0532 - Der Blutschwur
sie sogar tief eingetreten und an den Rändern noch nicht zusammengefallen.
»Hier sind die Hundesöhne hergeschlichen!« flüsterte Mitic und schaute mich an. »Verdammt, Sinclair, das ist die Chance. Wir werden sie kriegen.«
Ich sah seine Wut und sprach mit beschwörender Stimme dagegen. »Beruhigen Sie sich bitte. Noch ist nicht sicher, daß sie sich auch hier unten befinden.«
»Wir müssen sie…«
»Okay!«
Während ich mich mit Mitic unterhalten hatte, war Suko in den schmaleren Gang eingedrungen. Mit Hilfe seiner Lampe verfolgte er die Spuren tiefer in den Stollen hinein. Wir hielten, hinter uns war Suko. Die Luft verschlechterte sich. Sie schmeckte nach fauligem Wasser, und mit jedem Atemzug bekam ich einen schlechteren Geschmack im Mund.
Die Spuren blieben. Sie endeten dort, wo auch Suko stehenblieb.
Genau vor einer Rundbogentür.
Die Tür bestand aus Holzbohlen. Wir sahen ein schwarzes Schloß und eine ebenso schwarze Klinke. Auf dem Metall hatte sich ebenfalls Feuchtigkeit abgesetzt.
»Das ist es!« wisperte Mitic. »Ich spüre es.« Wieder wischte er Schweiß von seiner Stirn.
»Verschlossen oder nicht?« fragte ich Suko.
»Versuchen wir es.«
Wir wechselten die Lampen nach links. Mit rechts zogen wir die Berettas.
Auch Mitic hatte seine Dienstwaffe hervorgeholt. Das Gesicht des Mannes zeigte einen harten, sehr entschlossenen Ausdruck. Er sah aus wie jemand, der es unbedingt wissen will.
Noch einmal redete ich ihm ins Gewissen. »Bitte, Mr. Mitic, reißen Sie sich zusammen. Gehen Sie keinen unüberlegten Schritt. Denken Sie daran, daß die anderen in der Überzahl sind.«
»Darauf können Sie sich verlassen!«
So sicher war ich mir nicht, enthielt mich jedoch eines Kommentars, weil ich ihn nicht noch mehr verunsichern wollte.
Mein Nicken galt Suko.
Er drückte mit dem Ellbogen die schwere Klinke nach unten, preßte gleichzeitig sein Knie gegen die Tür und wunderte sich, ebenso wie wir, daß die Tür so leicht aufschwang.
Sie blieb halboffen stehen. Das reichte aus, um in das darunterliegende Gewölbe sehen zu können.
Unsere Augen weiteten sich.
Mit allem hätten wir gerechnet, nur nicht mit dem, was wir zu sehen bekamen.
Eines jedoch stand fest.
Wir hatten das Zentrum der Finsteren gefunden!
***
Erst Sekunden später, als wir unsere Überraschung verdaut hatten, atmeten wir aus.
Wir traten mit vorsichtigen Schritten über die Schwelle und sahen vor uns ein großes Gewölbe, das nicht leer war, sondern vom Schein pechschwarzer Kerzen erhellt wurde.
Sie standen überall verteilt. Einige von ihnen auf dem Boden, die anderen in Nischen und Spalten an den Wänden, die nicht glatt waren, sondern durch gewölbehafte Einbuchtungen unterbrochen wurden, die uns vorkamen wie die Eingänge zu Höhlen.
Innerhalb des unterirdischen Tempels herrschte eine nahezu bedrückende Stille, die auch an unseren Nerven zerrte, denn damit hatten wir nicht gerechnet.
Ich schloß die Tür und ging wieder zu meinen beiden Begleitern.
Auch Suko schüttelte den Kopf, denn er hatte, ebenso wie Mitic und ich, noch etwas gesehen.
Nicht nur die Kerzen befanden sich in dem Gewölbe. Hinter jeder von ihnen entdeckten wir ein in einem Rahmen steckendes Foto, gegen das der flackernde Widerschein des Kerzenlichts wehte und das Motiv dort ständig verzerrte. Kerzen und Fotos waren in einem großen Halbkreis aufgestellt. Suko deutete nach rechts. »Ich werde mich dort umschauen.«
»Okay.« Ich wußte, was mein Freund gemeint hatte und schlug die andere Richtung ein.
Die Beretta steckte ich weg, sie hinderte mich nur. Von der Tür her hatten wir trotz der Kerzenbeleuchtung nicht genau erkennen können, welche Motive die Fotos zeigten. Erst beim Näherkommen fiel die Blendung weg, und ich erkannte das erste Motiv.
Es war ein junger Mann. Er trug schwarze Kleidung, sein Gesicht sah zwar heller aus, dennoch zeigte es die grauen Schatten auf den Wangen. Ich erinnerte mich, diesen jungen Mann auf dem Friedhof gesehen zu haben, und schritt weiter zum nächsten Bild.
Auch dort sah ich einen Bekannten oder eine Bekannte. Die junge Frau gehörte ebenfalls zu den Finsteren. Auf dem Foto zeigte sie ein kaltes Lächeln.
Dann ging ich zum dritten Bild – und erschrak.
Der Rahmen war zwar leer und trotzdem nicht leer. Er mußte sicherlich mal ein Foto beinhaltet haben, jetzt allerdings existierten nur mehr Rest davon.
Verbrannte Reste, die an den Innenseiten des Rahmens festklemmten wie verkohlte Fetzen.
Weshalb war
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