055 - Der Zahn der Hydra
links drehte und daß sie wieder zum Vorschein kamen, wenn er den Knauf in die entgegengesetzte Richtung drehte.
Der Stock gefiel Contax. Er sagte, er würde ihn behalten, und der Feuerkrieger mußte wohl oder übel damit einverstanden sein. Es wäre nicht klug gewesen, Cruvs Waffe für sich zu beanspruchen. In diesem Fall hätte Faccendal wieder Arbeit bekommen.
»Was soll mit dem Gefangenen geschehen?« fragte der Feuerkrieger. »Soll ihm der Henker den Kopf abschlagen?«
»Sperrt ihn zunächst zu Cannitta in den Käfig«, entschied Contax. »Weiteres werde ich später bestimmen.«
Der Feuerkrieger zerrte den Gnom auf die Beine und schleppte ihn an den Hütten vorbei zu einem primitiven Käfig aus brennendem Holz. Ein Feuermädchen befand sich darin.
Cruv wurde zu ihr hineingestoßen, und dann klappte die Gittertür hinter ihm zu. Nun saß er fest.
***
»Tony!«
Mr. Silver griff nach meinen brennenden Schultern. Es kam nicht oft vor, daß der Ex-Dämon ratlos war, aber diesmal war er es. Er schüttelte mich, das Feuerwesen, und ich spürte, wie er mit Hilfe seiner starken Magie versuchte, die Verwandlung rückgängig zu machen, aber es gelang ihm nicht. Hier versagten seine übernatürlichen Kräfte.
War ich als Mensch verloren?
Ich dachte an all das, was ich auf der Welt zurückließ… Viele gute Freunde… Eine große Aufgabe… Zählte das nicht mehr?
Vicky Bonney… Lance Selby, der Hilfe brauchte… Mr. Silvers Sohn… Roxane… Vorbei? Gehörte das alles der Vergangenheit an? War es nicht mehr wichtig für mich?
Der Ex-Dämon war so nervös, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Für gewöhnlich hatte er Nerven wie Stahlseile, aber was heute mit mir geschah, ging selbst diesem robusten Ex-Dämon an die Nieren.
Ich stand in Flammen, aber das Feuer verzehrte mich nicht. Aus meinen Poren schien leicht entflammbares Gas zu strömen.
»Wenn ich nur wüßte, wie ich diesen Brand löschen kann«, sagte Mr. Silver besorgt.
Wollte ich das?
Ich horchte in mich hinein und stellte fest, daß sich nicht nur mein Äußeres verändert hatte. Auch mein Inneres befand sich in einem Umwandlungsprozeß, der mit dem Ausbruch der Flammen aber nicht Schritt halten konnte.
Die innere Veränderung ging etwas langsamer vor sich, und mir wurde bewußt, daß sich vor allem noch die Seele eines Menschen in meiner Brust befand. Alles war noch in der Schwebe.
Ich war noch kein komplettes Feuerwesen, war aber auch kein normaler Mensch mehr. Mir erging es ähnlich wie Roxane, der Hexe aus dem Jenseits. Auch sie war zur Hälfte eine andere: Arma, die dämonische Zauberin.
Mein Fall lag dennoch etwas anders, denn in mir befand sich keine böse Kraft. Ich würde auch als Feuerwesen auf der Seite des Guten stehen.
»Wir müssen zu Yarrambool«, sagte ich.
»Kannst du gehen?« fragte Silver besorgt.
»Ich muß.«
Mr. Silver hob eine Lanze auf, brach den Schaft ab, damit ich eine Stütze hatte, und legte sich meinen Arm um die Schultern. Dann schlugen wir den Weg ein, der zu Yarrambool, der vielleicht schon bald auch mein König sein würde, führte.
***
Cruv setzte sich. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die brennenden Gitterstäbe und betrachtete das gut gewachsene Flammenmädchen.
»Du heißt Cannitta?« fragte er.
Eine Wache stand in der Nähe des Käfigs, aber sie kümmerte sich nicht um den Gnom und das Mädchen.
»Ja«, antwortete Cannitta leise.
»Was hast du getan?«
»Nichts.«
»Weshalb bist du hier? Warum halten dich die Verdammten gefangen? Gehörst du zu Yarrambools Volk?«
»Ich bin Yarrambools Orakelpriesterin. Ich beschwörte für ihn die Götter und half ihm mit meinen Weissagungen, in schwierigen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Contax und seine Horden fielen in meinen Tempel ein. Sie töteten meine Dienerinnen und brachten mich hierher.«
»Was soll weiter mit dir geschehen?« frage Cruv teilnahmsvoll.
»Mir steht ein schreckliches Schicksal bevor. Contax will mich Moorgha, der Satans-Hydra, zum Fraß vorwerfen. Die Schlange ist ein Dämon. Contax will mich opfern, um von Moorgha im Kampf gegen Yarrambool. Unterstützung zu bekommen.«
»Wir werden versuchen zu fliehen«, sagte Cruv.
Cannitta schüttelte den Kopf. »Wir werden bewacht. Wir würden nicht weit kommen. Unsere einzige Chance ist Yarrambool.«
»Rechnest du damit, daß er die Verdammten angreift und uns befreit?«
Die Orakelpriesterin nickte.
»Weiß Yarrambool denn von deinem Schicksal?« fragte der
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