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0548 - Knochen-Cowboy

0548 - Knochen-Cowboy

Titel: 0548 - Knochen-Cowboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stand es aufrecht! Es schlenkerte mit den Armen, drehte sich etwas nach links, um vom Mondschein getroffen zu werden.
    Die Pose wirkte so unnatürlich wie die eines Laien, der vor einem Fotografen steht und auf das Bild gebannt werden sollte.
    Vom Gesicht der Gestalt war nichts mehr übriggeblieben als gelbliches Gebein. Wo einmal die Augen, der Mund und die Nase gesessen hatten, war nichts mehr.
    Wie festgeleimt saß der dunkle Hut auf dem Schädel. Er war etwas nach vorn gedrückt worden, zeigte zur Stirn hin einen leichten Knick und besaß dicht über der Krempe ein etwas hell schimmerndes Band aus Schlangenhaut.
    Der Knöcherne trug ein dunkelblaues Hemd mit langen Ärmeln, darüber eine rosarote Weste, eine enge, dunkelblaue Röhrenhose und Stiefel mit hohen Hacken.
    Wie eben ein echter Cowboy!
    Und wie ein echter Cowboy, so war der Knöcherne auch bewaffnet. Um die Hüften hatte er einen Patronengurt geschlungen, in dessen Halfter und ziemlich tief an der rechten Seite ein schwerer 45er Colt steckte, dessen Griff aus einem Walnußkolben bestand.
    Wie von selbst bewegte sich die Hand des Knöchernen. Die Finger berührten den Kolben, als wollten sie ihn streicheln. Es war erkennbar, wie sehr sich das Skelett auf diese Waffe verließ.
    Noch blieb die Knochenklaue auf dem Kolben liegen. Der aus dem Boden Gekrochene schien sich nicht zu trauen. Er bewegte die rechte Schulter, vollführte eine Art von gymnastischer Übung und zog die Waffe mit einer blitzschnellen Bewegung aus der Halfter hervor, legte an, schoß aber nicht. Statt dessen ließ er den Colt um seinen Zeigefinger rotieren und mit einer glatten Bewegung in der Halfter verschwinden. Die linke Hand näherte sich dem Hut. Er zupfte die Krempe zurecht, hob die Schultern an und setzte sich in Bewegung.
    Dann ging er – steifbeinig wie ein Cowboy oder Revolverheld. Es schien, als müßte er das Laufen erst noch lernen. Er schwankte, zudem senkte sich das Gelände. Seine Hacken wühlten Staub auf, der ihn als kleine Wölkchen begleitete.
    Schon bald waren seine Schritte verklungen. Das Schaben, das Rollen der kleinen Steine, vielleicht auch das Knirschen unter den Sohlen, all das verschluckte die Stille der Nacht.
    Und auch der knöchernde Cowboy war nicht mehr zu sehen. Verstecken aber würde er sich nicht.
    Seine Zeit war da – endlich…
    ***
    »Es ist Schluß, du bekommst nichts mehr«, sagte Link McAssig, der Wirt des einsamen Pubs außerhalb der Ortschaft und an der alten Poststraße gelegen, über die jetzt allerdings Fahrzeuge rollten und keine Kutschen mehr.
    Ein Rülpsen war die Antwort.
    »Geh nach Hause, Charly!«
    Charly, der letzte Zecher, hockte an einem der vier Tische. Vor ihm stand ein fast leerer Krug. Charly stierte aus rotgeäderten Säuferaugen gegen das Glas des Krugs und hob die Schultern. »Warum willst du mich loswerden, Link?«
    »Weil du genug hast.«
    Charly lachte glucksend. »Ich habe noch Geld. Verdien es dir, Link.«
    »Ich kann auch darauf verzichten.« Daß Charly Geld hatte, wußte er genau. Man konnte ihn als einen wohlhabenden Junggesellen bezeichnen. Er wohnte noch bei seinen Eltern, die eigentlich das Geld hatten. Charly war vierzig, sah aber um mindestens zehn Jahre älter aus. Wie angeklatscht lag das graue Haar auf seinem Flaschenkopf.
    »Einen letzten Abkipper…«
    Link stöhnte auf. Es war immer das gleiche. Charly beehrte ihn dreimal in der Woche. Wenn er schon so gut wie abgefüllt war, wollte er noch einen Abkipper nehmen.
    Den bekam er auch stets. »Whisky oder Brandy?«
    »Whisky, aber den guten. Ich merke genau, wenn du mir den billigen andrehen willst.«
    »Ist ja klar.« Link McAssig schenkte ein. Über die Theke hinweg schaute er auf seinen letzten Gast, der in den Taschen herumwühlte und nach Geld suchte.
    Er förderte einen zerknitterten Schein zutage, legte ihn auf den Tisch und begrub ihn unter seiner Handfläche. Erst als der Wirt den Whisky vor ihm hinstellte, gab er den Schein frei. »Du bist wirklich ein wahrer Freund, Link.«
    »Ja, das weiß ich.«
    Charly lachte. »Sei doch nicht so pingelig. Ich habe es ehrlich gemeint.«
    »Ich auch.«
    Der Schluckspecht griff zum Glas, setzte es an die Lippen und kippte das Zeug mit einem geübten Ruck in seine Kehle. Er verdrehte die Augen, leckte über die Lippen und gab wieder ein sattes Rülpsen von sich. »Ahhh, das hat geschmeckt.«
    »Du bekommst noch Wechselgeld zurück, Charly.«
    Mit einer tapsigen Bewegung winkte der Gast ab. »Egal, nimm es als

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