0541 - Buddhas schreckliche Botschaft
des Glases.
»Ihre Pläne gefallen mir nicht«, erklärte er offen. »Sie gefallen mir überhaupt nicht. Wissen Sie, wer ich bin?«
»Nicht genau.«
Das Genie lächelte falsch. »Wissen Sie eigentlich, daß ich die Wiedergeburt einer bestimmten Person bin?«
»Ich las davon. Buddha – nicht wahr?«
Gigantus nickte. In seinem Gesicht bewegte sich nichts. »So ist es tatsächlich. Buddha ist in mir wiedergeboren worden. Ich spüre seine Kraft, und ich werde mich mit allen Mitteln für seine Ziele einsetzen. Verstehen Sie?«
»Bis jetzt habe ich keine Schwierigkeiten.«
»Seine Ziele waren friedlich. Er hat eine Religion gegründet, die beinahe weltumspannend geworden ist. Buddha ist der Erleuchtete. Er wurde in Nepal geboren und starb an zu fettem Schweinefleisch. Er war verheiratet, hatte einen Sohn, zog aber im Alter von 29 Jahren hinaus in die Welt und wurde Bettler. Nach sechs Jahren unbefriedigter Wahrheitssuche und ebenso erfolgloser Schmerz-Askese wartete auch auf ihn das große Glück. Die vollkommene Erleuchtung fand er unter dem Boddhi-Baum zu Gaya. Danach lehrte er über 45 Jahre, bis er schließlich im Alter von 80 Jahren starb. Er ist weder ein Gott gewesen noch ein Prophet. Er war das höchste menschliche Wesen, das aus eigener Anstrengung die endgültige Erlösung vom Leiden und dabei die höchste Weisheit gewann. Davon jedenfalls spricht man immer, aber man vergißt dabei, auch sein immenses Wissen zu erwähnen.«
»Hatte er das?«
»Ja. Ich weiß es genau, denn er ist in mir wiedergeboren worden. Ich habe sein Wissen übernommen.«
Wladimir blieb skeptisch. »Nicht die Anlagen?« fragte er. »Die waren vorhanden. Überdurchschnittlich, genial. Sie brauchten darauf nur aufzubauen.«
Das Hauptgericht kam. Die Blinis waren frisch. Das Buchweizenmehl, aus denen sie hergestellt worden waren, duftete noch. Lachs und Kaviar gab es dazu.
»Essen Sie schnell, Wladimir. Wenn der Lachs zu warm wird, bekommt er einen leichten fischigen Geschmack.«
»Danke für den Rat.«
Während des Essens schwiegen sie. Golenkow konnte sich auf das Mahl nicht so recht konzentrieren. Er dachte über die Informationen nach, die er bekommen hatte. Ihm ging es ja nicht darum, herauszufinden, wie groß das reale und faßbare Wissen dieses Genies war, ihn interessierte die metaphysische Seite des vor ihm Sitzenden.
Gigantus war schnell fertig. Er stieß auf und grinste. »Es war gut, sehr gut.«
»Ich kann auch nicht klagen.«
»Sie denken über mich nach.«
»Richtig.«
»Ich bin trotzdem anders als Buddha, denn ich habe noch andere Wünsche und liebe gewisse Dinge, denen er später entsagt hat.«
»Sie meinen die Frauen.«
»Ja, auf sie kommt es mir an.«
»Hat man Ihnen nicht eine Frau hier ins Camp geschickt? Sie verlangten nach einer Chinesin, die haben Sie bekommen. Jetzt müssen Sie zusehen, wie Sie…«
»Hören Sie auf, Golenkow! Ich war nicht zufrieden mit ihr.«
»Sie soll aber sehr hübsch gewesen sein.«
Gigantus beugte sich vor. »Ich will hier raus«, sagte er. »Ich werde diesen Komplex verlassen. Sie sind mir dabei behilflich. Ist das klar, Towaritsch?«
Wladimir nickte. »Natürlich, ich werde alles tun. Nur müßten Sie mir auch dabei entgegenkommen.«
»Wieso?«
»Lassen wir mal Ihre großartige Begabung beiseite, Gigantus, und kommen wir zu anderen Dingen, die für mich wesentlich interessanter sind. Mir geht es um Ihre besonderen Fähigkeiten. Wie ich hörte, haben Sie in einem alten Dialekt Dinge geschrieben, die…«
»Ja, das habe ich. Es war eine alte Schrift. Sie datierte…« Er überlegte einen Moment. »Kennen Sie sich auf dem Gebiet der Mythologie aus?«
»Ein wenig.«
»Gut, die Botschaft stammte aus der Zeit, als es noch keine Trennung zwischen der chinesischen und der japanischen Mythologie gab. Die Götter waren gleich. Ich bekam die Botschaft, die Geister strömten in mich hinein…«
»Und Ihre Finger veränderten sich. Sie schrieben mit der Fingerspitze, wenn ich richtig gelesen habe.«
»Ja, ich brauche keinen Füllfederhalter.«
»Wer schickte die Eingebung?«
»Eine dumme Frage. Ich bin Buddha, der Erleuchtete. Was brauche ich noch eine Eingebung?« Er schüttelte den Kopf. »Meine Macht ist jetzt schon gewaltig. Ich werde mich um Dinge kümmern, die hinter den Realitäten liegen.«
»Die Welt der Götter und Dämonen.«
»Auch.«
»Dazu müssen Sie frei sein.«
»Eben.«
Wladimir nickte. »Aber wie ist das mit den Frauen? Weshalb waren Sie mit der
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