener, der seine Glieder nicht unter Kontrolle bekam, der Streckbank, wo
die hübsche, wie im Fieber murmelnde Angelika Foller lag. Er löste die Fesseln.
Es war seine Absicht, das Mädchen so schnell wie möglich von hier wegzubringen,
ehe sie in dieser schaurigen Umgebung erwachte und den Verstand verlor. Bevor
er den leichten, kaum verhüllten Körper aufnahm, riß er ein Stück des Saumes
vom zerfetzten Nachtgewand Angelika Follers und verband sich damit den
verletzten Unterarm. Dann verließ er mit seiner süßen Last das makabre Reich
des Hexentöters. Es war unmöglich, das ohnmächtige Mädchen mit dem Motorrad ins
Dorf zu fahren. Larry wollte dieses Risiko nicht eingehen. Wenn Angelika bei
ihrem Zustand noch eine Lungenentzündung bekam, dann standen die Chancen des
Überlebens wesentlich schlechter.
X-RAY-3 preßte den leichten, reglosen Körper fest an
sich und erwärmte ihn durch seinen eigenen Körper, während er ihn durch die
Nacht trug. Bis zum nächsten Ort waren es gut zwei Kilometer.
Larry Brent ging, so schnell es ihm möglich
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