0538 - Die drei aus dem Totenhaus
gezeichnet sein, das kann ich dir versprechen. Ich habe mich bisher vor den Menschen verborgen gehalten, das soll nun vorbei sein. Ich bin wieder da, hast du gehört? Wieder da!«
»Es war nicht zu überhören«, erwiderte ich und lächelte knapp.
»Aber wie willst du mich zum Zombie machen? Ich kann mir vorstellen, daß es nicht so einfach sein wird.«
»Es reicht eine Kugel!«
»Du willst mich erschießen?«
»Genau. Dann werde ich dich von hier wegbringen und deinen Leichnam beschwören. In mir steckt eine gewaltige Kraft. Fünf der bösen Geister haben sie mir gegeben, du wirst der sechste sein, dein Freund der siebte.«
»Dann erschießt du ihn ebenfalls?«
»Nach dir.« Um seine Worte zu unterstreichen, streckte er sich demonstrativ.
Jetzt kniete er in einer ziemlich steifen Haltung vor dem Rand der Luke.
Er hatte die rechte Hand unter seine lange Kutte geschoben. Ich wußte, was folgte und hatte mich nicht getäuscht. Sehr rasch zog er eine Waffe hervor.
Es war meine Beretta!
»Wenn es sein muß, werde ich alle Kugeln in deinen Körper schießen, bis kein Leben mehr in dir ist«, versprach er und zielte schräg auf meine Brust.
Ich streckte den Arm aus. »Moment, Moment, nicht so schnell!«
Plötzlich hatte ich Herzklopfen bekommen. Daß sich das Blatt derart wenden würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Dieser Kuttenträger hatte es tatsächlich geschafft, mich von einer Sekunde auf die andere in höchste Lebensgefahr zu bringen.
»Was willst du noch?«
»Dir etwas zeigen oder geben.«
»Was sollte ich von dir bekommen können, was ich nicht schon selbst besitze?«
Da hatte er im Prinzip recht, nur sagte ich ihm das nicht. Ich baute meinen Widerstand auf etwas ganz anderes. »Hör mir zu. Ich weiß, daß du mit den sieben bösen Geistern in Verbindung stehst…«
»Es stimmt.«
»Befinden sie sich hier in der Umgebung. Geister sind unsichtbar. Sie können einen Menschen umkreisen, ohne daß man sie sieht. Habe ich recht?«
»Du kennst dich aus.«
»Ein wenig. Noch einmal. Wir sind also von den sieben bösen Geistern umgeben?«
»Ja, und Teile von ihnen stecken bereits in meinem Körper. Das darfst du nicht vergessen.«
»Ich habe es auch nicht vergessen, und ich sehe ein, daß ich gegen dich keine Chance habe. Deine Kugel wird immer schneller sein, das weiß ich genau.«
»Was willst du dann noch? Nur reden oder vielleicht um dein erbärmliches Leben betteln?«
»Hätte es Sinn?«
»Nein.«
»So sehe ich das auch. Ich habe erkannt, daß ich am Ende meines Weges angekommen bin. Du hast mich nach Waffen durchsucht und keine gefunden. Trotzdem hast du etwas übersehen. Einen Gegenstand, den ich dir zum Abschied geben möchte.«
»Was ist es?«
Natürlich sagte ich ihm nicht, daß es sich dabei um mein Kreuz handelte. »Ich habe einen Talisman, an den ich fest glaube. Wenn du ihn haben willst, ist es gut, wenn nicht, werde ich mit diesem Talisman in der Hand sterben. Ist das ein Wort?«
Klappte es, klappte es nicht?
Es war schwer, so verflucht schwer. Nur seine Augen bewegten sich, leider nicht die Waffe.
Ihre Mündung wies nach wie vor auf mich. Sie starrte mich an wie ein kaltes, dunkles Auge.
»Ist er wertvoll?«
»Für mich schon.«
»Du willst also mit ihm sterben?«
Ich schöpfte Hoffnung. Wer so fragte, der war bereits zur Hälfte überzeugt. »Ja, es hat mich so lange begleitet.«
»Dann hol es hervor!«
Jubeln wollte ich nicht, aber ich sah eine sehr dünne Chance. Der Vermummte hatte mir erklärt, daß sich in der Umgebung die von ihm so geschätzten sieben bösen Geister befanden. Dämonen, die schon in alten Schriften erwähnt wurden, nicht sichtbar, dennoch vorhanden und für mein Kreuz sicherlich zu spüren, wenn ich es aktivieren konnte.
Die Lampe mußte ich eingeschaltet in der Linken behalten. Er wollte jede meiner Bewegungen kontrollieren können.
Ich überhastete nichts, ließ mir Zeit und dachte mir bereits den richtigen Zeitpunkt aus.
Sehr vorsichtig streifte ich die Kette über den Kopf. Sie war dünn, aber sehr haltbar, und sie wirbelte mir im Nacken die Haare hoch, als sie darüber hinwegglitt.
Ich merkte, wie das Kreuz an meiner Brust höher rutschte. Sofort wollte ich es ihm noch nicht zeigen und verbarg es, als es aus dem Halsausschnitt glitt, unter meiner Handfläche.
»Wo ist es?«
»Moment.« Ich drehte die Hand herum. Das Kreuz lag jetzt offen.
Genau in dem Augenblick sprach ich die Formel.
»Terra pestem teneto – Salus hic
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