0530 - Land der Amazonen
dich künftig an das halten, was Zamorra anordnet - oder ich, falls er nicht in der Lage dazu sein sollte. Hier spielt die Musik, Merlin. Hier ist das Kommando. Daran hättest du denken sollen. Künftig fragst du oder wartest auf eine Anweisung, ehe du Kraft für sinnlosen Luxus verschwendest. Kraft, die wir alle später vielleicht noch benötigen.«
Merlin verzichtete auf eine Antwort. Stumm wartete er Zamorras Anweisung zum Aufbruch ab.
Sie wanderten los, folgten der Spur, die die Amazonenschwadron hinterlassen hatte.
Nach drei Stunden meuterten weder Zamorra noch Nicole noch dagegen, daß Merlin das schützende »Schuhwerk« verbessert hatte. In diesen Stunden war ihnen klar geworden, daß sie mit der ursprünglichen, zusammengeschweißten Primitivkonstruktion nicht so weit gekommen wären.
Auch so taten ihnen bereits die Füße weh. Schuh-in-Schuh bot eben seine ganz eigenen Probleme.
Je enger anliegender, um so besser…
Aber es gab noch weitere Probleme.
Nicht nur Zamorra war zwischendurch immer wieder von Insekten gestochen worden, sondern inzwischen auch die anderen.
Und die Stiche schwollen und schmerzten…
***
Laya war für einen Moment unbeobachtet, als sie in eines der kleinen Häuser eindrang; sie hatte ihre Begleiterinnen angewiesen, die Ein- und Ausgänge zu bewachen. Vorsichtshalber hatte sie dabei nichts vom Dach erwähnt. Die Häuser standen derart eng beieinander, daß eine Flucht über die Dächer jederzeit möglich war. Laya stürmte in das Haus, entdeckte drei Bewohner und betäubte sie. So konnten sie weder sehen noch verraten, was die Amazone als nächstes tat. Sie fand die zum Dachboden führende Leiter, stürmte sie hinauf und zog sie hoch. Sie schloß die Luke von oben und rückte eine schwere Truhe, gegen die sie im Dunkeln stieß, dagegen. Unten wurde es laut; ihre Begleiterinnen, denen es im Haus zu ruhig geblieben war und die sich nicht vorstellen konnten, daß eine Amazone mit ein paar armseligen Hausbewohnern nicht fertig wurde, drangen ein und fanden die Betäubten. Derweil brach Laya von innen einige der Dachziegel heraus und arbeitete sich nach oben ins Freie. Das ging zwar nicht ganz ohne Geräusche ab, aber ihre Gefährtinnen würden es nicht so bald schaffen, die Luke wieder zu öffnen. Natürlich konnten sie sich denken, daß Laya über die Dächer entfloh, und sie konnten sich auch denken, warum - schließlich hatten sie alle mitbekommen, welchen grausamen Befehl Royhna erteilt hatte. Aber gerade deshalb würden sie Laya verfolgen müssen. Denn sonst würden sie selbst bestraft werden…
Immerhin hatte Laya sich einen Vorsprung verschafft. Sie sprang gewandt wie eine Katze von einem Dach zum anderen. Mehrmals drohte sie dabei abzurutschen und konnte sich jedesmal nur mit äußerster Mühe halten. Aber innerhalb kurzer Zeit überquerte sie fast die gesamte Stadt, ohne daß ihr jemand folgte. Schließlich gelangte sie in den gemeinsamen Innenhof mehrerer Häuser und drang in eines davon ein. Es stand leer. Vielleicht waren seine Bewohner bereits früher verschleppt worden, vielleicht waren sie aber auch unterwegs.
Laya verlor keine Zeit. In einem der Schränke entdeckte sie ein grobgewebtes Gewand, das eher einem Kartoffelsack glich denn einem Kleidungsstück. Sie riß ihren Schultermantel ab und schlüpfte hinein. Es war ein ungewohntes Gefühl, soviel groben Stoff auf der Haut zu spüren; Amazonen trugen nur das Allernötigste auf dem Leib, um nicht durch schwere Kleidung in ihrer Bewegungsschnelligkeit behindert zu werden. Auch ihre Waffen wurden von dem Sack-Gewand zumindest teilweise verborgen. Niemand, der eine Amazone suchte, würde auf sie achten - Amazonen kannte man nur fast nackt. Im letzten Moment dachte sie noch daran, den von Metallstacheln gekrönten Helm abzunehmen. Sie wickelte ihn in ihren Umhang, der bei Kampfhandlungen ebenfalls abgelegt wurde, und wickelte den Helm hinein. Wieder im Hinterhof, warf sie Umhang und Helm in die Abfallgrube und kratzte ein wenig von den Abfällen darüber, so daß niemand die Sachen auf Anhieb entdecken konnte.
Sie durchquerte das Haus und verließ es durch die Vordertür wieder, den Kopf leicht gesenkt und ein Tuch über ihr Haar gebunden. Niemand achtete auf sie. In einiger Entfernung gab es Lärm, den sie nur zu gut kannte: Die Jagd nach ihr hatte begonnen. Häuser wurden durchsucht und Leute verprügelt, wenn sie keine zufriedenstellenden Antworten geben konnten. Aber vermutlich würden die Amazonen Layas
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