0537 - Der Voodoo-Drache
kürzesten, öffentlichsten Weg nimmt und sich dabei auch noch mit jemandem im Foyer unterhält? Glaubst du, daß wir durch diesen Gast etwas herausfinden?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe es wenigstens. Sagt dir der Name Aristide Mondragon etwas?«
Sie schüttelte den Kopf. »Klingt aber romantisch.«
Zamorra sah etwas neben dem Sessel auf dem Boden liegen. Er bückte sich und hob es auf.
»Seltsam«, sagte er. »Was ist denn das hier?«
Es war briefmarkengroß, leicht gewölbt und fühlte sich an wie Horn. Die Unterseite war rauh und faserig, die Oberseite glatt poliert und schillerte bunt. Es schien hautwarm zu sein, aber Zamorra war sich in diesem Punkt nicht hundertprozentig sicher.
»Wenn es nicht so verrückt klänge«, sagte Nicole, »würde ich es für eine Schuppe halten.«
»Schuppe?«
»Die eines Drachen.«
Zamorra sah sie zweifelnd an. »Ob so ein nettes Haustierchen hier durch die Eingangstüren paßt? Außerdem müßte es unserem guten Jaques doch aufgefallen sein. Er hat aber nur Mondragon gesehen, der hier saß und in der Zeitung blätterte.«
Der Concierge hatte inzwischen sein Telefonat beendet und kam heran.
»Ich bedaure. Monsieur Mondragon hat ein Gespräch mit Ihnen abgelehnt. Er möchte auch nicht gestört werden.«
»Er ist also in seinem Zimmer. Nummer?« hakte Zamorra rasch nach.
»Monsieur, ich habe Ihnen doch ausrichten dürfen, daß Monsieur Mondragon…«
»Jaques!« tadelte Zamorra. »Haben Sie immer noch nicht begriffen, daß ich versuche, Ihnen beziehungsweise diesem Haus einen Gefallen zu tun, indem ich selbst herauszufinden versuche, was hier vorgeht, statt die Polizei herbeizupfeifen?«
»Nun gut. Es ist nicht meine Verantwortung«, versuchte sich der Concierge aus der Affäre zu ziehen. »Zimmer 335.«
»Na also, warum nicht gleich?« Zamorra lächelte ihn freundlich an und ließ die seltsame Schuppe in der Jackentasche verschwinden. »Dann werde ich mal dort höflich anklopfen.«
»Bitte, keinen Ärger, Monsieur«, flüsterte Jaques eindringlich.
»Ich bin es doch nicht, der hier für Ärger sorgt.«
»Ach, da ist noch etwas«, sagte Jaques, der ihm folgte, während Zamorra mit Nicole zum Lift schritt. »Es fällt mir jetzt gerade ein. Ich weiß nicht, ob es für Sie wichtig sein könnte.«
»Und das wäre?«
»Monsieur Mondragon hat zwei Zimmer gemietet. Eines für sich, und die 337 für eventuelle Besucher…«
***
Ein Gespräch mit Zamorra war das letzte, was Ariston in diesem Moment gebrauchen konnte. Es reichte ihm völlig, daß der Auftraggeber sich bemerkbar gemacht und zur Eile gedrängt hatte. Wenn Ariston etwas haßte, dann war es übertriebene Hektik. Und er war sicher, daß sein Auftraggeber übertrieb.
Er hatte einen festen Plan entwickelt, eine exakte Vorgehens weise, und es gefiel ihm gar nicht, daß der Auftraggeber nun verlangte, schneller vorzugehen. Dabei hatte er anfangs sogar noch vor der Gefährlichkeit dieses Zamorra gewarnt.
Nicht ganz zu Unrecht, denn wider Erwarten schien Zamorra eine Spur gefunden zu haben. Dabei konnte seines Erachtens niemand gesehen haben, daß er dem Mädchen ein Zeichen gegeben hatte, und das Gespräch in jenem Spalt zwischen zwei Häusern hatte auch niemand beobachtet. Wie also kam Zamorra ausgerechnet auf ihn?
Ariston mußte damit rechnen, daß Zamorra in Kürze hier erschien. So wie Ariston ihn einschätzte, würde er sich von der Nachricht über den Concierge, ein Gespräch sei nicht erwünscht, nicht abschrecken lassen. Männer wie Zamorra pflegten überaus aufdringlich und unbeirrbar zu sein. Deshalb verließ Ariston sein Zimmer durch das Fenster. Es war immer geöffnet, wie auch das des Nebenraums.
Einfacher wäre es zwar gewesen, zwei Zimmer mit einer Verbindungstür zu nehmen, doch das wäre zu auffällig gewesen; immerhin mußte er damit rechnen, daß jemand bei ihm eindrang und Nachforschungen anstellte. Bei Zamorras Unterkunft hatte er es schließlich nicht anders angeordnet.
Er glitt in das andere Zimmer hinüber, um abzuwarten. Er scheute die direkte Konfrontation, bei der er nur verlieren konnte. Die Zeit war noch nicht reif. Er hatte den Zauber noch nicht vorbereiten können. Der Auftraggeber hatte ihn schließlich daran gehindert, indem er Aristons kostbare Zeit mit seinem überflüssigen Drängen vergeudete.
Ariston war gespannt darauf, was nun geschah. Er selbst fühlte sich in Sicherheit…
***
Zamorra und Nicole brauchten sich grundsätzlich nicht zu verständigen,
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