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0536 - Götzendämmerung

Titel: 0536 - Götzendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Altarsäulen das „Energiefeld" entstehen und „aktivierte" die drei „Roboter".
    Unter den Klängen aus der Lautsprecheranlage und den Gesängen der Götzenanbeter trugen die Roboter die Pakete mit dem Dreiseelen-kraut zu den Säulen des Altars. Dort wurden sie auf kleine Wagen gelegt. Wenn ein Wagen beladen war, gab ihm ein Roboter einen Stoß, und der Wagen rollte auf das fluoreszierende Energiefeld zu - und verschwand darin.
    Es schien, als würde er in dem Leuchten zwischen den Altarsäulen vergehen. Das glaubten zumindest die Tempelbesucher, aber Cleran wußte es besser. Er hatte inzwischen erfahren, daß das Dreiseelenkraut nicht wirklich geopfert, also nicht vernichtet, sondern an einen anderen Ort transportiert wurde.
    Nachdem auch der letzte Wagen mit dem Dreiseelenkraut im Energiefeld des Altars verschwunden war, kamen die Mädchen an die Reihe. Cleran beobachtete sie. Sie wirkten gefaßt und ruhig und schienen keine Angst vor dem vermeintlichen Tod zu haben. Kein Wunder, daß sie ihr Schicksal so leicht ertrugen.
    Man hatte sie vorher Dämpfe des Dreiseelenkrauts inhalieren lassen. Jetzt waren ihre Sinne umnebelt, sie hatten traumartige Visionen und wußten gar nicht, was mit ihnen geschah. Sie schritten im Gleichschritt auf den Altar zu - wie es das Zeremoniell verlangte. Immer wenn eines der Mädchen das Energiefeld erreichte, blieben die anderen stehen. Das grüne Licht über den Altarsäulen leuchtete auf, das Mädchen verschwand im Energiefeld. Das nächste trat an ihre Stelle und wartete geduldig, bis das grüne Licht erschien ...
    Cleran stellte fest, daß das Verhalten des letzten Mädchens sich von dem der anderen unterschied. Entweder hatte sie eine zu geringe Dosis des Dreiseelenkrauts bekommen, oder sie war gegen die Dämpfe immun. Jedenfalls zeigte sie Unruhe, blickte verzweifelt um sich und machte Anstalten, als wolle sie aus der Reihe ausbrechen.
    Als ihre Vorgängerin im Energiefeld verschwand, schien es, als würde sie völlig die Nerven verlieren. Aber ein aufmerksamer Roboter kam an ihre Seite und führte sie zu den Altarsäulen.
    Dort ließ er sie los und zog sich zurück.
    Das Mädchen dachte nicht daran, durch den Torbogen aus Energie zu schreiten.
    Cleran wurde ungeduldig. „Mach schon, Mädchen", raunte er. „Es geschieht dir nichts."
    Das Mädchen konnte ihn natürlich nicht hören. In ihren Augen stand Todesangst. Und in diesem Augenblick erkannte Cleran sie. Nyryla!
    Nyryla, die Tochter des Herbergenwirts.
    Ohne lange zu überlegen, schaltete sich Cleran ein. Er legte einen Hebel um, der für Notfälle und Pannen vorgesehen war, von denen die Götzendiener nichts sehen durften. Augenblicklich entstand um das Mädchen ein „Deflektorschirm", der es unsichtbar machte.
    Die Tempelbesucher atmeten auf, für sie war das Zeremoniell abgeschlossen.
    Cleran dagegen verließ die Kanzel und hastete über die Wendeltreppe hinunter. Wenig später war er bei Nyryla, zerrte sie aus dem Deflektorfeld und brachte sie in eine Kammer hinter dem Altar. Als sie ihn erkannte, fiel sie ihm schluchzend um den Hals.
    Auf einmal stieß sie ihn jedoch von sich. Mit weitaufgerissenen Augen betrachtete sie seinen linken Arm.
    Ihre Abscheu versetzte ihm einen Stich in der Brust, und er verbarg die Prothese schnell hinter dem Rücken.
     
    12.
     
    „Ich atmete schon als kleines Kind die Dämpfe des Dreiseelenkrauts ein", erklärte sie. „Mein Vater ist schon seit vielen Sommern süchtig. Er kann ohne die Bilder, ohne die Träume nicht mehr leben. Vielleicht zeige ich deshalb keine Wirkung auf die Dämpfe des Dreiseelenkrauts, weil ich sie von Geburt auf geatmet habe."
    Er strich ihr mit der Rechten über das Haar.
    „Du machst einen viel klügeren Eindruck als die anderen Frauen", sagte er. „Ich suche schon lange nach einer Gefährtin, die mir mehr als nur einen Körper zu bieten hat. Ich möchte dich zu meinem Weib machen - das heißt, wenn du mich nicht abstoßend findest."
    „Zeig bitte her", verlangte sie leise.
    Er brachte die Linke hinter dem Rücken hervor und hielt ihr die Prothese hin. Sie strich vorsichtig über die Plastikhand, bewegte die Finger, drehte an den Gelenken.
    „Sie ist viel vollkommener als eine echte Hand", sagte sie dann und blickte ihm in die Augen. „Verzeih mir, wenn ich dich vorhin gekränkt habe. Aber ich wußte nicht, womit du mich berührtest."
    „Schon gut." Er glaubte ihr.
    „Jetzt verstehe ich auch, warum du ein Yanarsar geworden bist", fuhr sie fort.

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