Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0532 - Der Blutschwur

0532 - Der Blutschwur

Titel: 0532 - Der Blutschwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
das Bild verbrannt worden? Ich nahm den Rahmen an mich und entdeckte ein Stück Foto, das noch nicht verkohlt war.
    Mit spitzen Fingern zog ich es aus der Rahmenklemme.
    Suko befand sich noch an der anderen Seite und suchte weiter, aber Mitic kam zu mir.
    »Verstehen Sie das?« hauchte er. »Das ist eine Welt für sich. Eine geisterhaft…« Er verstummte, weil er das verkohlte Rahmeninnere gesehen hatte.
    »Was haben Sie da?«
    »Hier ist eine Aufnahme verbrannt, aber ich habe noch einen Rest davon retten können. Hier, schauen Sie mal!« Ich reichte ihm den Schnipsel, den er gegen das Kerzenlicht hielt, um etwas erkennen zu können. Sehr genau schaute Mitic hin, dann zuckte er plötzlich zusammen. »Mein Gott, Sinclair, wissen Sie, was das ist?«
    »Ja, aber…«
    Er faßte mich mit der freien Hand hart an. »Das ist der Rest einer Aufnahme, die meine Tochter zeigte. Begreifen Sie das? Meine Tochter war auf dem Bild, meine Tochter!«
    Ich nickte, denn ich hatte verstanden. Die Fotos, die wir hier in den Rahmen sahen, gehörten zu den Personen, die noch lebten. Die Aufnahmen der Toten waren verbrannt, aus welchem Grund auch immer.
    Mitic hatte den Mund verzogen. Er sah aus, als würden ihm gleich die Tränen kommen. »Maria!« flüsterte er. »Maria, gütiger Himmel.« Er starrte uns an. »Jetzt ist sie zweimal gestorben, ich spüre es. Ja sie ist zweimal tot! Ich…«
    Er war verzweifelt. Ich machte mir Vorwürfe, ihn überhaupt eingeweiht zu haben.
    Suko kam auf uns zu. »Die Diener der schwarzen Rose«, sagte er leise. »Hier sind sie verewigt worden.«
    »Hast du auch verbrannte Fotos gesehen?«
    »Ja, eine Aufnahme.«
    »Es sind die Toten.«
    »Wie meine Tochter«, flüsterte Mitic.
    »Stimmt das, John?«
    Ich nickte Suko zu. Die Zentrale der Bande hatten wir gefunden.
    Nur die Mitglieder selbst waren nicht zu sehen. Sie mußten sich irgendwo verbergen, falls sie überhaupt anwesend waren und sich nicht in oberirdischen Verstecken aufhielten.
    »Jetzt ist guter Rat teuer«, sagte Suko. »Frage: Habt ihr eine Idee, wie es weitergehen könnte?«
    »Wir warten.«
    Suko schüttelte den Kopf. »John, du wirst es nicht glauben, so schlau bin ich auch. Nur bedeutet langes Warten Passivität. Dazu bin ich nicht bereit.«
    Das war wohl keiner von uns, aber was wollten wir machen? Unsere Feinde ließen sich nicht blicken.
    Michael Mitic bewegte sich mit unruhigen Schritten hin und her.
    Manchmal schaute er gegen die Decke, wo ein Teil der Kerzen helle Kreise hinterließ.
    Auch von dort bekam er keine Antwort. Die allerdings erreichte uns von einer anderen Seite.
    Plötzlich hörten wir den Gesang!
    Es waren dumpfe, unheimlich klingende Laute, die aus versteckten Höhlen durch das Gewölbe wehten und unsere Ohren erreichten. Ein schwerer Singsang, erfüllt von einer gewissen Tragik und angereichert mit Todessehnsucht.
    Es war eine unheimliche Melodie, die bei Mitic nicht ohne Folgen blieb, denn wir sahen auf seinem Gesicht die dicke Gänsehaut. Er starrte Suko und mich an.
    »Sie sind da, nicht?«
    »Es sieht ganz so aus!«
    »Und wo?«
    Die Antwort konnte ich mir sparen. Die Diener der schwarzen Rose mußten uns längst beobachtet haben, weil sie sich selbst in den Höhleneingängen an der Seite versteckt gehalten hatten.
    Jetzt verließen sie ihre Verstecke.
    Sie kamen sehr langsam, bewegten sich mit gemessenen und gewichtigen Schritten voran, erreichten den Bereich des Kerzenscheins, der sie umschmeichelte und auf ihre dunkle Kleidung ein Muster aus Licht und Schatten warf.
    Wir hielten den Atem an. Jeder von uns bekam plötzlich das Gefühl, diese Prozession auf keinen Fall stören zu dürfen. Mit sehr sicheren und gemessenen Schritten verteilten sie sich in der Höhle.
    Was wie eine Unordnung aussah, besaß dennoch ein gewisses System, denn die Finsteren blieben vor ihren Fotos stehen und warteten ab.
    Wir standen ihnen gegenüber.
    Ich versuchte, die Distanz zu schätzen, die uns trennte. Das waren vielleicht fünf Schritte, mehr nicht.
    Ich zählte auch nicht nach, die Finsteren waren sowieso in der Überzahl. Mich wunderte nur, daß sie uns völlig ignorierten. Auf dem alten Friedhof hatten sie uns angegriffen, hier aber blieben sie stehen und starrten uns an oder einfach an uns vorbei.
    Das war schon seltsam…
    Mitic atmete heftig. »Sinclair!« zischte er, »wenn ich jetzt wüßte, wer meine Frau getötet hat, dann würde ich…«
    »Gar nichts würden Sie, Mitic. Bleiben Sie ruhig. Tun Sie sich selbst den

Weitere Kostenlose Bücher