0536 - Götzendämmerung
Yanarsar.
„Wenn du nicht sofort zu Sinnen kommst und Reue übst, wird dich der Zorn der Götter treffen."
Cleran ließ sich nicht einschüchtern.
„Wenn du die Macht dazu hast, dann vernichte mich, sonst werde ich dich töten!"
„Nein!" sprudelte es über die Lippen des Yanarsaren. Sein Blick ging zu dem Himmelswagen, der immer noch auf der nahen Lichtung stand, dann über seinen toten Artgenossen zu Cleran.
„Töte mich nicht. Ich möchte dir einen Vorschlag machen." Die kreatürliche Angst vor dem Tod zeigte Cleran, daß er es keineswegs mit einem göttlichen Wesen zu tun hatte, sondern mit einem normalen Sterblichen. „Ich höre", sagte Cleran. „Zuerst nimm das Schwert weg", verlangte der Yanarsar. Cleran kam diesem Wunsch nach. „Und dann gib mir wenigstens Kleider. Mir ist kalt." Cleran schüttelte den Kopf und hob gleichzeitig das Schwert. „Ich glaube, du willst mich nur überlisten. Es wird besser sein, wenn ich dich gleich töte."
„Halt!" rief der Yanarsar. „Höre dir zuerst meinen Vorschlag an.
Was würdest du davon halten, eine solche Rüstung wie ich zu bekommen und feuerspeiende Waffen und einen Himmelswagen?"
„Ich könnte damit nichts anfangen", sagte Cleran unbeeindruckt.
„Du würdest lernen, mit ihnen umzugehen." Der Yanarsar kniff die Augen zusammen. „Du scheinst nicht nur mutig und stark zu sein, sondern auch intelligenter als die anderen Eingeborenen.
Leute wie dich können wir immer gebrauchen."
Cleran verzog das Gesicht. „Habe ich es mir gedacht, daß jeder ein Yanarsar werden könnte."
„Nicht jeder, man benötigt gewisse Fähigkeiten", widersprach der Yanarsar.
„Ich meinte es auch so, daß ihr auch nur Menschen seid", sagte Cleran. „Was gibt dir das Recht, dich als göttliches Wesen auszugeben und Menschen zu unterjochen."
„Ich bin bei den Sternen geboren und dazu auserwählt, Shavi Yanars Worte in Taten umzusetzen. Ich biete dir noch einmal an, einer von uns zu werden."
„Und was muß ich dazu tun?"
„Besteige zusammen mit mir den Himmelswagen, und ich werde dich dorthin bringen, wo man aus dir einen Yanarsar macht."
„Wie heißt dieser Ort?" fragte Cleran erwartungsvoll.
„Yönyegy."
„Aber das ist die Hauptstadt von Vomeggen", rief Cleran verblüfft. Er wurde mißtrauisch. „Eigentlich habe ich erwartet, daß du mich in einen Tempel Shavi Yanars bringen würdest."
Der Yanarsar machte eine theatralische Geste. „Shavi Yanars Geist wohnt in all seinen Tempeln, aber Yönyegy ist der Ort, wo er sich in einem Körper niedergelassen hat."
Cleran spürte, wie der angestaute Haß gegen die Götzen der Schwarzen Kunst in ihm aufflackerte. Shavi Yanar war einer von diesen Götzen -er mußte getötet werden.
„Bringe mich in deinem Himmelswagen nach Yönyegy", sagte Cleran entschlossen.
„Nicht, bevor ich meine Kleider habe", erklärte der Yanarsar.
„Wenn ich in diesem Aufzug erscheine, mache ich mich für alle Zeiten unmöglich. Dann ziehe ich den Tod schon vor."
Cleran merkte, daß es dem Yanarsaren ernst war, deshalb entschloß er sich, ihm die Kleider, nicht aber die Rüstung und die Waffen zu überlassen.
Cleran blieb wachsam, während sich der Yanarsar die Kleider überstreifte. Nachdem er angezogen war, sagte er: „Nimm die Waffen an dich, denn Strahler sind knapp geworden."
Cleran ließ den Yanarsaren nicht aus den Augen, während er sich nach den feuerspeienden Waffen bückte.
Dabei passierte ihm das Mißgeschick. Er berührte irgendeinen Hebel oder einen Drücker und plötzlich schoß ein blendender Strahl aus einem der Waffenläufe.
Cleran schrie auf, als sein linker Arm von der Flammenglut umhüllt wurde. Er schrie nicht vor Schmerz, sondern mehr aus Überraschung. Er sah zu, wie sein Unterarm aufglühte und verspürte immer noch keinen Schmerz. Erst als die Glut erlosch und sein Unterarm sich in Nichts aufgelöst hatte, wurde ihm schwarz vor Augen.
Er brach zusammen, verlor aber nicht das Bewußtsein.
„Warum tötest du mich nicht?" fragte er in die Finsternis hinein, die sich auf seinen Geist senkte.
„Weil du einer von uns bist", antwortete der Yanarsar.
Diese Geschehnisse lagen schon einige Zeit zurück. Cleran war in die Reihen der Yanarsaren aufgenommen worden. Aber das hatte ihn keinen Schritt weitergebracht. Er war von den Götzen der Schwarzen Kunst so weit entfernt, wie an dem Tage, an dem er mit zwanzig Tapferen und seinem Freund Aklirio Garalan aus dem Norden aufgebrochen war.
Dennoch gab er die
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