0546 - Ihr Traum vom Reich des Schreckens
sprechen. »Haben Sie sonst noch etwas erfahren, das für uns wichtig sein könnte?«
»Ich habe Ihnen im Prinzip alles gesagt. Nur, daß diese Person Sie vernichten will, Mr. Sinclair. Sie müssen ihm einen Streich gespielt haben, das heißt wir, denn uns ist es gelungen, den Weg, der von einer in die andere Welt führte, zu zerstören.«
»Da haben Sie allerdings recht.« Ich blickte Suko an. »Das ist für dieses Engelsgesicht durchaus ein Motiv.«
»Meine ich auch.«
»Sagen Sie, Kyra, hat Glarion mit Ihnen auch über andere Dinge gesprochen. Ich meine, was er genau vorhat?«
»Ja und nein. Es war alles etwas verschwommen. So will er oder sie, daß die alte Architektur nicht mehr in Vergessenheit gerät. Ich kann mir vorstellen, daß sie durch ihre Kenntnisse die Landschaft in dieser Zeit verändern kann.«
»Verändern ist gut«, murmelte ich.
»Mehr weiß ich auch nicht.«
»Es ist doch so«, sagte Suko. »Diese Merete wird versuchen, Dinge in unsere Zeit hineinzuschieben, die einige zehntausend Jahre zurückliegen. Atlantis in England. Wie gefällt dir das?«
»Nicht gut«, erwiderte ich.
»Mir auch nicht.«
»Was machen wir?«
»Sie stoppen.«
»Und wie?«
Da war Suko auch ratlos. Ich trank mein Glas leer, stand auf und begann mit meiner Wanderung durch den Raum. »Es gibt gewisse Dinge, an denen wir nicht vorbeigehen sollten. Atlantis ist natürlich wichtig, aber ich möchte es als Komplex zurückstellen. Wir alle haben erlebt, daß Merete etwas mit Steinen zu tun hat. Mir will einfach nicht aus dem Kopf, daß wir die Flammenden Steine ausschließen können. Ich glaube fast daran, daß wir dort ansetzen müssen. Auch sie sind in gewisser Hinsicht ein Stück Architektur, wenn du so willst.«
»Dann versuche mal, Kontakt mit Myxin und Kara aufzunehmen.«
»Das muß ich.«
»Wie wollen Sie das anstellen?« fragte Mrs. Benson.
»Tja, meine Liebe. Ich hoffe, daß die beiden für mich empfangsbereit sind.«
Kyra schaute mich an, als hätte ich versucht, ihr eine schwierige mathematische Formel zu erklären. Ich konnte sie gut verstehen, denn ich begriff das meiste selbst noch nicht…
***
Wendy Lakeman, die junge Verkäuferin aus dem Blumengeschäft, hatte ihrer Chefin erklärt, daß sie sich nicht wohl fühlte.
Der Besitzerin war es nicht recht gewesen. »Ausgerechnet heute, wo ich weg…«
»Es tut mir leid, ich…«
»Ja, ja, geh schon, Wendy, aber morgen bist du wieder hier im Laden.«
»Das verspreche ich.«
Mit der »Tube«, der U-Bahn, war Wendy nach Hause gefahren.
Wie ein scheues Reh hatte sie sich in die Ecke gesetzt und dabei versucht, an das Vergangene nicht zu denken.
Es war ihr nicht gelungen. Die Ereignisse waren einfach zu einschneidend gewesen.
Sie hatte in den letzten beiden Tagen den Schrecken kennengelernt. Begonnen hatte es mit dem Besuch des schönen Jünglings, der einen Strauß Blumen gekauft hatte. Er war für einen Polizisten bestimmt gewesen, und Wendy hatte die Blumen persönlich überreicht. Bezahlt worden war sie mit einer alten Goldmünze, was sie auch nicht begriffen hatte, ebensowenig wie die Szene im Geschäft, als der Käufer mit drei Schlägern kurzen Prozeß gemacht hatte.
Sie waren für ihr Leben gezeichnet und jetzt sogar tot, denn sie lagen in Stein begraben irgendwo in den Labors des Yard.
Die drei hatten Wendy benutzt, um John Sinclair eine Falle zu stellen, weil sie durch ihn erfahren wollten, wer diese Person war, die sie fertiggemacht hatte.
Es war ihnen nicht gelungen. Im Gegenteil. Das Engelgesicht war noch einmal erschienen und hatte sie mit dem blauen Gestein umschlossen.
Wendy stöhnte auf. Sie dachte daran, daß ihr möglicherweise das gleiche widerfahren würde, und es gab für sie keine Chance, sich dagegen zu wehren.
Ihr gegenüber saß eine ältere Frau. »Ist Ihnen nicht gut, junge Lady?«
»Doch, schon…«
»Sie sehen so blaß aus.«
Wendy lächelte. »Ich bin ein wenig müde.«
»Die viele Arbeit, wie?«
»So ist es.«
»Seien Sie froh, junge Lady. Andere haben keine Arbeit.«
»Ja, das denke ich auch.«
Die Frau erhob sich, weil sie an der nächsten Station aussteigen wollte.
Wendy fuhr noch zwei Haltepunkte weiter. Sie und ihre Mutter wohnten nördlich der Themse in einem der Stadtteile, die als reine Wohngebiete galten.
Dort standen die hohen Mietshäuser, die, wo die Sonne etwas gesunken war, Schatten warfen und einen Teil der Straßen verdunkelten. Es war noch ungemein viel los. Das Sommerwetter ließ die
Weitere Kostenlose Bücher