0532 - Der Blutschwur
aus, nachdem Sie uns die Altstadt als Wirrwarr beschrieben haben, daß noch ein weiterer Eingang existiert,, und zwar von draußen.«
»Wir aber nehmen den!« entschied Suko. Er hatte sich bereits gebückt und machte sich an dem ersten Riegel zu schaffen. Der ließ sich mit Leichtigkeit zurückschieben, weil er entsprechend eingefettet worden war. Als er den zweiten Riegel löste, verlor die Luke ihre Spannung und sprang so weit hoch, daß wir mit der Hand bequem unter den Rand fassen und sie anheben sowie senkrecht stellen konnten. Wir ließen sie aber umklappen, und ich leuchtete als erster in die Tiefe.
Was uns entgegendrang, war ein feuchter, modriger Geruch. Kein regelrechter Grabgestank, aber so roch es auch in den Kanalisationen der Städte.
»So stinkt im Sommer der Fluß«, meinte unser Kollege.
»Rechnen Sie damit, daß wir uns unter dem Flußbett wiederfinden werden?«
»Kann sein.«
Suko kniete am Rand und ließ den Lampenstrahl kreisförmig wandern. »Und eine Leiter haben wir auch«, sagte er. »Das scheint mir wie für uns gemacht zu sein.«
»Dann mal los.«
Suko machte den Anfang. Er drehte sich, tastete mit dem rechten Bein in die Tiefe und bekam Halt, wie er meldete. »Okay, es klappt, die Sprossen sind stabil, die halten unser Gewicht aus.«
Als Suko verschwunden war, stieß ich Mitic an. »Jetzt Sie.«
Der Kollege nickte. Er war blaß geworden, schluckte einige Male und hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Ja, ich werde es versuchen.«
»Fürchten Sie sich?«
»Kaum. Wer seine Familie verloren hat…«, er winkte ab. »Na ja, Sie wissen schon.« Auch er stieg in die Tiefe, und ich dachte über ihn nach.
Mitic konnte zu einem Risiko für uns werden, weil er einfach zu emotional reagierte. In diesem Fall aber mußten wir einen klaren Kopf behalten, sonst ging alles schief. Die Finsteren sollten uns nicht bei irgendeiner Schwäche erwischen.
Bevor ich mich auf den Weg in die Tiefe machte, lief ich zum Schalter an der Tür und löschte das Licht.
Jetzt strahlte nur mehr die Leuchtkraft einer Bleistiftlampe aus der Tiefe. Auch ich schaltete meine ein und kletterte nach unten. »Wie geht es?« rief ich, als mein Fuß auf der ersten Sprosse Halt fand.
»Wunderbar«, drang Sukos hallende Stimme zurück. »Bis jetzt keine Schwierigkeiten.«
»Bist du schon unten?«
»Noch zwei Sprossen.«
Das war eine Sache von Sekunden. Ich hörte Sukos Kommentar.
»Geschafft, es ist alles in Ordnung.«
Ich dachte daran, daß Suko schon einmal in die Unterwelt geklettert war, um den Dekan zu verfolgen. Da war er ihm entwischt.
Ich setzte darauf, daß wir diesmal mehr Glück hatten.
Auch Kollege Mitic kam gut voran und hielt sich tapfer. Ich hörte, wie er zu Boden sprang.
Wenig später war ich an der Reihe. Suko und Mitic warteten bereits auf mich. Meine Füße versanken im feuchten Untergrund. Eine Mischung aus Schlamm und Dreck.
Mitic verzog die Lippen. »Ich weiß nicht, ob wir uns schon unterhalb des Flußniveaus befinden, glaube es aber nicht.«
Ich winkte ab. »Was spielt das für eine Rolle? Wichtig ist, daß wir die Finsteren finden.«
Mitic lachte. »Und wo?«
»Keine Sorge«, meldete sich Suko zu Wort. »Wir werden einen kleinen Spaziergang machen. Ich bin sicher, daß wir irgendwann Spuren der Bande finden.«
Wir standen in einem Gang, nein, es war mehr ein breites Gewölbe. Es wurde auch von keinem Abwasserkanal geteilt, wir konnten trockenen Fußes weitergehen.
Ich leuchtete die Wände und auch die Decke ab. Überall blinkte die Feuchtigkeit auf dem Gestein. An zahlreichen Stellen hatte sie sich verdichtet und war zu schweren Tropfen geworden, die in die Tiefe fielen. Sie landeten mit klatschenden Geräuschen auf dem Boden.
Diesen breiten Gang mußten Menschen vor langer Zeit in das Felsgestein hineingeschlagen haben. Das war bestimmt eine saumäßig schwere Arbeit gewesen, er kam mir vor wie ein Fluchttunnel, und Mitic sprach auch wieder von den Zeiten der Türkenbesetzung.
Den Kopf brauchten wir nie einzuziehen. Wir gingen durch den feuchten Schlamm und erreichten schließlich eine unterirdische Kreuzung, wo aus zwei anderen Richtungen Stollen zusammentrafen.
Suko blieb stehen. Er leuchtete den Boden ab, in den linken Stollen hinein und gab einen leisen Pfiff von sich.
»Was hast du?«
»Schau mal zu Boden.«
Ich folgte dem Kegel der Lampe und bekam ebenfalls große Augen. Auf dem weichen Boden zeichneten sich sehr deutlich Schuhabdrücke ab. An einigen Stellen waren
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