0532 - Todespoker
jetzt händchenhaltend noch bis zur nächsten Kreuzung gehen. Da trennen wir uns nach einer herzergreifenden Knutsch-Orgie und verschwinden in zwei verschiedenen Richtungen. Derjenige, der nicht weiter verfolgt wird, läuft so bald wie möglich ums Karree, und dann nehmen wir den Burschen in die Zange und fragen ihn, wer ihn hinter uns her geschickt hat.«
»Au ja«, sagte Nicole. »Darf ich ihn auch ein bißchen foltern? Ich habe da letztens in einem Buch über die Geschichte Chinas wunderbare Tips gelesen…«
»He, seit wann bist du unter die Sadisten gegangen?«
Sie zog eine Schnute. »Ich wußte doch, daß du es mir nicht gönnst. Im Mittelalter sind Abertausende von Frauen als Hexen gefoltert worden, und wenn jetzt ich die Sache ein wenig umdrehen will, dann kommt prompt der Protest von euch Männern…«
»Komm, quatsch jetzt keine Opern, Mädchen«, unterbrach Zamorra sie fast eine Spur zu schroff. »Laß uns sehen, daß wir Samtjacke unauffällig zwischen uns bekommen.«
»Als Sandwich-Belag«, murmelte sie. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob er uns die Wahrheit sagt, wenn ich ihn nicht ein bißchen foltere…«
***
Kein guter Ort, um zu sterben. In Spengler stieg Übelkeit auf, aber er versuchte die Nerven zu behalten. Servantes war tot. Er mußte seit gut einer halben Stunde hier liegen, da kam es auf ein paar Minuten auch nicht mehr an. Helfen konnte ihm sowieso niemand mehr. Also erledigte er, wozu er hergekommen war, und fragte sich dabei, warum vor ihm noch niemand den Toten entdeckt hatte.
Wurde diese Toilette dermaßen wenig frequentiert?
Er warf beim Hinausgehen noch einen scheuen Blick auf den Toten, dann fand er im Gang einen Münzfernsprecher, warf einen Dime ein und wählte den Notruf, um die Polizei über den Toten zu informieren. Dann erst kehrte er ins Pokerzimmer zurück.
»Oh, ich dachte schon, Sie wären Miguels Beispiel gefolgt, Wolf«, begrüßte ihn Mark Donner.
»Erfreulicherweise nicht. Servantes ist tot. Ich habe die Polizei benachrichtigt.«
»Was haben Sie?« stieß Donner hervor. »Die Polizei? Sind Sie wahnsinnig, Deutscher? Die stellt doch diesen ganzen Laden auf den Kopf! Ich glaube, wir sollten unsere Zelte ganz schnell abbrechen und verschwinden, ehe die Cops aufkreuzen.«
»Aber was hätte ich denn sonst tun sollen…?« fuhr Spengler auf.
»Jemanden vom Personal informieren, Sie Narr!« bellte Donner. »Man hätte sich um den Toten gekümmert! Jetzt haben wir den Salat! Junge, kommen Sie nie wieder in meine Nähe! Ich könnte versucht sein, Ihnen ein Messer durch die Kehle zu ziehen!« Hastig raffte er seinen Gewinn zusammen und bezog dabei auch die etwa 12000 Dollar von Servantes mit ein. Niemand protestierte.
»Aber… ich verstehe nicht ganz«, murmelte Spengler.
»Natürlich nicht. Sonst hätten Sie richtig gehandelt. Mann, die Art von Poker und die Einsätze, um die wir hier spielen, sind illegal! Sollten Sie so naiv sein, das nicht bemerkt zu haben? Und das ist nicht nur in diesem Zimmer so, nicht nur an meinem Tisch. Aber Sie Narr mußten ja alles verderben…«
Er fragte nicht einmal danach, wie Servantes gestorben war. Ob es Mord oder Selbstmord war. Er hatte Spengler nur das Messer angedroht. Messer. Mit einem Messer hat mich am Nachmittag der Räuber umbringen wollen, und Servantes wurde mit einem Messer - womit sonst? - die Kehle durchtrennt…
Gerret reagierte wesentlich langsamer und ruhiger als Donner. Er zählte erst einmal die Dollars, die vor ihm lagen, um sie dann bedächtig einzustecken. Spence Roberts erhob sich. Er ignorierte, was an Geld und Karten vor ihm lag. »Zeigen Sie mir den Toten, Wolf?« bat er.
»Warum?« Auch in Spengler erwachte mittlerweile der Drang, zu verschwinden. Er bekam nur Ärger, wenn er hier blieb und sich in die Sache hineinziehen ließ. Reichte es nicht, daß er die Polizei alarmiert hatte?
»Weil ich Sie darum bitte«, sagte Roberts eindringlich. Er faßte Spengler am Arm und zog ihn langsam in Richtung Tür. Ach du lieber Himmel! Das hat mir gerade noch gefehlt! Ich wollte zwar Abenteuer erleben, aber…
Mark Donner warf ihnen einen giftigen Blick zu und verschwand. Gerret saß immer noch gelassen am Tisch, als interessiere ihn das alles überhaupt nicht. Wie lange dauert es eigentlich, bis die Polizei kommt?
Roberts drängte Spengler halb vor sich her. »Wo haben Sie den Toten gefunden? Haben Sie sonst noch jemanden in der Nähe bemerkt?«
»Sie fragen wie ein Polizist«, murrte Spengler. »Was
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