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0538 - Der Wechselbalg

0538 - Der Wechselbalg

Titel: 0538 - Der Wechselbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ihnen anbieten?« Sie ging voraus, legte etwas hektisch den Mantel ab und führte ihre Besucher ins Wohnzimmer.
    »Ein Glas Wasser«, bat Nicole.
    »Sie können auch Kaffee haben.« Dafür erhielt sie doppelte Zustimmung und servierte.
    »Was ist nun mit Carrie?« fragte sie. »Das wüßten wir gern von Ihnen«, respondierte Nicole. »Sie hat bis vor sieben Jahren nebenan gewohnt, nicht?«
    »Sie hat fast mehr bei uns gewohnt als drüben«, sagte Dozard. »Sie hatte an unserer Arlene einen Narren gefressen. Dabei war sie noch seltsamer als Arlene. Als die Kleine dann starb, ist Carrie fortgezogen. Ich glaube, sie hat irgendwo ein Haus gekauft.«
    »Ihr Kind ist tot? Das tut mir leid«, sagte Zamorra.
    Nicole nickte überrascht. »Waren Sie deshalb auf dem Friedhof?«
    »Ja. Ich sah Ihren Wagen. Irgendwie wußte ich, daß Sie zu uns wollten. Wissen Sie, wo Carrie jetzt lebt?«
    »In Arlebosc.«
    »Ach, ja? Geht es ihr gut?«
    »Den Umständen entsprechend.« Gabrielle Dozard ließ sich ihren Besuchern gegenüber nieder. »Sie haben doch sicher einen Grund, sich nach ihr zu erkundigen. Was ist passiert?«
    »Wir stellen Ermittlungen an. Ich bin Professor für Parapsychologie«, sagte Zamorra und wunderte sich im nächsten Moment darüber, daß er jetzt zum erstenmal bei diesen Befragungsaktionen seinen Beruf nannte.
    »Parapsychologie… das hat doch mit Spuk und Okkultismus zu tun?«
    »Hin und wieder.«
    »Ich hatte damals viele schlimme Träume«, sagte Gabrielle Dozard gedankenverloren. Dann straffte sie sich. »Und, Monsieur?«
    »Sie sagten eben, Madame Zoraque sei noch seltsamer gewesen als Ihr Kind… verzeihen Sie…«
    »Da gibts nichts zu verzeihen. Arlene ist tot und lacht nie wieder auf dieser Welt. Nur noch in meinen Träumen. Sie war unser Kind, nicht Ihres. Sie haben selbst keine Kinder?«
    Ihre Besucher schüttelten die Köpfe. »Schon gut. Arlene war… nun ja, etwas eigenartig. Sie entwickelte sich viel zu schnell. Vielleicht lag es daran, weshalb sie so früh starb. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, weshalb ich mit Ihnen darüber spreche. Ich… lachen Sie mich nicht aus, aber manchmal hatte ich das Gefühl, Arlene sei nicht mein Kind. Nein, das ist falsch. Sie sei nicht… aus dieser Welt. Kein Menschenkind. Sie war oft so… so anders. Fremd. Ich konnte dann nicht verstehen, warum sie dies oder jenes machte. Warum sie einen Vogel fing und ihn lebend rupfte und zum Teil aufaß… warum sie einen Nachbarsjungen dazu brachte, auf den zweithöchsten Ast eines Kirschbaums zu steigen und sich dann einfach fallen zu lassen… und vor allem, wie… dabei war sie doch so klein. Sie ist gerade mal drei Jahre alt geworden. Aber sie konnte schon nach einem Dreivierteljahr ganze Sätze sprechen, und sie konnte schauen… sie hatte so einen Blick, der…«
    Dozard verstummte.
    Sie schluckte. Nach einer Weile fügte sie hinzu: »Sie war so anders, verstehen Sie? Mein Mann hat einmal so ein seltsames Wort gebraucht. Sie käme ihm vor wie ein Wechselbalg, sagte er.«
    »Ein vertauschtes Kind? Zwerge und Kobolde tun so etwas«, sagte Nicole. »Sie rauben das eigentliche Kind und legen ihr eigenes in die Wiege. Wie ein Kuckucksei. Das geraubte Kind erziehen sie wie ihr eigenes. Es ist später wie einer von ihnen, den Menschen völlig entfremdet.«
    »Ich weiß. Aber es kann nicht sein. Diese Fabelwesen würden doch nicht zulassen, daß der Wechselbalg stirbt! Aber Arlene ist tot. Und… nein, ein Wechselbalg war sie nicht… obgleich sie manchmal so seltsam war.«
    Mit drei Jahren gestorben, dachte Zamorra. Danach zog Carrie Zoraque nach Arlebosc und wurde zu Cora Carrieux. Sieben Jahre lang. Sieben plus drei sind zehn…
    »Sie sind wirklich sicher, daß Arlene Ihr eigenes Kind war?« fragte Zamorra.
    »Chef!« fuhr Nicole ihn an. »Du bist heute unmöglich!«
    »Was wollen Sie damit sagen?« stieß Dozard hervor. »Etwa, daß… nein!«
    »Der Wechselbalg-Gedanke könnte möglicherweise stimmen«, sagte Zamorra. »Ihr Kind könnte wirklich vertauscht worden sein,«
    »Sie machen mir Angst«, sagte Dozard. »Es gibt keine Zwerge und Kobolde. Das sind alles nur Märchen.«
    »Erzählen Sie mir bitte etwas über Carrie Zoraque«, lenkte Zamorra ab.
    Aber Gabrielle Dozard schüttelte den Kopf. »Erst, wenn Sie mir verraten, was Sie eigentlich wollen«, sagte sie. »Vorhin sprachen Sie von Ermittlungen. Sie sind Parapsychologe. Sie deuten an, daß unsere Tochter vertauscht worden sein könnte. Was, zum Teufel,

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